Dienstag, 29. März 2011

Vögel im Wald

Gestern habe ich im Wald die ersten roten Waldameisen gesehen, die behende zwischen dem trockenen Gras herumkletterten. Vögel zu beobachten finde ich im Wald dagegen vergleichsweise schwer. Im Garten kommen sie mir viel näher, im Wald höre ich sie wohl, aber sehe sie kaum.

Heute machte ich nach der Arbeit einen Spaziergang in der Abenddämmerung. Es war schön menschenleer. Trotzdem wich meine Angst vor dem gefährlichsten Raubtier – dem Menschen – nicht ganz.

Am Rand des Moores steht eine einzelne Bank, die habe ich heute mal gewählt. Ich hörte die Gänse und Enten schnattern, die offenbar in den moorigen Tümpeln Futter und vielleicht auch schon Nistplätze suchen.

Ein Graureiher flog vorbei. Und erstmals hörte ich seinen sehr markanten Ruf. Ich hätte es für einen Gänseruf gehalten, wenn ich ihn dabei nicht gesehen hätte.

Ich wurde langsam stiller, konzentrierte mich ganz auf das Gehör und genoß das unsichtbare Vogelkonzert um mich herum. Für einen kurzen Moment hörte mein inneres Geschwätz auf, Stille. :-) Es wäre schön, wenn ich dort noch besser loslassen könnte, aber leider setzten die Gedanken gleich wieder ein. Ich fühle mich noch nicht sicher genug, um wirklich mal eine ganze Stunde an einem Ort zu sitzen, so war es nur etwa ein Viertel davon.

Als ich schon aufstehen wollte, sah ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung eines großen Vogels etwa 50m von mir entfernt. Im Geäst einer Kiefer konnte ich schemenhaft nach seiner Landung dieses große Tier sehen. Nach Größe und Art der Bewegungen zu schließen, hielt ich es für eine Eule, bestimmt 30-40cm groß. So in der Natur sah ich noch nie eine Eule in einem Baum sitzen, das war schon ein sehr besonderes Erlebnis. Ich konnte kurz danach sehen, wie sie ihren Ansitz verließ und etwas später auf einem anderen trockenen Ast landete. Sehr spannend. Gerne wäre ich näher herangegangen, wollte sie aber nicht stören.

So verließ ich denn diesen Ort mit der festen Absicht, bald mal wiederzukommen.

Ich habe nach wie vor eine große Sehnsucht nach mehr Naturkontakt und Verbindung zu den Lebewesen in meiner Nachbarschaft. Mir wurde heute klar, daß mir bisher Gruppen sehr viel Schutz gegeben haben. Da kann ich mich dann etwas abseits begeben und fühle mich trotzdem noch durch die Gruppe geschützt. Ganz alleine in der Natur fühle ich mich noch unsicher. Angst hindert mich daran, stärker mit der Natur zu verschmelzen.

Lampen aus

Normalerweise scheinen Straßenlaternen durch meine Fenster hinein, doch heute: Finsternis. Die komplette Straßenbeleuchtung zumindest in diesem Viertel ist aus. Nachdem sie gestern am hellichten Tag brannte, handelt es sich wohl um ein technisches Problem, nicht um Stromknappheit. Und der Strom in den Häusern funktioniert auch noch - so ist es auch draußen nicht ganz dunkel.

Trotzdem: der Unterschied ist deutlich wahrnehmbar, ganz ungewohnt, die Wege draußen mal nicht voll beleuchtet zu sehen. Dunkelheit ist eigentlich ein Segen. Immer nur Licht erträgt kein Mensch. Es braucht doch den Kontrast. Ich liebe Dunkelheit und vermisse sehr den sternklaren Himmel, den ich allenfalls noch weit außerhalb großer Ortschaften erahnen kann. Warum stellen wir die Straßenbeleuchtung nicht zumindest in den Sommermonaten mal ganz ab? Oder warum schalten wir nicht wenigstens alle Leuchtreklamen ab?

Wäre es nicht wunderbar, wenn wir Menschen uns wieder an einen natürlichen Rhythmus gewöhnen würden? Wenn es dunkel ist, bleibt man halt zu Hause! Das wäre fantastisch (na ja, zumindest solange ich das nicht zu Ende denke...). Dann gäbe es im Winter Arbeitszeiten von wenigen Stunden, im Sommer etwas länger. Insgesamt würde wieder mehr Muße in unser Leben einkehren. Die Umwelt würde weniger verschmutzt, als erstes würde die Lichtverschmutzung zurückgehen, und wir würden insgesamt weniger weitgehend nutzloses Zeug produzieren, was doch nur Ressourcen verschwendet und viel zu schnell auf den wachsenden Müllbergen landet.

Ich bin jetzt gegen Atomenergie und für das sofortige Abschalten aller AKWs weltweit, soweit das sicher möglich ist. Es ist aber nicht möglich, wie ich heute gelernt habe. Ohne AKWs fehlt es an Strom für die Kühlung der Brennelemente, die ja noch lange Zeit nach der Abschaltung fortgesetzt werden muß. Eine schöne technologische Sackgasse, in die wir uns da hineinmanövriert haben.

Zu viel Windenergie belastet die Netzsicherheit, einige rechnen mit baldigen Stromausfällen in Deutschland. Dann ist nicht nur die Straßenbeleuchtung hier vor Ort aus, dann gibt es auch keinen Strom mehr zum Kochen und Heizen. Die komplette Industrie-Produktion wäre lahmgelegt, auch etliche sicherheitsrelevante Bereiche oder z.B. Krankenhäuser. Und tiefgekühlte Lebensmittel würden überall auftauen und verderben. Tiere in den Massenzuchtbetrieben könnten nicht mehr versorgt werden. Ein längerer Stromausfall hätte katastrophale Folgen.

Warum haben wir uns von dieser Technologie derart abhängig gemacht? Jahrmillionen ist die Erde ohne künstlich erzeugte Elektrizität ausgekommen, warum brauchen wir diese, und dann auch noch in solchen Mengen?

Wenn ich etwas ändern will, muß ich bei mir selber anfangen. Ich will in der nächsten Zeit mal über mögliche Stromeinsparungen nachdenken.

Donnerstag, 24. März 2011

Schutzraum beim Tanzen

Heute endlich fand ich den seit Tagen ersehnten sicheren und geschützten Raum – beim Tanzen. Schon kurze Zeit nach der Bewegung zur Musik löste sich der Schmerzknoten und ich konnte weinen. Ich lag dann eine Zeitlang am Rand des Raumes, weinte und war dankbar, daß das einfach so sein durfte. Ich fühlte mich sicher und von der Gruppe akzeptiert, und so konnte ich loslassen und mich innerlich mit Mutter Erde verbinden. Die Musik klang dann so schön, ging so in mich rein, da gab es einen magischen Moment. Das hat gutgetan. Danach ging es mir besser.

Es wäre schön, einen solchen Ort auch in freier Natur zu finden. Aber wenn mir das nicht gelingt und dafür in der wenig anheimelnden Gymnastikhalle bei grellem Neonlicht, ist es mir auch recht.

Erst am Ende des Abends erfuhren wir, worum es heute ging. Wir haben uns tänzerisch unserm Es, Ich und Über-Ich nach dem Modell von Sigmund Freud genähert. Das Es war bei mir ein junger Wolf, ein Welpe noch, der neugierig, aber auch noch sehr vorsichtig die Welt erkunden wollte (und das bei meiner Hunde-Angst, aber genau darum geht es ja bei mir: Angst vor der inneren Natur, der wilden Natur, den unbewußten Trieben). Das Über-Ich stand für Anpassung. Ja, ich suche auch immer noch den Schutz der Anpassung, scheue die Scham des ganz zu mir selbst Stehens.

Und das Ich stand für „Ich bin ich“, für Authentizität. Das kann ich ja schon ganz gut leben, aber es ist auch immer noch Scheu und Scham dabei. Mir scheint, es lösen sich seit einiger Zeit immer weitere Scham-Schichten von mir ab.

Der letzte Tanz war eine Aufstellung reihum: drei Tänzerinnen stellten meine drei Anteile dar und tanzten gemeinsam Wolf/Freiheit, „Ich bin Ich“ und Anpassung. Erst war ich sehr irritiert von ihrer Darstellung, denn jede war weitgehend für sich alleine, da paßte wenig zusammen, doch dann mußte ich lachen. Ja, das war ein guter Spiegel: bei mir gibt es solche Kontraste, da paßt wenig zusammen. Trotzdem konnte jeder Anteil für sich ganz gut klarkommen, alle schienen sich soweit wohlzufühlen. Die Anpassung konnte sich gegen den jungen freiheitliebenden Wolf nicht durchsetzen, der tanzte einfach fröhlich vor sich hin. Ich wünschte, ich wäre immer schon soweit.

Habe ein sehr friedliches schönes Gefühl jetzt. Ich bin froh, daß ich mich zum Tanzen heute aufraffen konnte trotz schlechter Stimmung vorher. Es lohnt fast immer, dem Körper tut es sowieso gut, sich mal zu bewegen, und der Seele hilft es auch.

Dienstag, 22. März 2011

Atomenergie - sofort raus!

Ich kann die Bilder aus Fukushima und das ewige Herumreden um den heißen Brei nicht mehr ertragen! Es ist dort offenkundig zu einer nuklearen Katastrophe und zum Super-Gau gekommen (der größte anzunehmende Unfall beinhaltet, daß keine Strahlung in die Umgebung entweicht - das ist schon weit überschritten, jetzt geht es allenfalls noch darum, ob es ein Super-, Hyper- oder Mega-Gau wird und wie viele Milliarden Lebewesen kurz- und langfristig darunter leiden müssen).

Warum wird das nicht endlich beim Namen genannt? Die Wahrheit wird nur scheibchenweise der Öffentlichkeit präsentiert, das finde ich langsam unerträglich. Es ist sicher gut, daß sich noch um Schadensbegrenzung bemüht wird, aber hoffentlich werden die Menschen nicht sinnlos geopfert, die dort noch in die Strahlenhölle geschickt werden.

Mir tun auch die Tiere und Pflanzen leid, die jetzt dort verstrahlt werden. Können die irgendwas dafür, daß sie jetzt unseretwegen leiden müssen?

Zukünftig wird Fukushima wohl in einem Atemzug mit Hiroshima genannt werden. Es ist ein Verbrechen an der Menschheit und am Leben insgesamt, solch tödliche Technologie einzusetzen – egal, ob im Krieg oder im sogenannten Frieden.

Ich war lange unentschieden, was die sogenannte friedliche Nutzung der Kernenergie angeht. Jetzt bin ich bekehrt. Nie wieder Atomenergie. Sofort raus! Alle AKWs abschalten!

Ich mußte jetzt lernen, daß man AKWs gar nicht wirklich abschalten kann, die strahlen fröhlich weiter und benötigen laufende Betreuung. Ohne Strom und Kühlung gibt es ein nukleares Desaster. Da kommen ja supertolle Zeiten auf Europa zu, wenn hier nach dem möglichen Weltfinanzsystemcrash oder auch natürlichen Einflüssen wie Sonnenstürmen mal großflächig der Strom ausfällt! Man sieht ja jetzt, daß nicht einmal eine Hochtechnologie-Nation wie Japan dieses Problem in den Griff bekommt (da erfrieren und möglicherweise verhungern ja sogar Menschen in den Notunterkünften - wie kann das sein?). Ganz Europa (und große Teile des Rests der Welt) könnten für die nächsten Jahrtausende für Menschen unbewohnbar werden.

In Tschernobyl droht der Sarkophag einzustürzen, das wußte ich bisher auch nicht. Da arbeiten täglich Menschen, um das Monstrum notdürftig zusammenzuflicken, damit es noch ein bißchen hält.

Und selbst „normal“ laufende AKWs produzieren Probleme in Form von strahlendem Müll für Jahrtausende. Welch unglaubliche Arroganz und HYBRIS von uns heutigen Menschen, daß wir glauben, diesen TODMÜLL Hunderten nachfolgender Generationen vererben zu dürfen - nur für unsere dekadente Bequemlichkeit und Gier. Eine Technologie einzusetzen, die sogar im normalen Betrieb (und erst recht im Schadenfall) solche katastrophalen Folgen hat, ist absolut unverantwortlich! Schande über uns!

Ich denke darüber nach, worauf ich verzichten kann, wie ich meine Lebensweise so verändern kann, daß für mich keines dieser Monstren mehr laufen muß.

Sonntag, 20. März 2011

Sitzplatz im Garten

Heute habe ich bei endlich einmal sonnigem und halbwegs mildem Wetter im Garten gearbeitet. Ich habe dabei sehr stark gespürt, daß ich mich gerne unbeobachtet fühlen würde. Das ist leider kaum möglich, da von allen Seiten Einblick durch die Nachbarn besteht. Die Folge ist, daß ich selten völlig unbefangen und natürlich sein kann. Sehr schade.

Nach der Arbeit setzte ich mich noch für eine halbe Stunde unter meinen kleinen Pflaumenbaum, zum zweiten Mal. An diesem Punkt werde ich halbwegs sichtgeschützt sein, sobald die Büsche und Baume wieder im Laub stehen. Jahrelang habe ich darauf hingearbeitet, trotz des beengten Raums im kleinen Reihenhausgarten so eine Ecke zu schaffen. Nachbarn sind genervt von meinen hohen Pflanzen, aber mein Schutzbedürfnis ist sehr groß.

Mir wurde heute sehr deutlich, woran ich da gearbeitet habe. Ich suche nach dem Seelenort, der mir Heilung bringen kann. Wenn ich ihn schon nicht in der freien Natur finde, weil es in Deutschland einfach überall zu dicht besiedelt ist, dann versuche ich eben eine Nische auf meinem eigenen Boden zu schaffen: hier muß ich wenigstens nicht befürchten, daß fremde Menschen oder deren Hunde plötzlich vor mir stehen - obwohl: es sind schon wiederholt Hunde in meinen Garten eingedrungen, worüber ich mich stets furchtbar geärgert habe. Ich empfinde das als schlimme Verletzung meiner Grenzen. Auch unschöne Ansprache über den Gartenzaun zählt zu Grenzverletzungen. Als verletzend empfinde ich auch übertrieben lauten Lärm, vor allem wenn dieser aus sehr aggressiven Emotionen herrührt. Und unangenehme Gerüche, wie Zigarettenabluft, die bis in meine Wohnräume eindringen, zählen auch dazu.

Schwierig also, einen wirklich privaten und als sicher und geschützt empfundenen Raum zu schaffen. Aber ich bin diesem durch meine Anpflanzungen jetzt näher gekommen und vielleicht kann ich hier zumindest sporadisch wirklich zu mir finden.

Mir würde Heilung bringen, wenn ich mich ganz tief mit der Natur verbinden könnte – und zwar nicht nur einmalig, sondern so, daß ich diese Verbindung auch im Alltag leben kann. Es würde ganz viel alten Schmerz lösen, wenn ich mich ganz zugehörig und verbunden fühlen dürfte. Und wenn ich nicht befürchten müßte, daß ich bald darauf wieder fortgehen muß.

Die vielen Umzüge meiner Kindheit waren wohl stärker traumatisch, als mir bisher bewußt war. Wenn es mir irgendwo gutgeht, möchte ich nicht wieder weggehen müssen. Ich möchte endlich Wurzeln schlagen dürfen.

Ich suche einen Ort, an dem ich mich sicher fühle, nicht von Menschen oder deren Haustieren gestört zu werden, an dem mich auch niemand hören kann, wenn ich weine oder schreie oder singe. Ein solcher Ort ist hier in weitem Umkreis ganz gewiß nicht zu finden, aber vielleicht kann ich diesem Traum zumindest nahekommen. Ich brauche dringend einen solchen Kraftort. Ich werde Karten studieren, um nach einem möglichst abgelegenen Flecken zu suchen. Bis auf weiteres sind mein Platz am Wanderpfad im Naturschutzgebiet und mein Platz im Garten ein kleiner Ersatz dafür.

Diese Sitzplatzübung aus meiner Weiterbildung trifft jedenfalls ganz genau das, wonach ich schon seit Jahrzehnten vergeblich suche: einem Naturplatz, an dem ich mich so fallenlassen kann, daß ich dort Heilung meiner tief verletzten Seele finde. Ich bin jetzt genügend motiviert, nach einem solchen Ort zu suchen, und ich bin froh, daß ich Unterstützung dafür bekomme.

Ich konnte heute von meinem Platz aus eine Krähe beobachten, die jetzt schon ein Nest baut. Ich sah sie zweimal mit einem Zweig im Schnabel in einem hohen noch kahlen Laubbaum sitzen. Nach sorgfältiger Beobachtung der Umgebung flog sie schließlich leise in eine hohe Fichte zwei Gärten weiter. Das wäre ja schön, wenn sie da brüten würde. Mir fiel auch auf, daß sehr viele Amseln diesen Baum als geschützten Platz anflogen, wenn es ihnen weiter unten zu unsicher wurde. Neben und über mir waren beständig leise Warnrufe von Amseln und vielleicht auch Meisen zu hören, ich störte sie ganz offensichtlich. Hoffentlich werden sie sich an mich gewöhnen. Einige Amseln sangen schon wunderschöne Abendmelodien. Noch gibt es anscheinend keine Revieraufteilung, denn an meinen Futterplätzen finde ich immer noch viele Amseln, die sich gegenseitig tolerieren.

Vielleicht probiere ich es nochmals mit dem Aufhängen weiterer Nistkästen. Obwohl ich drei bis vier Nistkästen an den bestmöglichen Stellen aufgehängt habe, hatte ich noch nie brütende Vögel dort. Möglicherweise ist es ihnen zu unruhig, weil ich mich doch zu viel im Garten aufhalte. Auch die oft laut ballspielenden Nachbarskinder könnten die Vogelbrut stören. Immerhin gab es im letzten Jahr ein Amselnest in meiner Hecke, vielleicht ja in diesem Jahr wieder.

Ich fühle heute sehr viel alten Schmerz in mir, aber ich habe jetzt eine Idee, wie ich ihn heilen könnte. Ich bin sehr motiviert, nach diesem Ort zu suchen.

Sitzplatz im Wald

Nachtrag von Freitag:

Heute war ich zum zweiten Mal an meinem Sitzplatz im Wald (genauer: am Waldrand, mit Blick auf ein offenes mooriges Gelände), nach einem verkürzten Arbeitstag. Ich nehme jetzt erstmal den zuerst ausgewählten Platz, der vorbeigehenden Spaziergänger zum Trotz.

Es war trocken, und es war sogar ein wenig Sonne zu sehen. Ich war wieder innerlich unruhig, wegen einer nachfolgenden Verabredung, die mich unter Zeitdruck setzte, aber trotzdem konnte ich mich auch ein wenig auf die Natur einlassen. Ich lauschte den Vögeln und versuchte, einzelne Stimmen zu unterscheiden. Ich kenne kaum Vogelstimmen, und zu sehen waren die Vögel nicht, so daß ich nicht weiß, wem ich da zugehört habe. vielleicht kann ich ja im Laufe der Zeit etwas dazulernen.

In der Ferne hörte ich Gänse schnattern, und einmal flog ein Graureiher eine Runde. Dann tauchte ein kleiner Vogel in einem Baum in der Nähe auf, und ich hörte ihm eine Weile zu. Die Natur erschien mir sehr friedlich und schenkte mir auch ein wenig inneren Frieden – sehr willkommen nach etlichen eher depressiven Tagen.

Ich sehne mich nach dem Frühjahr und freue mich schon sehr auf erstes Grün, das hoffentlich bald zu sehen ist. die Knospen der Bäume hier waren noch ganz geschlossen. Es blühen allerdings schon Hasel und Erle. Dort, wo ich saß, waren keine Wildkräuter zu erkennen, nur sehr viel trockenes Gras: eine Grassorte mit sehr breiten Laub. Ich merke gerade, daß ich Grassorten überhaupt nicht voneinander unterscheiden kann, obwohl sie doch sehr unterschiedlich sein können.

Mittwoch, 16. März 2011

Arbeitstag

Heute mußte ich wieder an den Arbeitsplatz. Ich kann es nicht ändern: ich empfinde es als gigantische Zeitverschwendung, 11 Stunden unterwegs zu sein für so eine sinnlose Tätigkeit. Es nutzt der Gesellschaft nichts, was ich da tue, es schadet ihr eher. Meine Tätigkeit dient u.a. dem Ausbau des vollständigen Überwachungsstaats (wir liefern Daten an diverse Behörden) – das ist nun wirklich völlig nutz- und sinnlos.

Aber ich sehe kurzfristig keinen Ausweg und so bleibt mir nur es zu ertragen. Kein Wunder, daß meine depressive Stimmung daraufhin anhält.

An so einem Arbeitstag habe ich morgens und abends je 5-10 Minuten Fußweg zwischen den einzelnen Verkehrsmitteln und in der Mittagspause nochmal so viel Zeit, wie ich mir nehme, meist so 10-15 Minuten für einen kurzen Spaziergang. Das ist nicht gerade viel Bewegung und auch nicht viel frische Luft (sowieso ist es ungesunde Großstadtluft). Heute fuhr ich auf der Rückfahrt kurz in den Wald. Der Wald war sehr still und selbst im Dunkeln einladend und innerlich wärmend (bei 3°C). Trotzdem wurde es mir schnell unheimlich, nicht wegen der Waldbewohner, aber wegen der Menschen, die dort nachts herumschleichen könnten.

Vielleicht probiere ich mal vor der Arbeit dorthin zu fahren, aber vermutlich wird dafür meine innere Unruhe zu groß sein. Ich will den Arbeitstag immer gerne so schnell wie möglich hinter mich bringen, weil danach erst ein bißchen Leben beginnt.

Schwer erklärbar, daß ich in den ersten Wochen des Jahres tatsächlich gut und sogar recht gerne arbeiten konnte. Vielleicht habe ich dabei einen Teil meiner Seele einfach abgeschaltet. Als menschlicher Roboter funktioniere ich phasenweise ganz gut. Aber richtiges Leben ist das nicht. Trotzdem denke ich auch, daß andere Menschen sehr viel trostlosere Arbeitsbedingungen haben, mit denen ich auch nicht tauschen will.

Anläßlich des Atomunglücks in Japan denke ich darüber nach, wie es denn wohl mit der Energieversorgung der Zukunft weitergehen könnte. Da alternative Energien auch massive Probleme aufwerfen, kann ich darin nicht die Lösung sehen. Mir scheint, die Lösung könnte nur in einer radikalen Reduktion unseres Konsumniveaus liegen. Die Industrie voran müßte Energie sparen, also müßten wir wegkommen von Industrienahrung, Industriemedikamenten und Industrieprodukten aller Art. Zurück zu Ackerbau, Viehzucht, Jagen, Sammeln und Handwerk. Und Fortbewegung vielleicht wieder mit Pferdekutschen? Das ist in den dichtbesiedelten westlichen Staaten vermutlich nicht möglich – in armen überbevölkerten Entwicklungsländern auch nicht.

Es ist sehr schwer, von einem Lebensstandard Abstriche zu machen, an den man sich über lange Zeit gewöhnt hat. Es kann nur jeder bei sich selbst anfangen. Falls mir im Verlauf des Jahres nichts besseres einfällt, könnte ich ja zumindest mal meine Arbeitszeit auf 4 Tage pro Woche reduzieren, das würde mir schon eine gewisse seelische Entlastung bringen. Bisher scheue ich den daraus folgenden Konsumverzicht und die Reduktion an vermeintlicher Sicherheit. Aber Geld bietet aktuell ja sowieso keine Sicherheit mehr, solange der Weltfinanzsystemcrash noch aussteht. Mehr Zeit für den Aufbau von Überlebens-Knowhow wäre vielleicht die bessere Wahl.

Auf Dauer komme ich aus meinen wiederkehrenden depressiven Gefühlen vermutlich nur heraus, wenn ich aktiv etwas zur Verbesserung meiner Lage tue (und das annehme, was ich selber nicht ändern kann). Ich will kurzfristig zumindest eine Lösung für den fehlenden Naturkontakt finden. Ich brauche möglichst jeden Tag Berührung mit der Natur. Zumindest werden die Tage ja langsam länger, wenn auch die Temperaturen hier auf Winterniveau verharren.

Montag, 14. März 2011

vergebliche Sitzplatzsuche

Heute bin ich auf der Suche nach einem zu Fuß erreichbaren Sitzplatz in eine andere Himmelsrichtung gelaufen. Vorbei an einer für eine Industrieansiedlung vollständig gerodeten Kleingartenanlage, die im letzten Sommer noch voller Leben war – das war ein schrecklich deprimierender Anblick.

Dann wurde mir bewußt, wie nahe ich an einem Heizkraftwerk wohne mit riesigen in der Landschaft herumstehenden Transformatoren (oder was auch immer das ist) und Hochspannungsmasten. Rundherum ein wenig Natur, eingekesselt zwischen Zäunen. Ich sah und hörte erstaunlich viele Vögel dort. Das könnte ja interessant sein, so ganz in meiner Nähe. Dann fand ich ein sehr kleines Wäldchen, das ich bisher nicht kannte. Es stellte sich als Sackgasse heraus, die an drei Seiten an hohe Zäune grenzte, kein Zugang zu den Straßen.

Als ich gerade in dieser Falle steckte, schoß ein riesiger schwarzer Hund mit vollem Tempo durch das Unterholz auf mich zu. Wie das heutzutage leider so üblich ist, war die Besitzerin zunächst weder zu sehen noch zu hören.

Ich hatte Glück, schaffte es einigermaßen, meine Angst zu kontrollieren, und der Hund sprang mich nicht an, sondern schnüffelte „nur“ an meinen Beinen, setzte sich dann hin und schaute zu Frauchen. Die Körperhaltung wirkte wie „ich habe die Beute gestellt“. Da die Frau immer noch nicht reagierte und ich mich nicht wegzubewegen wagte, rief ich zu ihr 50m durch den Wald, sie möge bitte ihren Hund zurückrufen, und endlich reagierte sie. Unverschämte Menschen gibt es! Früher war es selbstverständlich, daß Hunde angeleint waren, insbesondere große Hunde.

Mir hat dieser Vorfall gezeigt, daß es leider in unmittelbarer Nähe meines Hauses keine Möglichkeit für einen ruhigen Sitzplatz in der Natur gibt. Mit der ständigen Gefahr, von Hunden angefallen zu werden, finde ich keine Stille. Ich werde also meinen eigenen Garten dafür nutzen oder ins Naherholungsgebiet fahren (aber auch da gibt es viele Hunde: überhaupt scheint es heutzutage nur noch Hundebesitzer oder Eltern kleiner Kinder zu Spaziergängen zu ziehen, Menschen „ohne“ sehe ich so gut wie nie). Außerdem denke ich darüber nach, mir einen transportablen Sitz zu besorgen, damit ich nicht so tief am Boden sitzen muß – mit den Hunden auf Augenhöhe.

Auf dem Rückweg nach Hause hielt ich nach weiteren kleinen Naturflecken Ausschau, aber es gab nur trostlose Ausblicke auf Industriegebäude. Zwar gibt es noch einige schöne alten Bäume entlang der Straßen, aber die stehen sehr isoliert. Am Ende meiner Straße wird seit kurzem eine riesige Lagerhalle errichtet. Früher war hier ein sehr interessantes Brachland mit jungen und ganz alten Bäumen und vielen Vögeln. Jetzt ist alles planiert. Andere mögen das für Aufschwung halten, ich nicht. Ich finde es sehr traurig, daß immer mehr Natur zerstört wird. Eine Amsel saß still auf einem der wenigen verbliebenen Bäume. Auf mich wirkte sie sehr verloren.

Ich war sehr deprimiert, als ich nach Hause kam. Es gibt ja nicht mal einen Park in der Nähe. Was machen wohl ältere Menschen ohne Auto hier in der Gegend?

Gut finde ich, daß ich meine unmittelbare Umgebung mal etwas genauer wahrgenommen habe. Ich bewege mich nämlich seit Jahren fast überhaupt nicht mehr zu Fuß, sondern nur mit dem Auto von hier weg. Vielleicht sollte ich das Fahrrad nutzen, um meinen Bewegungsradius etwas zu vergrößern. Aber das Fahrrad ist noch im Winterschlaf.

In der Abenddämmerung setzte ich mich auf die Terrasse, lauschte dem langsam verklingenden Vogelkonzert und beobachtete die Amseln bei der Schlafplatzsuche. Sie lieben anscheinend meine Eiben. Zumindest bei mir gibt es eine winzige Oase für sie. Und für mich, denn hier finde ich zur Ruhe, zumindest manchmal.

Sonntag, 13. März 2011

erste Aussaat im Garten

In den Regentonnen schwimmt noch Eis. Da der Wintereinbruch Anfang Dezember sehr plötzlich und anhaltend kam, hatte ich sie nicht mehr rechtzeitig leeren können. Da sie halb in der Erde eingegraben sind, haben sie den harten Winter anscheinend ohne Leck überstanden. Dafür bin ich dankbar, denn ich würde die großen Behälter nur schwer austauschen können.

Die letzten beiden Tage war keine Gelegenheit für eine Stille-Übung (ich bin ehrlich: ich scheue es etwas...), aber immerhin habe ich jeweils einige Zeit im jetzt endlich sonnigen Garten gearbeitet, soweit es meine langsam zunehmenden Kräfte nach der Erkältung zuließen. Hoffentlich habe ich die Keimung meiner Wildsaaten nicht unterbrochen, ich wühle deshalb ungern die Erde auf und habe nur oberflächlich trockene Äste und Laub entfernt. Ich kann es nicht einfach liegenlassen, weil zuviel Astschnitt dabei ist, der nicht verrottet, und ein wenig möchte ich auch auf meine ästhetischen Bedürfnisse Rücksicht nehmen – ist ja ein Garten und kein Wald hier. Für das Bodenleben wäre jede Vermeidung einer Störung natürlich besser. Mir tut es immer um jede kleine Pflanze leid, die ich aus Versehen mit ausrupfe. Nur die Grasbüschel entferne ich immer großzügig aus den Beeten.

Auch mein Kräuterbeet habe ich vorbereitet und erfreut festgestellt, daß Melisse, Schnittlauch und Majoran bereits frisch austreiben (noch sehr winzig, aber erkennbar), ebenso Löwenzahn und Giersch, die ich einfach wachsen lasse, um sie später auch zu ernten (gegen den Giersch komme ich sowieso nicht an, das ist hoffnungslos). Ich habe dann noch einige alte Tüten Kräuter-Saatgut geleert und breitwürfig verteilt. Alles Lichtkeimer, das macht wenig Arbeit. Allerdings fürchte ich, daß die zahlreichen Vögel in meinem Garten diese leckeren Körner schneller entdecken, als sie keimen können. Man kann halt nicht alles haben. ;-)

Mir ist aufgefallen, wie sehr sich die Vögel zurückziehen, sobald ich im Garten arbeite. Ich bin für sie ein Störenfried. Es ist dann auffallend still. Aber sobald ich ins Haus zurückkehre, sind Minuten später wieder alle da. Ich beobachte sie jetzt noch aufmerksamer als sonst und sehe das als Teil meiner naturkundlichen Übung.

Ich möchte in diesem Jahr gerne mehr mit eigenem Anbau im Garten experimentieren. Vor allem mit eigener Aussaat hatte ich bisher nie viel Erfolg. Vermutlich fehlt es mir an Geduld der regelmäßigen Wässerung und Pflege. Vielleicht liegt es auch daran, daß Vögel und Schnecken schneller sind. Ich habe auch nicht genug Sonne im Garten. Trotzdem sollte es möglich sein, mit etwas mehr Achtsamkeit Pflanzen selber anzuziehen, um dann eine kleine Ernte zu haben. Wer weiß, wie wichtig das noch werden wird?

In Japan werden jetzt schon Lebensmittel und Wasser knapp. Das zeigt doch, wie wichtig eigene Vorsorge ist. Auch bei uns sind Katastrophen und Unterbrechungen der Lieferketten denkbar. Vielleicht bricht ja jetzt das Weltfinanzsystem zusammen. Die Erschütterung auch der Weltwirtschaft wird gewiß sehr groß. Die Katastrophe ist ja auch noch lange nicht vorbei, sondern wird immer noch schlimmer.

Ich habe ein Glas Pflaumenkompott geöffnet, das ich im Jahr 2007 mit ganz wenig Zucker eingekocht hatte. Es war einwandfrei. Konservierte Nahrung hält wirklich jahrelang ohne Probleme. Auch Marmelade aus 2007 und früher ist noch fast unverändert lecker, auch wenn sich die Farben manchmal ändern. Mir fehlt es noch an Ideen, wie ich meine eigenen Konserven weiterverarbeiten kann, z.B. habe ich große Mengen eingekochter Quittenscheiben. Ich müßte mal irgendein Kuchenrezept erfinden, für das ich sie verwenden kann.

Samstag, 12. März 2011

Frühlingserwachen und Katastrophennachrichten

Heute bin ich ganz fröhlich erwacht, die Krankheitssymptome haben etwas nachgelassen, die Sonne scheint, die Natur erwacht aus ihrem Winterschlaf. Endlich blühen auch in meinem Garten die ersten Krokusse, und die ersten Wildbienen suchten gleich nach dem Nektar.

Temperatur 10°C, wohl der bisher wärmste Tag in diesem Jahr. In einigen Beeten habe ich trockenes Laub und Reisig gerecht. Wenn ich es nicht jetzt sofort mache, ist es nicht mehr möglich, ohne die Frühlingsblüher zu stören. In einem Beet störte ich jetzt schon ganz viele junge Sprossen. Hoffentlich schadet ihnen das Entfernen der Laubdecke nicht, denn dort hatte ich Knoblauchrauke und andere Wildkräuter gesät, die ich gerne ernten würde.

Meine Fröhlichkeit wird gedämpft durch die Nachrichten aus Japan. Der Blick in mein Email-Postfach geht nicht am Nachrichten-Portal vorbei, ob ich will oder nicht. Also Kernschmelze, vermutlich. Ein grauenhafter Unfall, eine Katastrophe für die dort lebenden Menschen im weiten Umkreis. Eigentlich müßten es doch so langsam alle Menschen merken: die westliche Zivilisation schafft sich selber ab. Wir zerstören uns selbst. Die Staatsschulden werden explodieren, das Finanzsystem implodieren, die Kernkraftwerke bei fehlender Kühlung kollabieren, die Diktatoren werden verjagt, die Politiker der Scheindemokratien demnächst auch, eigentlich ist alles ganz furchtbar.

Und trotzdem erfreue ich mich an blühenden Krokussen und den zauberhaften Amseln, die mich schon durch den ganzen Winter begleiten. Einige haben ihre Scheu vor mir etwas verloren, so daß ich auch schonmal bis auf einige Meter an sie herangehen darf. Jeden Morgen habe ich sie gefüttert und ihnen frisches Wasser gebracht. Vielleicht danken sie es mir mit Aufzucht, auch wenn die Nistmöglichkeiten bei mir rar sind.

Gut, daß alles nur Illusion sein soll, das Schöne wie das Schreckliche? Das Leben ist lebenswert, und ich bin so dankbar dafür, daß es mir gutgeht!

Freitag, 11. März 2011

Naturkatastrophe

Fast 24 Stunden habe ich nichts von der Naturkatastrophe in Japan mitbekommen. Es hat Vor- und Nachteile, wenn man sich von der technischen Kommunikation mal abkoppelt. Schreckliche Bilder habe ich nun im Fernsehen verfolgt.

Merkwürdig, daß ich heute noch den Frieden der Natur genossen habe, während auf der anderen Seite des Erdballs zerstörerische Naturgewalten tobten. Die Natur schenkt Leben und sie nimmt es auch wieder. Und niemand kann wissen, wann es ihn trifft. Es kann jederzeit sein, mitten im Alltag.

Ich bitte für die Opfer und für die Überlebenden, daß ihre Seelen wieder Frieden finden mögen.

Was hat dieses Ereignis mit mir zu tun? Es ist scheinbar weit weg. Mich stößt es vor allem an, mich mit meinem eigenen Tod zu konfrontieren. Dabei habe ich gerade heute so viel Lebendigkeit gespürt.

Ich bin froh, daß ich viel für eine Krisenvorsorge getan habe. Das Ereignis zeigt: es kann jederzeit zu einer Unterbrechung der Stromversorgung und der öffentlichen Verkehrsmittel sowie zu leergekauften Supermärkten kommen, auch zu plötzlichen Evakuierungen. Auch bei uns gibt es Kernkraftwerke, in denen es zu Unfällen kommen kann, auch wenn wir nicht in einem stark erdbebengefährdeten Gebiet leben.

Menschen in Japan sitzen jetzt in ihren überfluteten Häusern fest – oder mitten in den Großstädten bei kalten Temperaturen. Gut, wer da ein wenig vorgesorgt hat, Lebensmittel- und Wasservorräte hat und auch im Zivilisationsalltag einige Hilfsmittel bei sich führt: z.B. immer warme Kleidung im Winter! Man darf sich nicht auf geheizte Verkehrsmittel verlassen. Ein kleines Taschenmesser und ein Feuerzeug kann man auch immer bei sich führen. Vielleicht auch eine kleine Flasche Wasser.

Ich habe mich auch schonmal mit dem Szenario befaßt, evt. zu Fuß von meinem Arbeitsplatz nach Hause laufen zu müssen – 25km.

Ich bin dankbar, daß ich hier in Europa bisher von großen Katastrophen verschont geblieben bin.

Noch ein persönliches Detail wurde mir heute abend bewußt: möglicherweise habe ich eine Frühblüherallergie. Die Symptome an den Augen sind jedenfalls schwer zu ertragen und könnten dafür sprechen. Schrecklich fände ich auch, wenn mir der Aufenthalt draußen dadurch jetzt verleidet würde. Ich warte erstmal ab, die Erkältungsmedikamente habe ich teilweise abgesetzt. Heute war ich ja wieder viel draußen. Was blüht denn derzeit? Hasel vermutlich und Weiden, Birke noch nicht, glaube ich.

Ja, die Natur ist nicht nur nett. Trotzdem danke, Mutter Erde! :-)

Sitzplatz im Wald

Ich habe furchtbar geschwollene brennende Augen. Vermutlich ist es eine allergische Reaktion auf die ätherischen Öle der Erkältungsmittel. Auch vom Rauch des Feuers hatte ich immer am nächsten Morgen geschwollene Augenlider. Unangenehm, wenn man reine Natur nicht mehr verträgt!

Aber das schreckt mich nicht ab. Heute habe ich versucht, einen Sitzplatz im Wald zu finden. Ich hatte schon einen bestimmten Platz im Visier, den ich früher schonmal aufgesucht hatte und den ich notfalls auch im Dunkeln finden kann. Dort lehnte ich an einer Birke mit Blick in die untergehende Sonne und über das Moor.

Ein wunderschöner Ort. Ich habe sehr viele unterschiedliche Vogelstimmen gehört, gerne würde ich sie unterscheiden können. Gesehen habe ich die Vögel nicht, bis auf 4 Gänse, die schnatternd Kreise flogen, vielleicht auf der Suche nach einem Schlafplatz.

Meine Gedanken kreisten fast die ganze Zeit um die Frage, ob Spaziergänger „komisch“ auf mich reagieren könnten und ob ich von einem freilaufenden Hund angefallen werden könnte. Der markierte Wanderweg lag nur 8-10 m neben meinem Platz, so daß die vorbeigehenden Menschen mich kaum übersehen konnten. In diesem beliebten Naherholungsgebiet ist immer was los, selbst an einem kühlen Märztag.

Ich finde es zwar eine interessante Herausforderung, mit diesen „Störungen“ umgehen zu lernen, aber für den Anfang lenkt es mich vielleicht doch zu sehr von mir ab. Ich kann so nicht richtig loslassen und zur Ruhe kommen, zumal ich die Menschen auch teilweise im Rücken hatte. Ich werde vielleicht nochmal nach einem anderen Platz suchen, von dem aus ich den Weg im Blick habe, dann fühle ich mich bestimmt sicherer.

Ich hielt nur eine halbe Stunde aus, dann wurde ich zu unruhig und mir wurde auch kalt. Eine ganze Stunde Sitzen finde ich schon sehr anspruchsvoll, da muß ich mich langsam herantasten.

Danach testete ich noch zwei alte Kiefern als Kletterbaum, was mir mißlang. Ich spürte aber die Energie der Äste und Stämme und die wilde Freude, die es auslösen würde, mal wieder oben in einem Baum zu sitzen. Das werde ich üben.

Donnerstag, 10. März 2011

kleines Wald-Abenteuer

Nach meinem emotionalen Ausbruch vorhin ging es mir tatsächlich etwas besser. Es geht ja leider nur so, wenn man alte Wunden heilen will: erst müssen die Trostpflaster abgerissen und der alte Schorf abgekratzt werden, dann liegt die Wunde erstmal offen – und das ist die Hölle. Erst danach kann man sehen, ob die Wunde von innen neu und diesmal anders zuheilen kann.

Ich habe mich trotz Erkältung zu einem Spaziergang entschlossen. Es fiel mir schwer, mich dazu zu überwinden, zumal das naßkalte Schmuddelwetter nicht gerade einladend ist.

Es ist nicht notwendig, ans Ende der Welt zu reisen, um Abenteuer zu erleben. Ich hatte heute mein kleines Waldabenteuer direkt hier um die Ecke. Eine Viertelstunde Fußweg bis zum Erreichen eines Feldwegs, das geht ja so. Meine müden Füße wollten da am liebsten schon umkehren, aber für die Seele wurde es nun ja erst interessant.

Als erstes sprang mich eine knorrige Eiche an mit einigen niedrigen gut erkletterbaren Ästen. Verdammt, ich bin noch nicht zu alt dafür: also bin ich draufgeklettert und habe die vorbeigehenden Spaziergänger ignoriert. Als nächstes hielt ich Ausschau nach Zündmaterial zum Feuermachen. Trockenes Gras / Stroh war leicht zu finden, aber keinerlei flauschige Samenstände. Na ja, habe ich halt den Beutel mit Stroh gefüllt und Birkenrinde von herumliegenden Ästen. Die vorbeilaufende Familie guckte irritiert, und ich war etwas verlegen. Ungewohnt, sich von der Stadtfrau in eine Waldfrau zurückzuverwandeln.

Ein Falke überflog das Feld.

Dann, als ich gerade eine einladende Bank erreichte, gab es einen kräftigen Regenschauer. Einen kleinen Schirm hatte ich dabei, als Tribut an die Zivilisation, also nicht so schlimm. Ich erwog kurz umzukehren, aber nun begann ja erst der interessanter aussehende Wald, also weiter. Von herumliegendem Totholz sammelte ich noch morsches Holz für meine Feuer-Experimente, dann fand ich eine sehr schöne hohle Eiche – ich fühlte mich in meine Kindheit zurückversetzt. Es braucht so wenig, um wieder in Kontakt zur Natur zu gelangen.

Ich wollte mich nicht verlaufen und ging deshalb immer geradeaus parallel zur Bundesstraße, zu der ich später wieder zurück mußte. Und dann verlief ich mich doch! Der Weg endete mitten im Wald in einem morastigen Gebiet. Dahinter ein nicht überquerbarer Wassergraben und ein eingezäuntes Firmengelände, das ich örtlich nicht zuordnen konnte. Wo bin ich? Man sollte vielleicht doch nicht ohne Karte in unbekanntes Gelände gehen. ;-) Obwohl es meine unmittelbare Nachbarschaft ist, war ich tatsächlich noch nie zuvor dort.

Eigentlich ist die Orientierung nach den Himmelsrichtungen und dem Geräusch der Straße dort ganz leicht. Also versuchte ich quer durch den Wald zu gehen. Ein Reh sprang in der Ferne durchs Unterholz. Ich wollte ihm gerne folgen, denn wo es durchkommt, komme ich wohl auch durch. Aber dann wurde es immer sumpfiger. Eine kurze Strecke lief ich noch über die Schilfbüschel, aber dann entschied ich doch, daß ich heute keine nassen Füße riskieren will. So kehrte ich um, zurück zu dem Weg.

Nun machte ich mir langsam Gedanken, wie lange ich wohl für den Nachhauseweg brauchen würde. Zu Essen hatte ich nichts dabei, aber zu Trinken. Das finde ich auch wichtig. Im Wald hätte ich aktuell nur Vogelmiere gefunden, die ich sicher identifizieren kann, und diese ist auch noch sehr klein. Hier ist noch richtig Winter, das Eis auf den Wasserflächen ist noch nicht ganz abgetaut.

Ich nahm eine andere Abzweigung, die endlich in bewohntes Gebiet zurückführte. Große Erleichterung, als ich Autos sah (das ist selten, daß ich mich über Autos freue!). Ich erkannte die Straße, da bin ich schon mit dem Fahrrad durchgefahren, und trotzdem war ich mir der Himmelsrichtung auf einmal wieder unsicher. Habe ich also doch noch den Kompaß zu Rate gezogen. Ok, die Richtung stimmte grob. Also Rückmarsch nach Hause, an einem Gewerbegebiet vorbei.

Ich war zwei Stunden unterwegs (es kam mir sehr viel länger vor und ich hatte zuletzt sehr müde Beine) und habe mehr erlebt, als sonst in einer ganzen Arbeitswoche! Erschütternd einerseits. Andererseits auch anregend: wenn ich mit verhältnismäßig so wenig Aufwand so viel Erlebnis haben kann, warum um Himmels willen mache ich das nicht öfters???

Ich habe ganz besonders den Wind auf der Haut genossen und die frische Kälte der Luft. Im Büro ist immer so abgestandene warme Luft ohne jede Bewegung, völlig steril, klinisch, tot! Wie soll ich je diesen Spagat schaffen? Aber erstmal bin ich ja krank und darf mich um meine Genesung bemühen.

Ein wunderbarer Waldspaziergang war das. :-)

SCHMERZ

Ich bin in einer furchtbaren Verfassung heute morgen. Voller Schmerz, nahezu unerträglich. Zunächst die Erkältung, deren Symptome immer noch stärker werden. Dann aber auch der seelische Schmerz. Ich leide so sehr unter dem entfremdeten Leben, das ich führe.

Ich hätte gerne zwei Jahrhunderte früher gelebt, vielleicht war es damals besser.

Es gab 3 Jahre in meiner Kindheit, in denen ich jederzeit raus in den Wald gehen konnte, um auf Bäume zu klettern, Beeren zu sammeln, den Wind zu spüren, im wilden Flußarm zu baden. Danach zogen wir um in ein mehr städtisches Umfeld. Ich habe den Wald so sehr vermißt. Den Schmerz spüre ich ja noch heute...

Dabei habe ich hier einen relativ naturnahen Wald vor der Tür – nur wenige Kilometer entfernt. Ich habe ihn jahrelang vollständig gemieden, aus falsch verstandener Rücksichtnahme auf mein privates Umfeld. Vor zwei Jahren entdeckte ich ihn neu, voller Glück, mit dem Fahrrad, das ich auch erstmals seit einem Jahrzehnt aus dem Schuppen holte. In dem Jahr war ich auch körperlich sehr aktiv, machte regelmäßig Yoga und im Sommer meine „große Wanderung“ im Norden.

Im letzten Jahr war ich dann wieder sehr wenig im Wald und kaum auf dem Fahrrad, weil da die Krisenvorsorge als Thema für mich anstand und ich nächtelang im Internet und beim Stapeln von Vorräten in meinem Keller verbrachte. Die im Jahr zuvor abgebauten Gewichtskilos waren schnell wieder drauf und die wiedergewonnene körperliche Fitneß verschwand auch wieder.

Es fehlt einfach die Zeit für alles, was mir wichtig ist. Ich kann neben dem Job nur ein oder zwei Schwerpunktthemen setzen, für die ich Zeit aufwende. Der Haushalt kommt dabei immer zu kurz. Für Reparaturen fehlt auch die Zeit, alles verkommt nach und nach. Dabei greife ich eigentlich gerne mal selber zum Pinsel.

Vielleicht war die Aufteilung früher doch nicht so schlecht: der Mann ging arbeiten und die Frau kümmerte sich um Haus und Kinder. So war wenigstens für alles gesorgt. Heute ist für nichts gut gesorgt, alle verausgaben sich mit Doppel-, Dreifach- und Vierfach-Belastungen.

Ich weiß schon, warum ich so viel Angst hatte vor diesem Seminar. Es konfrontiert mich mit meinem Schmerz, und das ist die HÖLLE.

Eben beim etwas lustlosen Frühstück ohne Appetit dachte ich, daß Essen für mich vielleicht als Betäubungsmittel wirkt – als Betäubungsmittel gegen den Schmerz. Es macht oberflächlich zufrieden, satt und träge. Aber es befriedigt den seelischen Hunger nicht, es ist ein Selbstbetrug.

Ich habe es daran gemerkt, daß ich während des Seminars kaum Hunger hatte. Ständig gab es wirklich köstliches vegetarisches Essen, aber ich hätte gar nicht so viel gebraucht. Mir hat das Draußensein, die spannenden Aufgaben und Erfahrungen so viel Freude gemacht, da brauchte es das Essen gar nicht. Ich habe trotzdem viel gegessen (aber auch nicht mehr als die anderen, ich esse gar nicht so viel und nehme trotzdem ständig zu), weil es einfach so lecker schmeckte und ich sonst nicht so köstliches Essen bekomme, das wollte ich mir nicht entgehen lassen. Aber gebraucht hätte ich höchstens die Hälfte von dem, was ich da bekam.

Das Schreiben erleichtert mich etwas, merke ich gerade. Mir bleibt wohl nichts übrig, als den brennenden Schmerz zu akzeptieren. Ich sehe ja immerhin eine Perspektive, wie ich da rauskommen könnte, der Handlungsimpuls ist da. Mehr Bewegung, mehr Naturkontakt, weniger Essen. Aber ich sehe leider immer noch keine Lösung für mein Hauptproblem: ich habe viel, viel, viel zu wenig Zeit für das Wesentliche!!!!!! Und ich verschwende viel, viel, viel zu viel Zeit für absolut Unwesentliches, für Schrott, Müll, Mist (nämlich meinen Job, der nur zum Geldverdienen gut ist, für sonst fast nichts)!!!!!!

Kann ich JA sagen zu dem Schmerz, der mich fast zerreißt?

Schmerz ist immerhin besser als gar keine Gefühle, als Gefühlskälte.

Ich probiere es mal. JA, ich fühle mich beschissen! JA, es tut scheißweh! JAJAJAJAJAJAJAJAJAJAJAJAJAJAJAJAJAJAJAJAJAJAJAJAJAJAJAJAJA!!!!!!!

Jetzt mußte ich doch glatt ein wenig schmunzeln. ;-) Vielleicht ist es ja nur das NEIN, das wehtut, weil es Reibung verursacht? Vielleicht wird der Schmerz erträglich, wenn ich JA sage.

Mittwoch, 9. März 2011

Nature Deficit Disorder

Meine Bronchitis hat erstmal gewonnen, ich mußte mich krankschreiben lassen. Die Symptome waren mir zu stark, um mich damit noch ins Büro zu quälen. Gestern war ich Arbeiten, habe aber nicht viel geschafft, weil ich mich schlapp fühlte und abends gar etwas fiebrig. Es stehen gerade keine wichtigen Termine an, mein letzter Auftrag ist erfolgreich abgeschlossen, der nächste hat aktuell keinen hohen Zeitdruck. So kann ich es mir erlauben, meine Krankheit hoffentlich auszukurieren. Und gleichzeitig bekomme ich so vom Schicksal noch etwas Verarbeitungszeit.

Ich hatte gerade eine Einsicht: ich leide an „Nature Deficit Disorder“. Hört sich wie eine neue Modekrankheit an... ich habe den Begriff erstmals vernommen. Also, ich muß das eigentlich gar nicht etikettieren, mir ist einfach eben klargeworden, daß ich massiv an mangelndem Naturkontakt leide. Das macht mich krank! Und deshalb genese ich von meiner Erkältung auch am besten, wenn ich jetzt meine wenigen „freien“ Tage nicht nur zum Ruhen, sondern vor allem für Aufenthalt draußen nutze. Eine bessere Medizin kann es für mich gerade gar nicht geben.

Der Aufenthalt in geschlossenen Räumen ist extrem ungesund und belastend. Er entfremdet uns von unserer natürlichen Herkunft. Körperlich sind wir Säugetiere, die einen engen Kontakt zur Natur (und zu Artgenossen) brauchen. Ich war im Winter praktisch überhaupt nicht draußen, abgesehen vom Arbeitsweg und ganz kurzen Wegen in der Mittagspause. Nicht einmal Einkäufe habe ich gemacht, weil ich wochenlang von meinen Vorräten zehren konnte. Entsprechend groß ist jetzt mein Natur-Defizit.

In den letzten Jahren habe ich auch viel zu viel Zeit im Keller vor dem PC verbracht. Das will ich unbedingt ändern. Vielleicht kaufe ich mir endlich mal einen Laptop, den ich auch im Wohnzimmer oder draußen zum Tagebuchschreiben nutzen kann.

Ich will mal sehen, ob ich schon heute nachmittag einen Spaziergang im Wald machen kann, um einen Sitzplatz zu suchen. Ich muß mich jetzt bremsen, um mich wirklich auf meine Genesung zu konzentrieren, anstatt viel Zeit auf die mich absolut anspringende Hausarbeit zu verwenden. Ganz ohne geht es leider auch nicht. Das war schon immer so: Krankheits- und Urlaubstage muß ich unter anderem auch für Hausarbeit verwenden, für die mir sonst die Zeit fehlt. Nicht sehr gesund, aber derzeit nicht zu ändern.

Ich bin ganz erleichtert über meine Einsicht. So, wie ich vor einigen Jahren mein Kontaktdefizitsyndrom schrittweise geheilt habe, muß ich jetzt mein Naturdefizitsyndrom heilen. Ich muß einen Weg der Integration in meinen Alltag finden. Beruflich wird es auch eine Veränderung geben müssen, aber vielleicht muß diese ja doch nicht so umwälzend sein, wie ich befürchtet habe.

erste Antwort

Eine vorläufige Antwort auf meine Frage habe ich schon gefunden. Ja, ich gehöre auf diese Welt, ich bin hier richtig. Meine Aufgabe ist, das Leben meiner Ahnen weiterzuleben, da weiterzugehen, wo diese aufgehört haben. Ich habe Wurzeln in zwei verschiedenen Ländern, und meine Aufgabe ist, diese zu verbinden. Ich bin gewollt, so wie ich bin. Ich bin verbunden mit der Natur um mich herum und mit meinen Vorfahren und den Menschen, die vor mir hier gelebt haben, wo ich jetzt lebe.

Der Wald ist schön. :-)

Unsere natürliche Umgebung ist uns wohlgesonnen, sie schützt uns, schenkt uns Geborgenheit.

Überraschenderweise glaube ich jetzt eher, daß ich mich beruflich nicht so stark verändern soll, daß es schon irgendeinen Sinn hat, daß ich in dem Beruf bin, in dem ich nunmal bin. Vielleicht kann ich das Erlernte ja auf anderem Weg weitergeben.

Angst vor Veränderung

Vor dem Seminar stand viel Angst. Ich kenne es so, daß ich vor einem Ereignis viel Angst habe und daß diese dann vergeht, sobald es losgeht. Diesmal war es anders. Die Angst hielt lange an. Es war Angst vor der mir möglicherweise bevorstehenden Veränderung.

Diese Weiterbildung wird etwas mit mir machen. Ich komme da nicht unverändert heraus. Ich hatte am ersten Abend noch einen starken inneren Zwiespalt, ob ich überhaupt die richtige Entscheidung getroffen habe mit meiner Teilnahme. Ich konnte es offen aussprechen, das war gut und damit hatte ich nicht unbedingt gerechnet.

Die Angst verschwand dann nach und nach, während ich durch die Übungen näher in die Gruppe hineinwuchs und gleichzeitig Sicherheit gewann, daß dies für mich genau das richtige ist – wofür auch immer ich das später mal verwenden werde.

Die Traurigkeit verschwand erst ganz zum Schluß. Bei der Sitzübung im Wald spürte ich Verbindung zur Natur und zu meinen Ahnen. Allerdings war es noch nicht so richtig rund, denn ich weiß immer noch nicht so recht, ob hier nun genau mein Platz im Leben ist – oder doch woanders? Aber ich ahne schon, daß sich weitere Schleier lüften werden. Wenn ich auf meinen Natur-Lebensweg zurückblicke, fühle ich mich eindeutig geführt. Da ist eine höhere Macht am Werke, die mich sanft führt und lenkt. Ich sammele über Jahre einzelne Puzzle-Teile, die sich vielleicht bald zusammenfügen werden.

Es war ein ganz toller Start in meine Weiterbildung.

Dienstag, 8. März 2011

Übergangstag zum Alltag

Heute hatte ich einen Übergangstag zum Alltag. Vor einem halben Jahr fiel ich nach einem Wildniswochenende in ein tiefes Loch, weil der Kontrast zum Alltag zu stark war. Ich glaube, es wird mir diesmal besser gelingen, zumindest war das Ankommen zu Hause diesmal harmonischer, wenn auch nicht ganz konfliktfrei.

Ich hätte gerne noch ein paar Tage Zeit, das Erlebte zu verarbeiten, bevor es um die Integration in den Alltag geht. Ich fühle mich auch wieder einmal etwas krank und erschöpft. Vielleicht bricht die Erkältung diesmal tatsächlich durch, aber solange die Symptome relativ schwach sind, will ich durchhalten. Es ist gut, auch mal über die eigenen Grenzen hinauszugehen, um sie zu erweitern.

Gruppensituation

Zum Abschluß-Ritual durfte ich ein Lied beisteuern. Es fiel mir leicht, dies zunächst allein vor der Gruppe und dann mit allen zusammen zu singen. Es war nur schwierig, tiefer in meine Gefühle hineinzugehen bei diesem für mich sehr emotionalen Lied. Ich habe deshalb einfach die Augen geschlossen, um gut bei mir zu sein. Es gab mir eine gute Energie und der Gruppe anscheinend auch. Wir sind überhaupt nach dem ersten Wochenende schon ganz gut zusammengewachsen. Das ist vor allem der kompetenten Leitung und den Teamentwicklungsaufgaben gedankt, die uns zusammengeführt haben.

Ich hatte vorher unter anderem auch vor der Gruppensituation Angst. Nun bin ich froh, daß ich mich auch dort authentisch zeigen kann ohne unangenehm anzuecken – im Gegenteil, es kam anscheinend gut an, daß ich recht offen meine Gefühle zeigte. Ich habe nette Menschen kennengelernt und freue mich auf die weitere Entwicklung. Vor allem freue ich mich auf die gegenseitige Wegbegleitung, denn zu unserer Hausaufgabe gehört auch ein regelmäßiger Austausch mit anderen Teilnehmern.

Glück des Neubeginns

Am Ende meiner Waldmeditation, als die Tränen ausgeweint waren, brach die Morgensonne durch das Fichtengehölz durch und schien neben mir auf den moosbedeckten Boden. Das Licht des neuen Tages war natürlich ein wunderbares Symbol für meinen Neubeginn. Es störte da auch nicht weiter, daß das Sonnenlicht einige Zeit darauf wieder schwächer wurde. Vielleicht wird es nicht ganz so leicht weiterzugehen, vielleicht gehe ich nicht immer im Licht, sondern auch im Dunkel. Das schadet mir nicht, beide Seiten gehören zum Leben.

Ich spürte zum Schluß eine innere Öffnung und Weitung, mir war so sehr leicht ums Herz. Das Leben erschien mir ganz einfach, sehr lebenswert, sehr leicht. Ein seltener, sehr kostbarer Moment. Ich war glücklich. Nicht dieses euphorische laute Glück, sondern mehr still, inwendig.

Montag, 7. März 2011

meinen Platz suchen

Ich habe mich immer zerrissen gefühlt, wußte nicht, wo ich hingehöre. Ich glaubte, ich müsse mich für einen Teil meiner Herkunft entscheiden. Das stimmt ja gar nicht. Ich habe zwei Herkunftslinien und meine Aufgabe ist, eine Verbindung zwischen diesen zu schaffen.

Selbst wenn ich den Gedanken früher gehabt hätte – es hätte nichts genutzt, denn es muß gefühlt und im tiefsten Innern als wahr erkannt werden. Da bin ich noch nicht ganz, aber ich bin jetzt auf dem Weg.

Wir haben eine Hausaufgabe für die Zeit bis zum nächsten Seminarblock bekommen. Mindestens einmal die Woche (möglichst aber mehrmals) soll ich für eine Stunde in der Natur sitzen – an einem Platz, den ich zu meinem Platz mache und zu dem ich immer wieder zurückkehre.

Das finde ich total gut. Der sanfte Druck durch die Gruppe und die Leitung ist genau das, was ich noch brauchte – denn nach einem eigenen Kraftplatz sehnte ich mich schon lange. Endlich habe ich begriffen, daß es dafür gar keines „besonderen“ Orts bedarf. Es muß dort keinen Steinkreis oder Hügelgräber oder spektakuläre Landschaft geben.

Es kann überall sein! Jeden Platz kann ich zu meinem machen, wenn ich mich wirklich tief darauf einlasse!

Ein bißchen ansprechend für mich sollte der Ort schon sein, aber das finde ich hier in der Umgebung auch. Dann sollte der Ort für mich gut erreichbar sein, weil ich so wenig Zeit habe. Und trotzdem möglichst etwas abgeschieden, um nicht permanent durch andere Menschen oder deren Hunde gestört zu werden. Ich habe schon eine Idee, wo ich danach suchen werde.

Hier, wo ich jetzt lebe, kann ich meine neue eigene Heimat finden. Ich muß mich dafür nur mit der Natur hier verbinden. So einfach ist es. Vielleicht muß ich auch die innere Verbindung zu den Menschen suchen, die früher hier in dieser Region gelebt haben. Dazu hatte ich bisher wenig Lust. Heimatkunde an meinem derzeitigen Wohnort hat mich nicht interessiert. Vielleicht ändert sich das ja mal.

Aber ich beginne mit dem, was für mich naheliegender ist: die Verbindung zur Natur hier zu suchen, die ich durch meinen Garten sowieso auch schon habe. Aber darüber hinaus noch einen eigenen Platz im Wald zu entdecken, wird bestimmt sehr schön. Es geht darum, die Natur mit den Augen eines Einheimischen zu sehen. Ich bin in Mitteleuropa heimisch, ich gehöre hierher. Zumindest der Wald verbindet die Orte meiner Kindheit. Es gibt hier Bereiche im Wald, die mich an meine Kindheit erinnern. Dort werde ich meinen Platz suchen.

Rückbindung

Ich bin zurück von meinem ersten Wildnisseminar. Es war sehr intensiv. Sehr viel aufgestaute Traurigkeit war in mir, die sich dann mehrfach in vielen Tränen gelöst hat. Das stärkste Erlebnis war eine Meditationsübung im Wald. Nur eine Dreiviertelstunde, aber so bewegend. Ich habe mich auf die Erde gelegt, den noch kalten Waldboden unter mir gespürt und geweint.

So ein Erlebnis hatte ich vor 14 Jahren schonmal an einem noch einsameren Ort in der Wildnis. Danach führte mein Weg in eine ganz andere Richtung. Jetzt bin ich an den Ausgangspunkt zurückgekehrt.

Ich suchte nach meinen Wurzeln. Woher stamme ich? Habe ich ein Recht, auf der Erde zu leben? Wo gehöre ich hin, gehöre ich überhaupt irgendwo hin? Wozu bin ich hier? Was ist meine Aufgabe im Leben?

Eine andere Teilnehmerin sprach es aus, das nehme ich jetzt erst richtig wahr: ich habe Wurzeln in zwei verschiedenen Ländern. Die Wurzeln im Norden habe ich vor zwei Jahren wiedergefunden. Jetzt geht es um die Wurzeln in Deutschland. Und es geht um eine Synthese aus beiden.

Ich habe in den letzten Jahren schon einige meiner Kindheitsorte aufgesucht – weit verstreut liegen diese. Ich habe dabei Teile meiner Seele wiedergefunden. Vielleicht fehlt noch ein Baustein aus der Familienreihe meiner Mutter. Aber da habe ich in diesem Jahr noch ein größeres Familientreffen, das mir diesen Baustein vielleicht erkennen lassen wird.

Und dann geht es um die Synthese, um MEINEN Weg in der Ahnenreihe meiner Eltern und Vorfahren.

Ich bin sehr bewegt.

Freitag, 4. März 2011

Tanzübung zu Scham

Das war schön heute beim Tanzen. Wir hatten eine sehr intime Atmosphäre, weil wir heute nur ein kleiner Teilnehmerkreis waren, der sich zudem schon länger kennt. Bei mir ging es heute viel um Scham. Ich hatte das Bedürfnis, mich mit einem Tuch zu verhüllen und habe einen großen Teil des Abends mit dem Tuch gespielt und damit, mich zuerst zu verstecken und dann zu zeigen.

Das war kein bloßes Spiel, sondern sehr authentisch meine heutige Gefühlslage. Zum Ende durfte ich noch in einer Abschlußübung mein heutiges Thema tanzen – mit einer Partnerin, die die Aufgabe hatte, mich zu wertschätzen.

Schwierige Aufgabe für sie, aber sie hat das ganz toll gemacht. Mir zunächst nur Präsenz geschenkt, aber keine große Nähe, sie hat mich auch nicht angesehen – das wäre ja auch schon zuviel gewesen, da ich mich gerade stark schämte. Sie war offen für mich, hielt aber ausreichend Abstand. Das war ideal. Ich konnte ganz langsam Vertrauen zu ihr gewinnen und nach und nach das verhüllende Tuch ablegen.

Und dann spürte ich selber den Wunsch, Kontakt aufzunehmen und zeigte das mit Blicken und kleinen Gesten. Sie ging auch hier sehr behutsam auf mich zu, bis sie mich schließlich von hinten vorsichtig in den Arm nahm. Zunächst fühlte ich mich noch steif und abwehrend, aber dann vertraute ich ihrer Wertschätzung, konnte diese annehmen, und das löste dann von ganz tief innen ein erlösendes Weinen bei mir. Ich mochte die Nähe dann gerne und wäre vielleicht noch weitergegangen, als die Musik zu Ende war.

Mir hat der heutige Abend sehr gutgetan. Ich fühle mich jetzt ganz weich und verletzlich. Ich fühle mich ganz zart geliebt. Es ist wie eine hauchzarte Glut, noch kein Feuer. Die Glut will noch geschützt und genährt werden.

Es war für mich auch sehr lehrreich. Wenn ich mit einem Dämon zu tun habe, dem es an Selbstwertschätzung fehlt, dann hatte ich bisher keine wirklich gute Idee, wie ich ihm helfen kann. Heute wurde es mir gezeigt. Ich muß mich sehr, sehr vorsichtig, wie beiläufig, annähern. Nicht anstrahlen, das kann jemand, der sich schämt, gar nicht annehmen. Ich darf dann nur so viel geben, wie der Dämon auch annehmen kann.

Ich könnte den Dämon auch als Inneres Kind bezeichnen. Es handelt sich so oder so um einen inneren Anteil von mir. Heute paßt der Ausdruck Inneres Kind besser. Denn wir haben uns gerade ein ganz klein wenig miteinander angefreundet. :-)

Donnerstag, 3. März 2011

Angst und Scham

Ich habe Angst. Heute schon baut sich die Angst auf, wie gewohnt vor einem neuen Schritt. Übermorgen startet meine Weiterbildung. Mir fällt das Packen schwer. Wie immer werde ich wohl das meiste Gepäck von allen dabeihaben. Ich kann mich nie beschränken, sondern habe Sorge, ich könnte etwas wichtiges vergessen. Und da ich Platz im Auto habe, kann ich ja alles reinladen.

Ich habe auch Angst, daß ich nicht mithalten kann. Daß ich körperlich nicht mithalten kann, nicht fit genug bin.

Ich habe auch Angst, daß meine Kleidung oder Ausrüstung nicht gut genug sein wird. Dieses Muster ist ganz klar: in meiner Jugend war ich kleidungsmäßig immer Außenseiterin, ich hatte nie das, was gerade „in“ war und habe mich oft geschämt. Heute bin ich vom Urteil anderer Menschen ziemlich unabhängig, aber anläßlich meines Seminars kommt es doch nochmal gewaltig hoch.

Scham ist mein Kernproblem, soweit ich bisher in mich vorgedrungen bin. Es ist die Basis von allen anderen Problemen.

Angst ist vergleichsweise harmlos. Da steckt ja auch immer der „Kick“ drin, sich zu überwinden, was bei mir oft mit einem Lustgewinn einhergeht.

Also, die Angst vor den neuen Erlebnissen halte ich schon aus. Schwieriger ist es mit der Scham, aber auch da habe ich unterdessen viel Übung. Und vielleicht kann ich ja vorab noch was anlösen. Die Scham könnte auch von dem kleinen Teufel herrühren, mit dem ich in den letzten Tagen zu tun hatte.

Mittwoch, 2. März 2011

Trägheitsdämon II

In den letzten Tagen habe ich mich schonmal mit dem Trägheitsdämon auseinandergesetzt. Ich visualisierte ihn als eine teufelähnliche Gestalt mit trotzig verschränkten Armen. Dieser Teufel möchte meine ganze Aufmerksamkeit und hindert mich damit am Arbeiten. Er ernährt sich von meiner Energie, er saugt mich aus und schwächt mich damit.

Meine Versuche, mich in seine Befindlichkeit hineinzuversetzen, waren bisher schwierig. Ich spürte so etwas wie „ich habe kein eigenes Leben“, „ich brauche Dich, laß mich nicht allein“ und „ich bin nichts wert“.

Ich empfinde Mitleid mit ihm. Dieser kleine Teufel hat zu wenig Selbstwert und zapft mich deshalb an. Ich habe noch keine Idee, wie ich ihm helfen kann.

In der Dämonenübung gebe ich mich normalerweise dem Dämon hin und nähre ihn mit dem, was ihm fehlt, um ihn so zu verwandeln. In diesem Fall finde ich das schwierig. Wenn ich ihm einfach „Liebe“ gebe, macht er sich vielleicht erst recht von mir abhängig. Wie gebe ich einem Dämon ein Gefühl der Selbstwertschätzung?

Ich habe es damit versucht, mich in blaues Licht aufzulösen und mit diesem Licht den Dämon zu umhüllen, damit er sich beschützt fühlt. Ich habe es auch damit versucht, mich in mit Liebe gesättigtes Blut aufzulösen und ihn damit zu füttern.

Einmal veränderte sich der Teufel dadurch und wurde zu einem kleinen schmutzigen Mädchen, das trotzig auf einer Bettkante saß. Das war ein Fortschritt, aber noch keine Lösung.

In diesem Dämon ist unglaublich viel Schmerz. Er scheint unersättlich und kaum zufriedenzustellen.

Es scheint ein Muster aus meiner frühesten Kindheit zu sein. Zum Teil entstammt der Dämon vermutlich meiner eigenen Erfahrung, zum Teil habe ich ihn von einem meiner Elternteile „geerbt“.

Neulich hatte ich schonmal mit einem Dämon zu tun, den ich anscheinend von meinen Vorfahren geerbt habe – mit schrecklichen inneren Bildern, die viel schlimmer sind als alles, was ich selber jemals erlebt habe. Auf einmal hatte ich die Eingebung, daß es alter Schmerz sein muß, alte Muster, unpersönlicher Schmerz, nicht mein persönlich erlebter Schmerz.

Mit dem Trägheitsdämon scheint es ähnlich zu sein. Ich werde wohl lange damit zu tun haben, das sitzt sehr tief und koppelt zudem verschiedene Muster, was die Lösung umso schwieriger machen dürfte.