Samstag, 18. September 2010

Selbstakzeptanz

Wegen einer Erkältung habe ich heute lange geschlafen. In den Morgenstunden hatte ich einen sehr eindringlichen Traum, der bestimmt eine Botschaft für mich hat.

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Ich muß ein Zimmer räumen, in dem ich kurze Zeit gewohnt habe. Ich habe dort noch sehr viele Sachen und ein großes Durcheinander. Andere, die ebenfalls ihre Zimmer räumen, sind schon viel weiter. Ich muß mich beeilen, weil ich danach noch ein Verkehrsmittel erreichen muß (war es ein Schiff?). Das Zimmer hat kein normales WC, stattdessen sitze ich auf einer Art Sofa mit einem Loch, ein Plumpsklo. Die Ausscheidungen fallen in einen Eimer mit einer Plastiktüte. Ich sitze dort und muß mir wiederholt den Hintern abwischen.

Da sehe ich, daß mir ein Mann gegenüber sitzt, der Zeitung liest. Er nimmt die Zeitung weg und sieht mich, wie ich mir den Hintern wische. Warum ist er so indiskret? Als ich endlich fertig bin, muß ich den Kot entsorgen. Ich habe mehrere Eimer mit verschmierten Tüten, es ist eine große Sauerei. Ein anderer Mann kommt, um mir beim Räumen meines Zimmers zu helfen. Er greift sich ausgerechnet diese Kot-Eimer, verteilt dabei den Inhalt teilweise auf dem Boden. Das scheint ihn nicht zu ekeln, er kickt das mit den Füßen weg. Es sieht aus wie Erdklumpen.

Mir ist das alles etwas unangenehm, ich habe aber keine Schamgefühle.

Ich beschäftige mich noch mit einem anderen Eimer, der voller nassem Sand ist. Den Sand versuche ich abtropfen zu lassen und werfe ihn auch in einen Abfalleimer. Die Eimer müssen noch gereinigt werden. Ich habe auch einige Mitbringsel vom Strand, von denen ich nicht weiß, ob ich sie mitnehmen möchte. Ich komme nicht voran mit meiner Arbeit.

Dann merke ich, daß ich großen Hunger habe. Ich suche, ob es irgendwo etwas zu essen gibt. Eine Bäckerei in der Nähe hat auf. Dort steht ein Schild, daß meine Lieblingsbrötchen heute nicht gebacken wurden.

Ich wache auf.


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So einen ähnlichen Traum hatte ich doch schonmal. Da ging es auch um Exkremente, um die ich mich kümmern muß. Ich habe etwas Schamgefühle, während ich dies aufschreibe, aber im Traum hatte ich diese nicht. Da ich früher von tiefen Schamgefühlen zerfressen war, finde ich das schonmal gut.

Ich müßte doch mal bei Freud nachlesen. Haben nicht Probleme mit den körperlichen Ausscheidungen etwas mit Geiz zu tun? Mit Festhalten und nicht Abgeben wollen?

In diesem Traum habe ich aber nicht festgehalten, sondern sogar zugelassen, wenn auch etwas unwillig, daß andere sich mit meinen Hinterlassenschaften befassen.

Daß der auf dem Boden verteilte Kot wie Erdklümpchen aussah, sagt mir, daß eine Verwandlung stattgefunden hat. Eine Verarbeitung.

Vielleicht bin ich ja dabei, mich aus den Peinlichkeiten, die ich lange Jahre mit meinem Körper verband (nicht nur in dieser Hinsicht) zu befreien.

Es geht darum, daß ich mich selber voll und ganz als menschliches Wesen annehme – mit allem, was dazugehört. Es geht um Selbstakzeptanz. Jetzt kommen mir die Tränen, dann bin ich wohl auf der richtigen Spur.

Ich habe sehr großes Vertrauen, daß immer das geschieht, was geschehen soll. Es ist alles gut so, wie es ist. Und ich brauche mich meiner selbst nicht zu schämen.

Was ist mit dem vielen Gerümpel, das ich im Traum nicht rechtzeitig räumen konnte? Es waren gar keine normalen Sachen, keine normalen Gegenstände, sondern nur Eimer mit Sand, Stöcke, irgendwelche am Strand aufgelesenen Dinge. Jetzt kommen mir wieder die Tränen. Also, was will es mir sagen? Was wirklich einen Wert hat, muß äußerlich nicht schön aussehen. Ich empfinde es jetzt so, daß ich mich im Traum nicht mit unnützen Dingen befaßt habe, mein Gerümpel ist nicht überflüssig, sondern es hat einen inneren Wert. Es hat einen Grund, daß ich diese Dinge angesammelt habe.

Ich sammele alles, an dem Emotionen hängen. Erst seit kurzem bin ich dazu übergegangen, Kastanien aus dem letzten Jahr jeweils wegzuwerfen, wenn die Zeit kommt, neue zu sammeln. Aber ich habe noch nie eine der Federn weggeworfen, die ich aufbewahre. Sie kommen immer in Kisten. Ebenso Steine. Und Zapfen. Alles, was lebendig ist.

Ich glaube, ich sollte bei den anstehenden Aufräumaktionen so vorgehen, daß ich diese Dinge aus der Natur, die für mich wahre Schätze sind, aus dem Dunkel der Kisten befreie und ihnen einen schöneren Platz gebe. Wovon ich mich eher trennen sollte, ist der angesammelte Wohlstandsmüll. Die Berge von Papier hebe ich nur aus Angst auf: Angst, daß darauf etwas stehen könnte, was ich später nochmal brauche und mir nicht wiederbeschaffen kann.

Beispielsweise habe ich kistenweise Ausdrucke von diversen Internetseiten. Zum einen weiß ich (und habe es wiederholt erlebt), daß keine Web-Seite ewig lebt, zum anderen befürchte ich ja u.a. einen möglichen Ausfall des Internets im Zuge der großen Krise. Aber selbst wenn: was ich an Informationen brauche, habe ich hoffentlich in mir drin gespeichert, oder es kommt dann zu mir zurück, wenn ich es brauche. Vielleicht ist es ein Mangel an Vertrauen, wenn ich so viel horte.

Ich muß mein Haus unbedingt entlasten, denn ich habe dort kaum noch freien Raum, ich fühle mich sehr beengt durch mein Gerümpel. Ich habe dem Papier einen zu großen Wert gegeben, insbesondere auch alten Büchern, die mich heute nicht mehr interessieren.

Ich glaube, ich werde dort ansetzen: was ich nur aus Angst horte, davon will ich mich trennen, was ich aus innerer Bindung aufhebe, und was mir heute noch ein gutes Gefühl macht, wenn ich es ansehe, das will ich bewahren.


Willkommen an die neuen Leser! :-)

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