Dienstag, 13. Dezember 2011

Wildnispädagogik

Meine Weiterbildung (Wildnispädagogik) ist – fürs erste – beendet und ich bin so froh über diesen Weg. Er schenkt mir Zufriedenheit und Sinn auf vielen Ebenen.

Zunächst ist da die äußere Abenteuer-Ebene. Ich hole ein Stück meiner verlorengegangenen Kindheit nach, wenn ich durch den Wald schleiche oder auf den Knien liege, um Eicheln oder Bucheckern zu sammeln. Ich finde es spannend, nachts durch den Wald zu gehen oder unter einfachen Bedingungen dort zu übernachten.

Ich bin beeindruckt von den einfachen Möglichkeiten, draußen zu überleben – falls es erforderlich wäre. Noch im letzten Jahrhundert hat Stalking Wolf völlig frei und unbehelligt von Behörden in Nordamerika leben können. Das fasziniert mich. Was vor einigen Jahrzehnten noch möglich war, ist grundsätzlich auch heute noch möglich: sich als Selbstversorger aus der Natur zu ernähren. Wohlgemerkt als Sammler und Jäger – selbst Ackerbau und Viehzucht stellen schon eine Entfremdung von der Natur und eine Manipulation unserer natürlichen Umwelt dar.

Immer schon habe ich mich danach gesehnt, autark und selbstbestimmt leben zu können, frei von gesellschaftlichen Abhängigkeiten. Da ich dies nicht von Kindheit an gelernt habe und nicht mehr gesund genug bin, ist es für mich wohl unrealistisch. Aber es wäre möglich, und das öffnet mir den Horizont. Ich kann mich zumindest einer natürlichen Lebensweise annähern.

So oft standen meine Sehnsucht nach einem anderen Leben und mein Verstand im Widerstreit. Es schien immer so vernünftig, der gesellschaftlichen Entwicklung zu folgen. Wir sind nunmal 7 Milliarden Menschen auf der Erde, und um diese zu ernähren, mit Wärme, Strom, Mobilität und Gesundheitsdienstleistungen usw. zu versorgen, müssen wir nunmal unsere Natur zerstören, brauchen wir Chemie, Pharma, Erdölprodukte, Gentechnik, technischen Fortschritt usw.

Nö, es stimmt garnicht. Es ist nur die Stimme des Versuchers, der falschen Schlange des Verstands, die mir das einredet. Es ist die Bequemlichkeit, die Gier und die Angst, die so spricht. Wenn ich der Stimme meines Herzens folge, dann gibt es einen anderen Weg. Ich kann mir zwar immer noch nicht vorstellen, wie der für 7 Milliarden Menschen aussehen könnte, aber das brauche ich auch nicht zu wissen. Wenn ich konsequent meinem Herzen folge, kann ich es nur richtig machen. Die Schwierigkeit hierbei ist nur, zweifelsfrei zu erkennen, was die Stimme des Herzens ist.

Diese Weiterbildung war für mich genau richtig. Und es ist auch genau richtig, wenn ich jetzt irgendetwas daraus mache, das andere Menschen so in Kontakt zur Natur (und damit zu sich selbst) bringt, wie es mir geholfen hat.

Meine Angst, nicht genug Geld zu verdienen, zudem angesichts der drohenden Hyperinflation, ist immer noch vorhanden, aber stark gemildert. Und ich stelle mich ihr jetzt, indem ich meine Arbeitszeit schrittweise reduziere: zunächst um 3 Wochenstunden. Die freiwerdende Zeit will ich in bessere Lebensumstände investieren: z.B. mehr Bewegung, öfter mal selber kochen statt Kantine, mehr draußen sein.

Und ich möchte meine eigenen Wildnispädagogik-Projekte vorantreiben. Einige erste kleine Möglichkeiten, mein Wissen und meine Erfahrungen weiterzugeben, habe ich schon gefunden – bei Kollegen und Bekannten.

Es ist nicht genug, selber wieder in Einklang mit sich selbst (= mit der Natur, = mit dem Leben) zu gelangen, es muß auch eine Handlung folgen, die nicht nur mir als Individuum dient, sondern dem ganzen Leben. Ich muß meiner wahren Berufung folgen! Das ist überlebenswichtig.

Und endlich, endlich habe ich eine Ahnung, wo mein Weg weiterführen wird. Meine Traumata scheinen weitgehend geheilt zu sein, es geht mir um ein Vielfaches besser als zum Start dieses Blogs. Jetzt kommt die Zeit, auch mehr für andere Menschen dazusein.

Ich habe es in diesem Jahr immer wieder erlebt: wenn ich dem Verstand folge und beispielsweise meinen Büroalltag absitze, fühle ich mich oft unlebendig und unverbunden. Wenn ich dagegen auf meiner Wildnisspur bin, fühle ich mich voller Kraft und schöpferischer Energie, voller Glück und Leben, in tiefer Verbindung zu mir selbst und zu allem. :-)

Mir geht es supergut!

Dienstag, 27. September 2011

Medizinwanderung

Medizinwanderung

Um 6 Uhr klingelte mein Wecker – nicht gerade meine bevorzugte Zeit. Dennoch zügig nestelte ich mich aus dem Schlafsack, zog mich an und krabbelte aus meinem Zelt. Eine schmale zunehmende Mondsichel stand noch am Himmel, der Rest des Mondes in dunkles Rot gehüllt. Wintersternbilder wie der Orion waren zu sehen. Die Morgendämmerung schritt schnell voran und löschte den Sternenhimmel aus.

Müde, vermummte Gestalten sammelten sich nach und nach schweigend im Kreis. Dann wurden wir mit Salbei und anderen Kräutern geräuchert und einzeln ausgesandt zu unserer stillen Wanderung.

Der Schritt über die Schwelle war bei mir ein Knochenhaufen neben der Feuerstelle unseres Platzhüters. Ein Schädel und Kieferknochen zogen mich magisch an. Ich schritt über den Tod in eine neue Welt.

Der Bachlauf zog mich zunächst an. Ich ging an eine Stelle, die ich noch nicht aufgesucht hatte. Als ich feststellte, daß es dort nicht so einfach weiter geht, und daß ich zudem nicht allein sein würde (ein anderer Teilnehmer hatte den gleichen Weg gewählt), ging ich lieber zu dem Wäldchen, das ich schon am ersten Tag des Seminars gewählt hatte für einen Sitzplatz.

Sehr alte ehrwürdige Buchen und Eichen umringt von Maisfeldern: im Schoß einer Eiche mit dreigeteiltem Stamm setzte ich mich nieder. Ich lehnte an einem der Stämme und schaute in den Himmel, freute mich am Muster des Eichenlaubs gegen den langsam heller werdenden Himmel.

Ich saß lange da, über eine halbe Stunde. Da waren nicht viele Gedanken. Ich fühlte mich wohl und geborgen, sicher und geschützt, und in mir ruhend. Es war friedlich. Einmal kreuzte ein anderer Mensch laut raschelnd das Wäldchen. Ich blickte nicht auf, und bald war ich wieder allein.

Als mir langsam kalt wurde, wollte ich aufstehen und mich ein wenig bewegen. Aber nein, zuerst zog mich noch Mutter Erde an. Ich hatte noch nicht genug gespürt. So legte ich mich flach auf den Boden. Er war kalt, aber hier auf dem Laub trocken. So tröstlich war das. Der Geruch war erdig-schwer, schon herbstlich. Dann drehte ich mich noch auf den Rücken. Am liebsten hätte ich mich ausgezogen, um die Erde noch direkter zu spüren. Aber dafür war es mir dann doch zu kalt.

Dann verließ ich das Wäldchen. Mir war bewußtgeworden, daß ich den Sonnenaufgang verpaßt hatte. Die Sonne schien nun schon eine Handbreit über dem Maisfeld. Schade einerseits, denn wann habe ich die Gelegenheit, mal einen Sonnenaufgang zu sehen? Meist bin ich doch erst später wach. Aber es störte mich wenig, zu sehr hatte ich die Stunde im Laubwäldchen genossen.

Ich folgte einem Schotterweg zur nächsten Hauseinfahrt. Dort lagen frische Kastanien. Ich lud mir die Taschen davon voll. Zweimal raschelte es über mir und in einer kleinen Explosion landeten Kastanien und deren Schalen auf dem Boden, sprangen noch einmal hoch und blieben dann liegen. „Alles Gute kommt von oben“, dachte ich, ging ein paar Schritte weiter und wartete ab, ob mehr Kastanien fallen würden. Nein, es war, als hätte ich sie nur angezogen, als ich direkt darunter stand. Ich sah aber viele viele geöffnete Schalen am Baum hängen, die Kastanien glänzend sichtbar, bald bereit zum Fallen. Wunderschön, so habe ich das überhaupt noch nie gesehen. Kurz überlegte ich, ob ich mit einem Kastanienwurf ins Geäst nachhelfen sollte, aber dann wollte ich nicht in den Lauf der Natur eingreifen.

Ich ging einige Schritte weiter. Da fielen mir viele kleine Vögel ins Auge. Sie huschten zwischen Fichtenzweigen sehr flink hin und her (Tannenmeisen), flogen ins Maisfeld im Slalom zwischen den Reihen und verschwanden so schnell wie sie gekommen waren oder flogen in kleinen Schwüngen über das Feld in die Bäume.

An einer Feldeinfahrt lud mich ein Baumklotz zum erneuten Sitzen ein. Ich sah kleine beigefarbene Vögel in einem dichten Strauch (mal eine Art, die ich noch nicht kenne). Einer putzte ausgiebig sein Gefieder. Ich sah, wie der kleine Kopf sich hin und herbewegte, wie mit dem Schnabel die Flügel bearbeitet wurden. Es war so ein zauberhafter Frieden in diesem Bild. Diese Vögel sind so genügsam, sie brauchen eigentlich nichts, nur die Natur um sie herum, die ihnen alles bietet: Spiel und Vergnügen, Frühstück und Morgentoilette.

Ich stand wieder auf und ging langsam weiter. Ich wollte wissen, was hinter dem Maisfeld liegt. Dort lag zur Rechten ein schon gerodetes Maisfeld. Zur Linken zunächst eine Weide, dann wieder eine kleine Baumgruppe. Unter einer Eiche blieb ich erneut stehen, beobachtete kurz zahlreiche Meisen, die von Ast zu Ast hüpften. Als sich auf dem Weg eine andere Teilnehmerin näherte, ging ich weiter. Ich wollte gerne allein sein.

Als nächstes wurde meine Aufmerksamkeit von Tierspuren auf dem Schotterweg angezogen. Ich erkannte Spuren von zwei Rehen, die recht frisch wirkten. Angrenzend zur Linken lag unterdessen ein ebenfalls schon abgeerntetes Feld – eine mir unbekannte Feldfrucht nach den restlichen Blättern zu urteilen. Ich dachte, ich müsse die Rehspuren im lockeren Boden doch eigentlich gut erkennen. Da wurde mir klar, daß die unspezifischen Vertiefungen genau diese Spur sein mußten. Ich folgte den Spuren, wollte gerne wissen, von wo die Rehe gekommen waren.

Die Spur führte schräg über das Feld. In Verlängerung sah ich eine Brücke, die mich anzog. Aber sie schien mir zu weit weg angesichts der schon fortgeschrittenen Zeit, wir sollten nach zwei Stunden zurück sein. Die Rehe waren möglicherweise über diese Brücke gekommen. Da mir das Laufen über den weichen Boden doch zu anstrengend war und ich die Verfolgung nicht spannend genug fand, verließ ich die Tierspuren und kehrte auf den Weg zurück.

Als nächstes wurde meine Aufmerksamkeit auf wunderschöne gelbe Stauden am Rand des nächstens Feldes gelenkt. Solche Blumen wachsen auch in Gärten, den Namen kenne ich nicht, das war aber auch nicht wichtig.

Das hohe Gras entlang des Wegs war von Tau übersäht. Jeder einzelne Tautropfen glitzerte silbern in der Morgensonne, die höher gestiegen war. Der Anblick war wunderschön. Ich dachte, ich müsse eigentlich gar nicht weitergehen, ich könnte überall verweilen und einfach die Wunder der Natur genießen. Ich sah dann noch zwei Pusteblumen, Löwenzahn, der offenbar ein zweites Mal geblüht hatte und jetzt im Samen stand. Der Tau hatte den Kopf in eine silberne Kugel verwandelt. Die erste Kugel berührte ich und bemerkte dabei, daß ich den Zauber zerstöre, weil sofort die Samen zusammenklebten. Daraufhin bewunderte ich den zweiten Samenstand nur still.

Ich geriet an eine Wegkreuzung. Zur Rechten in kurzer Entfernung lag eine landwirtschaftliche Anlage, die ich nicht näher in den Blick nehmen wollte. Zur Linken zog mich immer noch die Brücke an. Ich wußte, daß unser Camp am anderen Ufer des Baches liegt, aber ich wußte nicht, ob es dort einen Weg zurück geben würde, und ich hatte nur noch 20 Minuten Zeit. Ich zögerte, ob ich umkehren soll. Immerhin sah ich zwei unserer Teilnehmer auf der anderen Seite. Also mußte es wohl irgendeinen Weg geben.

Rückzug wäre eine kleine Niederlage gewesen. Ich wollte lieber meinem Instinkt folgen und steuerte nun mit schnellen Schritten auf die Brücke zu. Der Bachlauf war hier stark begradigt, was ich nicht so schön fand, das Wasser war aber klar.

Am Ufer gab es eine gut begehbare Gras-Trecker-Spur. Ich fühlte mich bestätigt, daß meine Entscheidung richtig war, über die Brücke zu gehen. Erneut kam ich an eine kleine Strauchgruppe mit vielen Vögeln. Es wuchsen dort Büsche mit dichten Trauben von schwarzen Beeren direkt am Stamm. Sowas habe ich noch nie bewußt gesehen, keine Ahnung, was das war. Ich kam nicht nahe genug heran, um ein Blatt zur späteren Bestimmung mitzunehmen.

In der Fortsetzung meines Graswegs erhob sich jetzt eine Frau, die am Rande des folgenden Maisfelds gelegen hatte. Ich fühlte mich erneut in meinem Zeitgefühl und der Rückkehr ins Lager bestätigt. Zu meiner Verwunderung kam sie mir aber entgegen. Das verwirrte mich. Ich war ganz sicher, daß direkt hinter diesem Maisfeld unser Lager liegen müßte. War sie nicht von dort gekommen? Gab es dort irgendein Hindernis, das mich hindern würde, dort langzugehen?

Als sie an mir mit zügigem Schritt vorbeigegangen war (ohne Gruß, denn wir sollten ja schweigen und keinen Kontakt aufnehmen), rekapitulierte ich nochmal meinen Weg und das, was ich bisher von der Umgebung kennengelernt hatte. Nein, ich war auf der richtigen Seite des Mühlenbachs und ich kannte bereits einen kleinen Platz im Maisfeld auf der anderen Seite, und von dort ging es durch ein kleines Gestrüpp zurück. So setzte ich zuversichtlich meinen Weg fort, durch die äußersten beiden Reihen des Maisfelds, den Bach zur Linken. Und ich kam tatsächlich an dem kleinen freien Platz heraus, den ich bereits vom Vortag kannte. Zurück an einer Buntspecht-Rupfung, die andere Teilnehmer schon lange entdeckt hatten. Ich nahm mir noch die letzten größeren Federn mit.

Nun war ich schon am Rand des Camps angelangt, blickte noch kurz in die Schwitzhütte, in der eine andere Gruppe am Vortag gesessen hatte. Dann entschied ich, daß das noch glimmende Feuer vor der Schwitzhütte eine passende Schwelle für meine Rückkehr aus der Anderswelt in das Diesseits sei. Mit zwei großen Schritten überquerte ich meine Schwelle, dankte kurz für die phantastische Erfahrung und ging befreit ins Lager zurück.

Es war ein perfekter Tagesbeginn, ein perfekter Weg, mit sehr viel Glück und innerem Frieden. Noch stundenlang hielten die erhöhte Aufmerksamkeit und das Glücksgefühl an. Das Leben könnte so einfach sein, wenn es mir öfter gelingen würde, in diesem Bewußtseinszustand zu sein.

Dienstag, 30. August 2011

Büroarbeit

Der krasse Wechsel vom Wald zurück ins Büro löst diesmal keine Depression aus – aber Lethargie, Erschöpfung und Langeweile. Das ging schnell: heute morgen noch voller Kraft, heute abend schon ausgelaugt. Deutlicher kann es mir nicht werden, WO meine Kraft zu finden ist. Ich muß raus aus diesem sterilen Bunker. Insbesondere unter der stehenden abgestandenen Luft im Büro habe ich heute richtig gelitten. Welch Kontrast zur frischen Waldluft. :-(

Verbindung zu den Ahnen

Endlich habe ich einen kleinen authentischen Kontakt zur indianischen Kultur erhalten. Stalking Wolf war ein Apache-Scout und Schamane. Er lehrte Tom Brown jr. Dieser lehrte Jon Young. Dieser gab sein Wissen und seine Erfahrungen weiter an viele Wildnisschulen in Europa, so auch an diejenige, an der ich jetzt lernen darf. Nachdem ich zuletzt auch einige Bücher von Tom Brown, insbesondere über seine Lehrzeit bei Stalking Wolf gelesen habe, fühle ich mich mit dieser Tradition verbunden. Das ist jetzt meine Verbindung zu den Ahnen.

Ich habe immer geglaubt, ich müsse unbedingt in der eigenen Familiengeschichte nach der Ahnenverbindung suchen. Diese spielt gewiß auch eine Rolle, aber ist nicht alleine entscheidend. Der spirituelle Lehrer muß doch nicht ein eigener Verwandter sein. Der Schamane aus dem Dorf oder auch dem Nachbardorf war es in früherer Zeit gewiß auch oft.

Ich habe vor zwei Jahren in Schweden nach meinen Wurzeln gesucht. Da es mich so zu altem Wissen zog, dachte ich eine Zeitlang, ich müsse vielleicht in der samischen Kultur suchen. Ich habe das dann aber doch nicht weiter verfolgt – vielleicht, weil es mir so schwerfiel, einen Anfang zu finden. Immerhin habe ich in diesem Jahr zwei Familien-Erbstücke erhalten: zwei Holz-Skulpturen aus samischer Handwerkskunst.

Im nächsten Sommer möchte ich zurückkehren in die schwedische Wildnis. Zurück zu den Rentieren. Ich habe ihnen beim letzten Besuch versprochen, daß ich zurückkehren werde. Das will ich endlich einlösen. Und diesmal werde ich nicht alleine gehen. Es wird Zeit, meine Inspiration weiterzugeben. Zunächst an meine Lebensgefährtin.

Nasse Übernachtung

Die erste Nacht war trocken, der nächste Tag heiß. Erst am Nachmittag kam das erste große Unwetter. Dann eine Nacht lang Regen. Und meine erste Nacht im feuchten Schlafsack. Innen blieb er trocken, ich blieb warm, aber außen und auf das Gesicht gab es Sprühregen, weil die Baumarktplane nicht alles abhielt. Zudem tropfte es innen aus einem Abspannknoten mittels eines Kiefernzapfens – anscheinend war die Plane dort etwas undicht geworden.

Es war toll, nun auch einmal bei richtig „schlechtem“ Wetter - starkem Dauerregen - eine Nacht unter einer einfachen Plane zu verbringen. Eine Erfahrung mehr, für die ich dankbar bin. So richtig naß wurde ich ja nicht. Und auch das hätte ich überlebt.

Nächtliches Bad

Ich hatte ein wunderbares Wildnis-Seminarwochenende. Mir gibt allein schon das Draußensein so sehr viel Kraft. Die Akkus sind wieder voll aufgeladen. Zusätzlich zu dem Seminarprogramm habe ich für weitere Krafterlebnisse gesorgt: einmal bin ich nachts einen dunklen Waldweg zu einem Bach gelaufen und habe dort gebadet. Wunderbar. Das kalte Wasser auf meiner Haut. Ich lebe. Ich hatte weder Badesachen noch Handtuch dabei. Nackt im (flachen) Wasser zu liegen ist ganz anders: der Kontakt zum Wasser ist viel direkter und umfassender. Ganz vom Wasser umschlossen zu sein, war für mich erfrischend, belebend und reinigend zugleich. Es ist ein Ritual.

Ich ließ mich danach in der noch recht milden Luft lufttrocknen. Dann noch etwas feucht in die Klamotten, die auf dem Rückweg ins Camp schnell trockneten.

Ich mag Erfahrungen, die ein wenig „neben der Spur“ liegen. An einem warmen sonnigen Nachmittag in ein überfülltes Schwimmbad zu gehen, ist irgendwie viel zu einfach. Mir macht es viel mehr Spaß, wenn ein bißchen Überwindung erforderlich ist, wenn Schwierigkeiten auf dem Weg liegen.

Ich habe genug Möglichkeiten, bequem und faul zu sein. Deshalb bin ich überaus dankbar, wenn ich die Möglichkeit habe, mal an meine Grenzen zu gehen, diese auszutesten und schrittweise zu überwinden.

In diesem Frühjahr hatte ich noch bei jedem Schritt abseits von vorgegebenen Waldwegen das ungute Gefühl, etwas „Verbotenes“ zu tun. Außerdem bin ich bei sehr vielen Geräuschen zusammengezuckt, ebenso bei jeder unerwarteten Berührung durch einen Zweig oder ein Insekt.

Und jetzt gehe ich barfuß und ohne Taschenlampe nachts durch den Wald, und es ist ok. Ich hatte allerdings allerdings gleich 3 Taschenlampen dabei, ich sichere mich immer noch sehr stark ab. Und die sporadischen blinkenden Leuchtpunkte neben dem Weg machten mir Angst. Ich habe dann doch einige Male dort hingeleuchtet – und konnte nicht herausfinden, was den Lichtpunkt verursacht hat. Bei den fliegenden Lichtpunkten handelte es sich wohl im Glühwürmchen. Am Boden konnte ich aber keine verursachenden Tiere entdecken.

Erst am zweiten Abend fand ich heraus, was es vermutlich ist: Sterne, die in Wassertropfen auf der Vegetation reflektieren. Das ist zumindest meine Erklärung, denn meine Lampe leuchtete genau auf einen großen Wassertropfen auf einem Blatt. . Ein Stern, der so weit weg ist, bringt einen kleinen Wassertropfen zum Funkeln. Das ist eigentlich kein Grund, um Angst zu haben. Es ist eher zauberhaft schön. ;-)

Angst entsteht oft durch Unwissen. Wir haben Angst vor der Ungewißheit. Wir suchen Sicherheit. Auf mich trifft das jedenfalls besonders zu.

Der Wald ist überhaupt nicht dunkel nachts. Jedenfalls nicht vollständig. Wege durch den Wald sind erkennbar an dem helleren Boden, zumindest wenn dieser einen starken Sandanteil hat. Selbst ohne Mond leuchten die Sterne genug, um zumindest schattenhaft Bäume erkennen zu können. Nur bei wolkenverhangenem Himmel wird es schwieriger.

Bei meinen Versuchen, die Leuchtpunkte zu identifizieren, fiel mein Lichtstrahl auf zwei leuchtende Augen. Eine ähnliche Begegnung vor einigen Monaten hat mich noch stark erschreckt, jetzt war da Neugierde. Gerne hätte ich das Tier identifiziert. Aber es entfernte sich rasch von mir, nur kurz sah ich noch seine Augen, dann war es fort. Von der Höhe der Augen über dem Boden könnte ich auf ein marderartiges Tier schließen. Schade, jetzt, wo ich dies schreibe, fällt mir ein, daß ich nach den Tierspuren auf dem sandigen Boden hätte suchen können. Trotz meiner mangelnden Erfahrung hätte ich da vielleicht etwas erkennen können. Auf die Idee kam ich nicht, dafür war ich dann doch nicht entspannt genug.

Berufung

Ich weiß jetzt ohne jeden Zweifel, wofür mein Herz schlägt und wo ich hingehöre: in die freie Natur, insbesondere den Wald. Meine Suche hat mich in den letzten Jahren auf verschiedenen Pfaden kleine Wegstücke entlanggeführt. Die Suche ist zu Ende. Ich weiß, wo es langgeht. Es zieht mich nicht so sehr zu fernöstlichen Wegen wie beispielsweise dem Buddhismus, diese Wege habe ich nur mal kurz getestet. Ich fühle mich dagegen sehr zur indianischen Kultur hingezogen – eigentlich immer schon, aber jetzt weiß ich gewiß, daß es ein reales Fundament hat.

Ich weiß noch nicht, wo genau es mich hinführen wird, aber es ist ganz klar, wo ich gerade stehe und wie die nächsten Schritte sind.

Meine Berufung ist, den eigenen Naturkontakt wieder herzustellen bzw. weiter zu fördern und diese Erfahrungen und das daraus entstehende Wissen dann an andere Menschen weiterzugeben. Bei letzterem bin ich noch nicht 100% sicher, aber fast.

Samstag, 6. August 2011

Laubhütte

Endlich war es soweit. Schon seit Monaten fieberte ich mit zuerst viel Angst und zuletzt viel Lust dem Bau und dem Schlafen in einer Laubhütte entgegen. Mit einer Freundin zusammen dauerte es über 4 Stunden, eine Hütte aus einem Firststamm, angelegten Zweigen und einer Abdeckung aus Fichtenzweigen und viel Laub zu bauen. Der Eingang war gut einen Meter breit und so hoch, daß ich bequem aufrecht sitzen konnte – eigentlich ähnlich wie in meinem kleinen Zelt – nur rein aus Naturmaterialien. Wir banden die Äste teilweise mit Binsen und Rindenresten fest, um der Konstruktion noch mehr Halt zu geben.

Es hatte in der Nacht zuvor noch geregnet, deshalb gab es kaum richtig trockenes Material, es war überwiegend etwas klamm. Den Boden der Hütte deckte ich deshalb noch mit Fichtenzweigen (von einem jüngst gefällten Baum) und darauf ebenfalls einer knapp 10 cm dicken Laubschicht ab (hätte gerne noch mehr sein dürfen, aber dann war ich zu müde).

Während am Anfang, als ich diese Aufgabe im Rahmen meiner Weiterbildung gestellt bekam, noch Widerwillen und Angst überwogen, blieb zuletzt nur reine Freude. Ich war glücklich, als ich nachts in diese Hütte kroch. Mit einigen heißen Steinen aus dem Feuer hatte ich noch versucht, die Feuchtigkeit aus der Unterlage verdampfen zu lassen, aber das reichte nicht aus.

Ich wollte unbedingt – wenn schon, denn schon – ohne Isomatte und Schlafsack auskommen. Das Laub reichte aber nicht aus, um mich darin einzugraben und ohne Decke war es trotz der milden Sommernacht etwas kühl. Ich schlief dadurch unruhig, fröstelte vor mich hin und lauschte den ungewohnten Nachtgeräuschen. Es waren mit hoher Wahrscheinlichkeit viele kleinere und größere Tiere in dem kleinen Wäldchen unterwegs, denn wir hatten viele Spuren gesehen und schon während des Abends immer wieder Geräusche gehört.

Einen kurzen Moment der Angst gab es, als ein Geräusch recht nahe war, aber dann beruhigte ich mich schnell wieder.

Es tat unglaublich gut, den Erdboden unter mir zu spüren. Ich bin ein Kind der Erde, wovor sollte ich Angst haben? Wenn ich auf dem Rücken lag, war es stockschwarz um mich herum. Drehte ich mich zur Seite, sah ich etwas Licht durch den Eingang. Einige Mal spürte ich ein Krabbeln auf der Haut. Was mir vorher noch etwas Sorgen gemacht hatte (werden Ameisen, Zecken oder Spinnen mich anknabbern), führte nun nur noch zu einer leichten Wischbewegung, um die unsichtbaren Tiere abzustreifen.

Erwartet hatte ich, daß ein klaustrophobisches Gefühl von „Begrabensein“ auftreten würde. Das war aber nicht der Fall, ich fühlte mich sauwohl in dieser Höhle. Um 3:30 Uhr gab ich es auf, die Kälte weiter auszuhalten und legte mir einen leichten Deckenschlafsack locker über. Danach schlief ich bis in die Morgenstunden durch, bis nach 8:00 Uhr, was relativ lang ist, wenn ich draußen schlafe. Schade, daß ich keine Tiere gesehen habe. Das nächtliche Konzert der Vögel war so auch schon beendet.

Kurz nach dem Aufwachen traf ein Sonnenstrahl mein Gesicht durch das dichte Blätterdach der umstehenden Bäume. Da wußte ich, daß ich alles richtig gemacht habe. Ich fühlte mich super nach dieser Nacht.

Am Vormittag hatte ich dann noch Gelegenheit, ein wenig durch das kleine Wäldchen zu streifen. Ich fühlte mich wunderbar, sehr verbunden mit der Natur. Beim Umarmen einer sehr alten Eiche flossen dann die Tränen von tief innen. Es war ein Gefühl von Ankommen und Loslassen. Eine weitere Barriere zwischen mir und der Natur war gefallen. Tränen der Freude und Tränen des Schmerzes über die vielen „verlorenen“ Jahre, in denen ich zu weit weg war von mir und von der Natur (was eh ein und dasselbe ist).

Es fällt mir immer schwer, in Worte zu fassen, was ich in solchen Momenten spüre. Auf jeden Fall sind solche Erfahrungen für mich unglaublich heilend.

Ich folgte einem Tierpfad durch ein mooriges Brombeergestrüpp, balancierte ein wenig auf einem toten Baumstamm und trat dann aus dem Wald heraus an den kleinen Bach, der dort floß – auf der anderen Seite ein Maisfeld.

Genau an meiner Stelle war das sumpfige Ufer leicht zugänglich, und es lag nahe, dort mal die Füße reinzustecken. Ach was, wenn schon, dann ganz, beschloß ich schnell. Ich zog mich nackt aus und legte mich in das nur 40cm tiefe Wasser. Das war mein allererstes Bad im Freien in diesem Jahr, und es tat unglaublich gut. Dieses Freiheits- und Glücksgefühl ist unbeschreiblich. Mir kam es vor wie eine Taufe. Nach der Erdtaufe letzte Nacht jetzt die Wassertaufe (und die Feuertaufe gab es vorher auch schon).

Ich fühlte mich wie im Paradies. Die Sonne schien warm. Vom leichten Wind ließ ich mich antrocknen (die Windtaufe auch noch), dann zog ich mich wieder an. Die letzte Herausforderung für diesen Morgen war dann ein Weg barfuß über die gemähte Weide mit vielen schon wieder sprießenden Brennesseln. Ich wußte es, daß sie mich heute nicht verbrennen würden (ich setzte meine Füße mit Bedacht neben die kleinen Pflanzen).

Mein Gott, war das schön! Voller Dankbarkeit und Freude verließ ich diesen schönen Ort!

Dienstag, 19. Juli 2011

Rehe

Das war ein spannender Weg heute. Ich ging eine neue Strecke, weitgehend parallel zu offenen Feldern mit hohem, noch ungemähten Gras. Am Wegrand war Totholz zu einer hohen Hecke aufgeschichtet. Dort lebten viele Vögel. Ich kam nicht nah genug, um sie zu identifizieren. Einige kannte ich vielleicht noch nicht einmal.

Ich ging auf dem geraden Wegstück längere Abschnitte mit geschlossenen Augen – immer wieder eine spannende Übung. Der leichte Schotter des Pfads markiert gut den Weg, da kann man eigentlich nicht abkommen. Als ich die Augen öffnete, sah ich im Feld vor mir, ca. 100m entfernt, einen dicken Stock mit einer Astgabel aufragen. „Merkwürdig“, dachte ich, „hat da jemand den Stock zur Markierung in die Erde gespießt?“

Ich blieb still stehen und schaute genau hin. Da, die Astgabel bewegte sich leicht. Oder doch nicht? Starre dort, und Starre bei mir. „Aah, es könnte der Kopf eines Rehs sein.“ Nun blieb ich erst recht regungslos stehen. Es dauerte einige Minuten, bis es eine neue Bewegung gab. Nun sah ich den Kopf von der Seite – eindeutig ein Reh (oder reh-artig, ich kenne die verschiedenen Wildarten nicht so genau).

Dann hatte das Tier sich davon überzeugt, daß von mir keine Gefahr ausging, bückte den Kopf und graste weiter. In kurzen Abständen hob es jeweils den Kopf, drehte die Ohren in alle Richtungen und horchte und schaute nach Gefahr. Ich blieb noch lange stehen, beobachtete, wie das Reh langsam durch das Feld ging, äste und immer wieder den Kopf hob. Ein Glücksgefühl hatte ich da, denn bisher waren alle Rehe vor mir geflohen, bevor ich sie überhaupt bemerkt hatte. Anscheinend hatte ich heute endlich mehr innere und äußere Stille, so daß ich nach einiger Zeit akzeptiert wurde.

Als ich noch so still dastand, bemerkte ich eine leichte Bewegung im Gras dichter vor mir. Ganz vorsichtig drehte ich den Kopf mehr in diese Richtung. Erneut bewegte sich ein Grashalm. Dann plötzlich hüpfe ein Hase durch das Gras - und direkt auf mich zu! Unfaßbar. Weniger als 10m vor mir kam er aus dem Feld, durch den kleinen Graben und auf den Weg, auf dem ich stand. Er blieb einige Mal kurz stehen, nippelte an einem Grashalm, hüpfte aber schnell weiter. Das Tier hatte ein recht dunkles Fell, sehr große Ohren und erschien mir auch recht groß. Eher ein Feldhase als ein Kaninchen, aber ganz sicher bin ich nicht.

Offensichtlich bemerkte er mich nicht, obwohl ich so dicht dran war! Ging denn kein Geruch von mir aus, oder riechen Hasen nicht gut? Ich blieb in Ehrfurcht erstarrt. Als er nach rechts abdrehte und ich vorsichtig mit dem Kopf folgte, hüpfte er schneller – vielleicht doch etwas bemerkt? Er verschwand dann im Feld auf der anderen Seite und legte schnell einige Meter zurück, versank so im tiefen Gras. Tolle Begegnung!

Das Reh auf der anderen Seite war immer noch da, aber viel weiter entfernt. Ich setzte meinen Spaziergang dann fort, folgte einem Weg durch ein Waldstück, bis ich seitlich eine Lichtung aufblitzen sah. Ich ging darauf zu, bemerkte einen alten Strohballen – vielleicht vom Förster für eine Winterfütterung des Wilds zurückgelassen? - und trat geräuschvoll an den Rand der Lichtung: ein Fehler, natürlich! Ein Kaninchen hatte schon weit entfernt Lunte gerochen, hoppelte schnell in den Wald zurück und machte so auch die beiden Rehe in der Ferne auf mich aufmerksam. Das nächste Mal schleiche ich mich vorsichtig an, wenn ich mich einer Lichtung nähere! In der Ferne konnte ich ein Reh mit seinem Kitz sehen. Es nutzte nichts, daß ich nun still stehenblieb, sie hatten mich schon bemerkt und waren vorsichtig. Langsam näherten sie sich dem Waldrand gegenüber und verschwanden im Gebüsch.

Trotzdem eine schöne Beobachtung. Lange Zeit habe ich Sitzplatzübungen und Wege durch den Wald gemacht, ohne viele Tiere zu sehen. In letzter Zeit wird es mehr. Anscheinend lohnt es, in der Abenddämmerung unterwegs zu sein.

Auf dem Rückweg kam ich nochmal an dem ersten Feld vorbei. Erneut entdeckte ich dort das Reh, das sich kaum vom Fleck bewegt hatte. Ich wollte mir nicht mehr die Zeit für ruhige Beobachtung nehmen, sondern ging langsam weiter. Prompt zog sich das Tier von mir zurück und suchte Schutz in etwas höherer Vegetation in der Mitte des Feldes. Immer wieder konnte ich die astgabel-ähnlichen Ohren in Lauschposition sehen. Nun konnte ich diese charakteristische Form auch aus großer Entfernung noch erkennen.

Es ist schön, ein wenig tiefer in die Rhythmen der Natur einzudringen. Die funktionieren wie eh und je – abgesehen von der immer weiteren Einengung und Störung durch die menschliche Zivilisation. Aber immer noch schenken sie uns Zeichen dessen, wie auch wir wieder mehr im Einklang mit allem, was ist, leben könnten.

Mittwoch, 13. Juli 2011

Baummarder

Letzte Woche sah ich erstmals einen Baummarder im Wald. Er überquerte in der Abenddämmerung den Weg vor mir und verschwand sehr schnell im Gebüsch. Diese Begegnung fand ich schon toll. Aber heute durfte ich an einer anderen Stelle gleich 3 von diesen Tieren beobachten. Ich schreckte sie durch meinen gewohnt zu schnellen und lauten Schritt vom Bachufer auf, sie kletterten geschwind auf verschiedene Bäume. Dann beäugten sie mich – und ich sie. Die ganze Zeit kommunizierten sie aufgeregt mit Lauten, die wie eine Mischung aus Husten und Bellen klangen.

Ich hatte keine Ahnung, daß Baummarder dermaßen flink und wendig auf Bäumen herumklettern können, ähnlich agil wie Eichhörnchen. Einer sprang von Baum zu Baum, als ich nicht verschwand und er sich anscheinend nicht mehr auf den Boden traute. Dabei löste er offenbar einen Vogel-Alarm aus. Einige Vögel hörten auf mit ihrem Gesang und stießen Warnlaute aus, die nach meinem Eindruck eher dem Raubtier als mir galten. Insgesamt eine begeisternde Vorführung, deren Zeuge ich sein durfte.

Mir wirkte es, als habe ich das Spiel von Geschwistern unterbrochen, es waren bestimmt Jungtiere. Zu lange wollte ich auch nicht stören. Da sie mich nunmal entdeckt hatten, half es auch nicht, als ich regungslos längere Zeit verharrte. Sie blieben bei ihren aufgeregten Rufen und dem Mißtrauen mir gegenüber. So ging ich denn nach einigen Minuten, um ihren Abendfrieden nicht länger zu stören.

Vorher habe ich Balancierübungen an einigen herumliegenden Baumstämmen gemacht. Ohne Absturz- und Verletzungsgefahr (wegen fehlender Höhe) geht das besonders gut. Ich merke, daß ich meinen Gleichgewichtssinn besser trainieren muß, das läßt nach bei jahrelanger Nicht-Benutzung. Insbesondere mit geschlossenen Augen fange ich sofort an zu wackeln, der feste Stand ist dann erstmal dahin. Mir macht das Üben Spaß, und ich finde es sehr sinnvoll. Ich möchte unbedingt wieder ein höheres Maß an Körperbeherrschung zurückgewinnen, das ich früher (in der Kindheit) noch hatte.

Ich habe auch Lust, mich wieder mehr zu bewegen, das läßt sich gut mit meinen Wald-Aufenthalten verbinden. Für den Sitzplatz habe ich zurzeit weniger Motivation, Stillsitzen muß ich schon den ganzen Arbeitstag lang. Und ich sehe auch mehr Tiere, wenn ich unterwegs bin. Bisher meist nur, weil ich sie dann aufscheuche, aber immerhin.

Ich bin hochmotiviert, demnächst mal unter einem selbstgebauten Dach im Wald zu schlafen, aber das muß noch warten. Zur Überbrückung habe ich mal wieder in meinem Garten geschlafen, als kein Regen angekündigt war. Ich hatte tatsächlich mehr Angst als im Wald. Unerklärliche Geräusche versetzten mir minutenlang einen tüchtigen Adrenalinschub – bis ich schließlich herausfand, daß ich das Weiterbewegen des Minutenzeigers meines Weckers gehört hatte. Puuh, und ich hatte an knackende Äste durch unbekannte Tiere gedacht.

Im Garten könnten mir vor allem Katzen begegnen. Die sind tagsüber gerne bei mir, weil ich so viele Versteckmöglichkeiten biete (leider fallen ihnen deshalb auch immer wieder Singvögel zum Opfer). Und Katzen sind ja – wenn auch gezähmte – Raubtiere. Ob die mich nachts angreifen würden, wenn sie die Gelegenheit hätten und ich ihnen irgendwie unheimlich oder im Weg bin?

Ganz toll finde ich, nachts den Wind spüren zu können und über mir den Sternenhimmel zu sehen. Außerdem komme ich morgens leichter hoch, weil einfach die Tierwelt schon so lange wach ist und die Vögel mich schon ab ca. 3 Uhr mit Gesängen begleiten.

Vielleicht gehe ich demnächst mal nachts oder frühmorgens im Wald spazieren. Das könnte ungewohnte Erlebnisse bewirken. Vor allem möchte ich üben, mich in diesen Situationen nach und nach sicherer zu fühlen – falls es mal eine Notsituation gibt, die mir ähnliches abverlangt. Und bei den drohenden Endzeitszenarien (nicht nur des Finanzsystems, sondern des gesamten zivilisatorischen Gesellschaftssytems) liegt das ja nicht so fern.

Donnerstag, 7. Juli 2011

Vision vom besseren Leben

Alle unangenehmen Gefühle sind vermutlich nur Wegweiser, die uns zu einem besseren Leben hinführen sollen. Zumindest gilt das wohl für diese depressive Verstimmung, die mich immer wieder befällt. Ich vermisse das Gemeinschaftsgefühl einer größeren Gruppe – einer Großfamilie oder einer Dorfgemeinschaft wie in früheren Zeiten. Das fehlt mir im Alltag sehr.

Ich spüre jetzt ganz besonders den Kontrast zu den Wildnis-Wochenenden. Natürlich sind diese vermutlich nur deshalb so konfliktfrei und verbindend, weil wir uns nur auf Zeit und unter einem starken gemeinsamen Interesse treffen. Im Alltag gäbe es da genauso die zwischenmenschlichen Konflikte und vielleicht auch die Langeweile wie anderswo.

Aber dennoch ist das ein schönes Modell für ein zusammen Arbeiten und zusammen Leben. In einem Selbstversorgerdorf zu leben stelle ich mir ungleich schöner vor als dieses zerstückelte sinnentleerte und der Natur entfremdete Großstadtleben, das ich in Teile lebe – leben muß, weil ich noch keine Möglichkeit gefunden habe, anders als so zu existieren.

Und da bin ich wieder beim Falschgeldsystem. Der Staat mischt sich so unerträglich in die Belange der Menschen ein und saugt sie so unerträglich aus mit Abgabenquoten vermutlich jenseits von 80% (wenn man mal alles zusammenrechnen würde), daß ein genügsames Selbstversorgerleben im jetzigen deutschen Staat vermutlich unmöglich ist. Zu viele Zwangsabgaben müssen geleistet werden und zu viele Normen eingehalten werden.

Es fängt ja damit an, daß man sich in freier Natur nicht frei bewegen darf. Ich habe heute die Landeswaldgesetze von drei verschiedenen Bundesländern studiert. In keinem darf man frei zelten, in einem darf man nachts die Waldwege nicht verlassen (also die „Wildnis“ nicht betreten oder sich dort aufhalten). Ob man überhaupt Kräuter sammeln darf, ist unklar. Brennholz sammeln darf man auch nur nach vorheriger Genehmigung und Bezahlung.

Früher waren Menschen frei, und niemandem gehörte das Land.

Ich bin in einem gesellschaftspolitischen Konflikt. Einige Jahre lang habe ich mich politisch stark libertärer Denkweise angenähert. Völlige Freiheit vom Obrigkeitsstaat schien mir höchst wünschenswert.

Aber an einem Punkt wollte und will ich den libertären Denkern nicht folgen: die Erde ist keine beliebig ausbeutbare tote Materie, wie diese anscheinend glauben. Die Erde ist ein lebendiger Organismus. Freiheit des Eigentums finde ich richtig. Aber beim Boden und bei den Ressourcen hört dieses Eigentum auf. Es kann nicht rechtens sein, daß einige Einzelpersonen Eigentum an Wald, Acker, Bodenschätzen erwerben, alle anderen aussperren dürfen und alleine von den Erträgen profitieren. Es müßte hierfür eine andere Lösung geben, vielleicht ein Pachtmodell.

Neulich las ich einen Artikel über einen „Wessi“, der in Ostdeutschland einen ganzen See erworben hat. Er darf jetzt ganz legal Nutzungsgebühren der dort wohnenden Anlieger und der Besucher des Sees erheben. Das ist doch grotesk. Daß Anlieger Privatstrände in Anspruch nehmen, ist aber genauso grotesk.

Die Natur gehört niemandem. Kein Mensch hat sie erschaffen. Sie wurde uns anvertraut, um sie zu hegen und zu schützen.

Ich errichte auch Zäune rund um meinen Garten. Deshalb kann ich auch verstehen, wenn Waldbesitzer im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten Sperrungen vornehmen. Sozialisierung allen Eigentums halte ich auch für falsch. Aber es sollte Grenzen geben. Oder ein „allemansrätt“ wie in Schweden, das allen Einwohnern gewisse Nutzungsrechte auch an privatem Land gibt.

Ich hätte gerne etwas Land, das ich nutzen dürfte – ein wenig Acker, ein wenig Wald, ein wenig Garten und eigenen Zugang zu frischem Trinkwasser. Dazu eine Einbindung in eine Gemeinschaft. Das ist mein Traum von einem besseren Leben.

Dienstag, 5. Juli 2011

trauriger Wald

Ich bin traurig. Heute war ich erneut auf der Suche nach einem Waldabschnitt, der sich für den Bau einer Laubhütte eignet. Ich habe zwar einen Eichenwald gesehen, der sehr viel altes Laub bietet, aber dieser Abschnitt ist völlig einsichtig von einem Wanderweg und auf der anderen Seite von einem Feld. Es gibt hier überhaupt kein Unterholz und keine jungen Bäume, nur Altbestand, total einseitig.

An einer anderen Stelle sah ich lichten Mischwald, ebenfalls ohne jegliche Deckung, dafür aber mit viel aufgehäuftem Schnittholz von den letzten Baumfällaktionen. Totholz ist gut für den Wald, aber wenn es vom Menschen aufgeschichtet wird oder in großen Massen liegengelassen wird, scheint es mir auch nicht natürlich zu sein. Der Wald sieht einfach nur traurig aus. Dazu überall Müll, den unbedarfte Zeitgenossen liegenließen. Und überall, wo ein Auto vorfahren kann, wird kübelweise Gartenmüll in die Vegetation entleert, was den vermüllten Eindruck noch verstärkt, da es lange dauert, bis diese unnatürlich aufgeschichteten organischen Abfälle zur Erde zurückkehren.

Ich frage mich ernsthaft, wo in diesem total zerstückelten und insgesamt sehr kleinen Gebiet (das aber als großartiger Wald gilt, denn mehr gibt es in dieser Region nicht) die Rehe eine Rückzugsmöglichkeit finden, die ich doch ab und an auf meinen Streifzügen (leider) aufgeschreckt habe. Rundherum sind entweder Siedlungen, die sich wie Krebsgeschwüre nah sogar an die winzigen Naturschutzgebiete heranfressen, oder Ackerland, das Wildtieren auch nur wenig zu bieten hat.

Auch für meinen Wunsch nach mehr Wildnisnahrung gibt es wenig Möglichkeiten. Es ist sehr enttäuschend, wie wenig tatsächlich im Wald wächst. Am meisten findet sich noch an den Wegrändern, mit etwas mehr Sonnenlicht und vermutlich reichlich Düngung durch Hunde.

Ich wollte heute gerne Samen von Wildpflanzen ernten, um sie später an anderer Stelle auszustreuen, aber ich fand rein überhaupt nichts. Die Pflanzen, die überhaupt zu sehen waren, waren zumeist noch im Blüte-Stadium. An zwei Stellen, die im Frühjahr dicht mit Taubnessel bewachsen waren, fand ich überhaupt nichts mehr vor. Laut Bestimmungsbuch sollten diese jetzt noch Blattwerk zeigen, haben sie etwa schon komplett eingezogen? Vielleicht habe ich mich auch im genauen Ort vertan.

Wenn ich in den nächsten Jahren nicht wieder zeitaufwendig nach eßbaren Pflanzen suchen will, muß ich mir die wenigen Fundstellen, wo zumindest eine Art zahlreich vorkommt, tatsächlich aufschreiben.

Was es in diesem Wald reichlich gibt, sind Zecken. Fast von jedem Spaziergang bringe ich mir eine mit. Gerade eben spürte ich ein Krabbeln am Unterarm – das war schon wieder eine, die ich ausnahmsweise mal entdeckte, bevor sie sich festgebissen hat.

Es gibt einige schöne Ecken in diesem Wald, aber insgesamt scheint er mir im Ungleichgewicht zu sein. Oft sehe ich mir sinnlos erscheinende Zerstörung, etwa rabiat umgeknickte Äste selbst an den geschützteren Stellen. Es gibt dort mehrere Reiterhöfe, Bauernhöfe, Gaststätten, Kinderspielplätze, Wildpark, Reitwege, Spazierwege und einige von Radlern und Inline-Skatern gerne genutzte Asphaltstrecken. Insgesamt scheint der Wald übernutzt zu sein von zu vielen erholungssuchenden Menschen mit zu vielen verschiedenen Bedürfnissen (wo sollen die auch alle hin, Deutschland ist einfach stark überbevölkert).

Wenn ich dann noch die Wege verlasse, habe ich immer ein schlechtes Gewissen, weil das ja noch mehr Störung für die Tier- und Pflanzenwelt bedeutet. Hoffentlich kann ich es damit rechtfertigen, daß ich mehr über den richtigen Umgang mit der Natur lernen möchte.

Und dann würde ich beispielsweise gerne dazu beitragen, dort wieder mehr einheimische Pflanzen anzusiedeln. Dazu werde ich lernen müssen, wann genau welche Pflanzen Samen entwickeln und wie und wo diese einzusammeln sind. Auch Baumsetzlinge könnte ich (heimlich) pflanzen, in meinem Garten keimen jedes Jahr reichlich Eiche, Ahorn und Walnuß, die ich ja doch leider ausreißen muß. Es wäre gut zu wissen, welche Pflanzen der Förster bevorzugen würde.

Montag, 4. Juli 2011

Naturentzug

Unterdessen bekomme ich Entzugserscheinungen, wenn ich einige Tage lang zu wenig Naturkontakt hatte. Das wwar früher auch schon so. Wie habe ich es gehaßt, wenn ich beispielsweise im Urlaub an schönster Natur nur im Auto/Zug/Bus vorbeigefahren bin ohne echten Kontakt dazu.

Ich brauche Fühlung mit den Elementen. Baden im eiskalten Meer, die Erde unter den bloßen Füßen spüren, Bäume umarmen, Wildpflanzen sammeln und essen. Feuermachen. Am Lagerfeuer sitzen, Geschichten erzählen, Gitarre spielen und singen. Gemeinschaft erleben.

Danach sehne ich mich. Das Leben als ein fortgesetzter Abenteuerurlaub. Zu kindisch? Nein, es ist möglich. Naturvölker leben genau so! Tagsüber gehen sie gemeinsam sinnvollen Tätigkeiten nach, die dem ganzen Clan oder Dorf dienen und abends sitzen sie gemeinsam am Lagerfeuer.

So ein Erlebnis durfte ich am vergangenen Seminar-Wochenende haben. Und das war toll! So möchte ich immer leben. Wird es irgendwann möglich sein? Vielleicht nach dem großen Finanzcrash, wenn wir in die Steinzeit zurückversetzt werden ohne Strom, ohne Öl, ohne Technik, ohne Zivilisationsballast? Schön wärs - und schrecklich zugleich, denn wie sollten wir in unserem überbevölkerten Land von hier nach dort kommen ohne Mord- und Totschlag, schlimmste Katastrophen usw.? Da hilft nur beten. Alles wird gut. :-)

tote Amsel

Es war wohl keine so gute Idee, die tote Amsel aufzubewahren, die ich letzte Woche im Wald gefunden hatte. Ich wollte mal sehen, ob ein so kleiner Körper nicht trocknet, ohne stark zu verwesen. Der Körper war unverletzt und ich mochte ihn nicht aufschneiden, um die inneren Organe zu entfernen. Vorsichtshalber hatte ich das Tier in einen Pappkarton gelegt und diesen in meine Duschwanne gestellt. Nach drei Tagen Abwesenheit traf ich dann an, was ich schon befürchtet hatte: Maden.

Zum Glück waren die Maden in der glatten Duschwanne gefangen – zumindest hoffe ich, daß keine entwischt ist. Mir wurde jetzt erst das hohe Risiko bewußt. Schließlich lagere ich Lebensmittel in der Nähe. Wenn die befallen würden, wäre das mit sehr viel Ärger, Zeitaufwand und Kosten verbunden.

Als ich die Amsel im Wald aufgefunden hatte, waren etliche Fliegen daran. Offenbar hatten diese schon Eier gelegt. Schade. Ich mochte gerne den kleinen Körper in die Hand nehmen, und wollte den Vogel gerne unversehrt als Anschauungsmaterial lassen. So einfach klappt es also nicht. Nun habe ich den Karton mitsamt dem krabbelnden Inhalt entsorgen müssen.

Ich habe bisher einfach sehr wenig Berührung mit Tod und verwesenden Körpern gehabt. Es riecht sehr seltsam süßlich-moderig. Das muß wohl Verwesungsgeruch sein. Unangenehm. Vielleicht muß ich als „Gegengift“ mal wieder ein kleines Feuerchen in meinem Bad entzünden. Lieber würde ich diese Experimente ja nach draußen verlegen, da wäre es kein Problem. Aber bei der engen Nachbarschaft ist das leider unmöglich. Und im Wald habe ich noch kein passendes verschwiegenes Plätzchen gefunden.

Der Tod gehört zum Leben. Und nur aus dem Tod kann wieder neues Leben entstehen. Die Natur recycelt alles.

Vielleicht fische ich den Karton morgen wieder aus meiner Mülltonne heraus und begrabe die Amsel lieber in meinem Garten. Heute fehlte mir der Mut, in den Karton hineinzusehen, und es war auch schon zu dunkel, um sich draußen darum zu kümmern.

So, jetzt habe ich kurz entschlossen mit weißem Salbei geräuchert. Jetzt ist die Luft im Bad wieder zuträglich und ich fühle mich wohler.

Montag, 27. Juni 2011

Butter selbstgemacht

Im Wildnisseminar habe ich dabei zugesehen, wie mit einem selbstgeschnitzten Kiefernholz-Quirl Sahne gerührt wurde, um daraus Butter herzustellen. Ich konnte sehen, wie die Sahne dickflüssiger und cremiger wurde. Leider verpaßte ich den entscheidenden Moment, als aus der Sahne Butter entstand.

Das wollte ich jetzt doch nochmal wissen. Nach Inspektion meines Kühlschranks fand ich je 200g Schlagsahne mit Haltbarkeitsdatum von November 2010 und April 2011. Nun ja, schon etwas älter, aber ich werfe so schnell nichts weg. Die Sahne roch noch gut und sah gut aus, auch wenn sie am Rand etwas dickere Ablagerungen gebildet hatte.

Ich habe keinen Holzquirl selber geschnitzt, aber einen Handquirl von meiner Oma aus der Schublade gezogen, an dem sich zwei Quirle gegeneinander drehen, wenn an einem senkrecht angeordneten Rad gedreht wird. Und dann habe ich losgerührt. Ich war auf mindestens eine Stunde Arbeit eingestellt, aber nein, es ging viel schneller.

Zunächst wurde die Sahne wunderbar cremig, wie ich es mit dem elektrischen Handmixer noch nie als Zwischenstadium erlebt habe. Das wäre eine tolle Konsistenz beispielsweise für Apfelstrudel. Als ich weiterrührte, wurde ganz plötzlich das Rühren schwergängiger und die ganze Sahnecreme fing an sich zu verklumpen.

Total faszinierend, denn ich habe sowas noch nie gesehen. Wenn ich mal Sahne zu lange geschlagen hatte, habe ich diesen Effekt nie mit der Butterherstellung in Verbindung gebracht.

Von nun an entstand in kürzester Zeit ein dicker Butterklumpen, der den Quirl zusetzte, während eine milchige Flüssigkeit sich absetzte. Daß es sich hierbei um Buttermilch handelt, habe ich auch gerade erst gelernt. Erstaunlich und erschreckend sogleich. Wieso habe ich sowas nicht schon in früher Kindheit gelernt? Butter und Milchprodukte sind doch ein Basisprodukt unserer Ernährung.

Die Buttermilch habe ich durch ein Tuch abgegossen, die Butter gut ausgedrückt und dann in eine Schale gepreßt und in den Kühlschrank gestellt. Das schmeckt auch ungekühlt schon soo lecker! Ich bin sehr beeindruckt.

Sonntag, 26. Juni 2011

Wildnisnahrung

War das ein bewegendes Wochenende! Ich komme gerade vom Seminar „Eßbare Wildnis“ zurück, total glücklich, nur traurig, daß ich jetzt wieder in den Alltag zurückkehren muß. Aber ich kann mir noch einen Tag Zeit lassen. Wozu braucht man geschlossene Häuser, wenn es warm ist und noch nicht mal regnet? Ich schlafe heute unter freiem Himmel in meinem Garten, habe ich eben spontan beschlossen.

Ich habe voller Liebe und Verbundenheit auf dem Rückweg verschiedenste Kräuter geerntet, die ich morgen zubereiten werde. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt so viel Ehrfurcht und Dankbarkeit für meine Nahrungsmittel empfunden habe. Die Natur beschenkt uns mit ihrer ganzen Fülle. Wir dürfen nehmen, was wir zum Leben brauchen. Das ist das Gesetz des Lebens. Wir nehmen und wir geben zurück, was wir geben können.

Alle Lebewesen sind eingebettet in das Ganze. Wir gehören genauso dazu wie Pflanzen und Tiere. Wir dürfen uns auch zugehörig fühlen, auch wenn das vielen Zivilisationsmenschen fast abhanden gekommen ist. Aber in unseren Genen ruht die Erinnerung an Jahrtausende enger Verbundenheit mit allem, was ist.

Für mich habe ich jetzt auch den Konflikt gelöst, ob Fleischessen gut ist. Ja, für mich ist es gut. Es ist gut, phasenweise oder auch überwiegend vegetarisch zu leben, aber es ist auch gut, Fleisch zu essen, wenn es in einer Haltung von Respekt und Dankbarkeit gegenüber dem Tier erfolgt, das für mich sein Leben gelassen hat. Es sollte einfach nicht öfter als notwendig ein Tier für mich geschlachtet werden und es sollte ein möglichst gutes Leben gehabt haben.

Das Tier gibt sich hin, wenn es von einem anderen Tier getötet und gefressen wird. So habe ich es noch nie gesehen, ich habe die Beute immer nur als unglückliches und passives Opfer gesehen. Natürlich hängt jedes Tier an seinem Leben, aber es ist nun mal die Bestimmung vieler Tiere, anderen als Nahrung zu dienen. So auch dem Menschen.

Ich bin sehr tief berührt von der Erfahrung, den Tod eines Huhns mitzuerleben, das uns dann als Nahrung gedient hat. Es ist sehr existentiell. Und paradoxerweise empfinde ich sehr viel Liebe für dieses Tier. Und vor allem sehr viel Dankbarkeit. Wir haben alle eßbaren Teile des Huhns gebraten/gekocht und verzehrt, um seinem Tod so Ehre zu erweisen.

Das ist die richtige Haltung bei allen Dingen, die wir tun. Wenn wir in Verbindung gehen mit dem, was wir gerade tun (z.B. Wildkräuter putzen und Salatsauce rühren, oder auch Huhn zerlegen und würzen, oder Frischkäse selber herstellen), dann ist es gut, was wir tun. Und die Energie, die wir in die Zubereitung der Nahrung geben, empfangen wir nachher über die Speise. Wer hektisch kocht, ißt auch Hektik. Und wer ein Lied singt beim Kochen, erntet diese Liebe und Freude, die er in das Essen hineingewoben hat.

Das ist nicht nur eine theoretische Erkenntnis, ich habe es mit dieser wunderbaren Gruppe auch genau so erfahren.

Ich bin sehr erfüllt, glücklich und dankbar!

Freitag, 17. Juni 2011

Magie des Tanzes

Letzter Tanzabend des Semesters. Nicht in der Turnhalle wie sonst, sondern im privaten Rahmen mit Buffet und Tanz danach. Trance-Tanze war heute das Thema.

Es war wieder da! Das magische Gefühl, die magische Energie im Raum, in der Gruppe, in mir.

Ein Klangteppich entstand von selbst aus frei gesungenen Tönen, Melodien, Lauten. Eine Andacht. Meditation. Eine Kathedrale. Einheit in Verschiedenheit.

Ich nahm die Laute wahr, die von selber aus meinem Mund kamen. Kurze gedankenleere Augenblicke. Nur Licht, nur Kraft, nur Rhythmus und Ton. Keine Gedanken. Welche Befreiung.

Dankbarkeit. Glück.

Innere Bilder von meinen intensivsten Momenten auf meiner Visionssuche vor zwei Jahren – in Verbindung mit meinen neuen Wildniserfahrungen. Volle Kraft, Angstfreiheit.

Wir waren heute wie ein Indianerstamm, der einen spontanen Krafttanz ausführt und dabei die Schöpfung preist. Das tut soooo gut! :-)

Donnerstag, 16. Juni 2011

Feuerbohren IV

Die Feuergeister wollen wohl erst einige Opfer dargebracht bekommen - in Form von viel Mühe und Schweiß. Heute bin ich das Feuerbohren nochmal sehr ernsthaft angegangen. Ich habe mir noch eine neue Spindel aus Fichtenholz geschnitzt und ein neues Feuerbrett ebenfalls aus Fichtenholz - da hatte ich einen schon ganz gut passenden Rest von Holzfällarbeiten im Wald gefunden.

Und dann habe ich wie ein Weltmeister gebohrt, nacheinander mit verschiedenen Spindeln. Bei den meisten tat sich gar nichts, außer daß sie heiß wurden.

Aber dann mit der neuen Spindel und dem neuen noch gar nicht so trockenen Holz, bekam ich endlich mal wieder die kleinen weiß-grauen Qualm-Wolken zu sehen, die ein Zeichen dafür sind, daß der Bohrer Fuß faßt. Ich war begeistert und glücklich. Endlich mal wieder ein schwarzes Bohrloch. Ich mag den Geruch von Feuerqualm, der sich dann in meinem Badezimmer ausbreitet - meiner provisorischen Bohrstelle. ;-)

Jetzt muß ich das Loch noch ausschnitzen und dann einen neuen Versuch starten, die hoffentlich entstehende zarte Glut in das Feuernest zu übertragen (was bei mir bisher nie geklappt hat). Heute hatte ich schon ein Feuernest in einer Feuerschale bereitgelegt, damit die Feuergeister auch merken, daß ich es ernst meine.

Das Bohren finde ich sehr anstrengend, ungeübt wie ich bin. Ich bin tüchtig durchgeschwitzt, aber für diesmal zufrieden.

Mittwoch, 15. Juni 2011

Waldspaziergang

Heute war ich mal wieder im Wald auf der Suche nach einem passenden Fleck, um später mal eine Laubhütte zu bauen. Mir schien, daß vor mir schon etliche andere Menschen Laubhütten im Wald gebaut haben, ich fand einige eindeutige Überbleibsel. Auch offenbar bewußt zurechtgelegte flache Steine wie von einer Feuerstelle oder vielleicht sogar einem Backofen fand ich. Es gibt offenkundig Wildnisgruppen oder auch einzelne Wildnisfreunde hier in der Umgebung. Ich fand auch einen Gruppensitzplatz mit Baumstämmen im Kreis auf einer Lichtung.

Dann fand ich auch auf 3*3m² plattgedrücktes Gras – da hat bestimmt kürzlich ein großes Zelt gestanden, vielleicht ja über Pfingsten.

Lieber wäre mir, ich würde „unberührte“ Natur finden, weil dann die Wahrscheinlichkeit geringer wäre, daß ich dort von anderen Menschen entdeckt würde. Aber der Wald ist einfach zu klein, das wird mir kaum gelingen.

Ich habe mir eine Stelle ausgeguckt, an der bereits zwei halb schräg liegende Bäume ein natürliches Dach bilden, das nur ergänzt werden müßte. Es wäre nur 50-100m vom nächsten Waldweg entfernt und angrenzend an ein bebautes Grundstück, ich müßte mich dort sehr ruhig und unauffällig verhalten. Schwierig, da der Aufbau einer solchen Hütte einige Stunden in Anspruch nehmen dürfte und auch alles andere als lautlos wäre. Ich werde diese Arbeit wohl auf mehrere Tage verteilen – mit dem Risiko, daß mein Unterschlupf vorzeitig entdeckt wird. Mal sehen, ob ich diese Aktion allein in Angriff nehme.

Eine Wildnis-Freundin hat mir vorgeschlagen, zusammen die Laubhütte zu bauen, und ich habe gleich zugestimmt. Das ginge schneller und wäre deutlich angstfreier. Unabhängig davon würde ich es aber gerne auch mal ganz alleine wagen.

Es würde mir viel innere Unabhängigkeit geben, wenn ich die Angst vor der Nacht draußen weiter abbauen könnte. Sonst bin ich immer darauf bedacht, nachts unter ein festes Dach zu gelangen. Aber warum eigentlich? Unsere Vorfahren hatten das auch nicht.

Im Bogen kehrte ich an meinen zweiten Sitzplatz zurück, den ich im zeitigen Frühjahr genutzt hatte. Es war sehr schön, dort mal wieder übers Moor zu schauen und die deutlichen Veränderungen zu sehen. Das Wollgras faszinierte mich. Einige Spaziergänger und Jogger kamen vorbei. Sie störten meine innere Einkehr weit weniger als vor Monaten. Ich fühle mich schon recht heimisch im Wald dort.

Ich machte einen Versuch, mit Feuerstahl und Feuerstein Glut zu erzeugen – und beim allerersten Schlag fing der Zunder Glut ein. Ein Glückstreffer! Ein Feuer wollte ich dort ja nun nicht entzünden, es sollte nur eine Übung sein, deshalb löschte ich den Zunder sorgfältig. Weitere Versuche klappten dann natürlich nicht – ohne Not läßt sich das Feuer eben nicht empfangen.

Auf dem Rückweg landete ein Buchfink wenige Meter vor mir auf der Erde. Ich beobachtete ihn, wie er mit kleinen, schneller Hüpfern über den Weg huschte und hier und dort etwas aufpickte. Als ich nach einer Mücke an der Schläfe griff, flog er auf. Offenbar hatte er mich vorher nicht wahrgenommen.

Dann hörte ich noch einige Mal ein besonders lauten Knacken bzw. Brechen von großen Ästen. Erst überlegte ich, ob Rehe so laut durchs Unterholz brechen, aber dann gelangte ich zu der Überzeugung, daß es sich um einen Menschen handeln muß. Prompt war mir etwas mulmig, und ich war froh, daß ich dann zügig zum Auto zurückkehren konnte.

Samstag, 11. Juni 2011

Antwort an Regenfrau

Liebe Regenfrau,

ich freue mich über Deinen Kommentar.

Früher habe ich öfters draußen übernachtet, das war aber meist im Rahmen von Gruppenreisen im Ausland. Da fühlte ich mich durch die Gruppe geschützt, selbst wenn ich mich etwas abseits bewegte.

Alleine die Erfahrung auszuhalten, ist schwieriger. Das hatte ich zwar auch schon während meiner Visionssuche, aber hier in Zivilisationsnähe kamen noch weitere Ängste dazu - Hunde und Menschen...

Daß Insekten ins Gesicht krabbeln, habe ich noch nie erlebt - abgesehen von allen stechenden Insekten. Es ist besonders fies, wenn diese z.B. am Augenlid oder an der Lippe zubeißen - habe ich alles schon erlebt - deshalb ist ein Netz fürs Gesicht von Vorteil. Man braucht aber zusätzlich einen Hut oder eine Kappe, damit das Netz nicht flach anliegt, dann bringt es nichts. Und mit einem steifen Hut zu schlafen, ist auch nicht so bequem...

Bei Regen kommen die Biester nicht, und es gibt natürlich auch Wälder, wo sie seltener sind. Bei mir in der Nähe eines Sumpfs keine Chance...

Nein, ich habe nicht so viel erwartet, höchstens unbewußt. Ich denke eher, es war irgendwas altes, was verarbeitet werden wollte. Unterdessen fühle ich mich wieder gut und habe Lust auf die nächste Herausforderung. :-)

Wünsche Dir viel Glück für eine ähnliche Erfahrung. Jetzt ist die beste Jahreszeit dafür wegen der sehr kurzen Nächte.

Gruß,
Louise

P.S. Warum ich in meinem eigenen Blog keine Kommentare mehr schreiben kann (trotz mehrfacher Anmeldung, auch mit anderem Browser), entzieht sich im Moment meinem Verständnis. Immer diese Technik... hoffenlich löst sich das Problem bald, aber heute habe ich dafür keine Zeit mehr.

Nacht im Wald

Die letzte Nacht habe ich an meinem Sitzplatz geschlafen – einem meiner Sitzplätze im Wald. Ich kam erst nach 22:00 Uhr dorthin, im Halbdunkel spannte ich dann eine einfache grüne Plane (2*3m) als Tarp auf, da Regen angekündigt worden war. Ich wollte es bewußt unkompliziert machen, hatte nur wenig Sachen dabei, vor allem Isomatte, Schlafsack und ein kleines Kissen.

Anders als sonst, wenn ich (im Urlaub) im Zelt geschlafen habe, habe ich mich auch nicht umgezogen, sondern nur Jacke und Schuhe ausgezogen und dann rein in den Schlafsack.

Ich lag sehr uneben und zusätzlich mit seitlichem Gefälle, so daß es schwierig war, die Position zu halten. Zudem war der neue Schlafsack vom Discounter sehr rutschig, rund um die Schultern zu eng, und der Reißverschluß ging ständig auf. Es war unbequem, aber jedenfalls warm (fast zu warm).

Die Mücken starteten ihre Attacken typischerweise erst genau dann, als ich endlich ruhig lag. Aber damit hatte ich gerechnet und war darauf vorbereitet. Ich zog mir ein Mückenschutznetz über Kappe und Gesicht. Das Summen dicht an meinem Ohr konnte ich so gelassen ertragen. Das Gesicht wurde verschont, stattdessen wurden meine Finger mehrfach angezapft, was mir unangenehm heiße Hände machte.

Etwas Angst hatte ich vor dem Schlafen im Wald, aber ich dachte seit der Entscheidung am Tag vorher nicht lange darüber nach, sondern ging es einfach an. Ängste muß man möglichst bei den Hörnern nehmen.

Als ich die widerspenstige und laut knisternde Plane aufspannte (es gab nicht genug Abspannpunkte an Bäumen, so mußte ich einige Zeit herumprobieren, wie es gehen konnte) und mit selbstgeschnitzten Heringen aus Totholz an zwei Seiten feststeckte (also zwei Seiten offen), machte ich mir klar, daß es eigentlich einfach nur Arbeit ist, was ich da tue – nichts besonderes. Auch jedes Tier macht sich einen Schlafplatz zurecht, so auch der Mensch, wenn er unterwegs ist.

Ich lag so, daß ich den Mond sehen konnte, bis er später von Wolken verdeckt wurde. Nach einiger Zeit leuchtete ein heller Stern (vielleicht eher ein Planet) genau von oben auf mich herunter und ließ mich lächeln. Das nahm ich als gutes Zeichen dafür, daß ich hier willkommen bin. Es war sehr, sehr still im Wald, nachdem die Vögel nach und nach verstummt waren. In der Ferne hörte ich die Straße sowie sporadisch weitere Zivilisationsgeräusche. Ich stellte mir vor, daß ein Säugetier in meine Nähe kommen könnte (z.B. eines der Rehe, deren Spuren ich in der Nähe am Bach gesehen habe), und hätte mich darüber gefreut. Aber es blieb ruhig um mich herum, zumindest bemerkte ich nichts.

Wenn ich meine Hand ausstreckte, konnte ich den Stamm der großen Kiefer berühren, an der gelehnt ich einige Mal gesessen habe. Das war sehr beruhigend. Nachdem ich erstmal unter der Plane lag, hatte ich keine Angst mehr. Ich fragte mich nur, warum ich mir das antue, statt einfach gemütlich in meinem Bett zu liegen.

Ich schlief sehr unruhig, war gefühlt alle 20 Minuten wach. Es wurde kaum richtig dunkel, obwohl Bewölkung aufzog. Der Regen blieb aus, so daß ich mir die Plane eigentlich hätte sparen können.

Gegen 5:00 Uhr wachte ich mal wieder auf und hörte ein wunderschönes vielstimmiges Vogelkonzert. Ich glaube, so intensiv habe ich es noch nie gehört. Ich konnte mich trotzdem nicht richtig darauf einlassen, denn ich war traurig, ohne zu wissen warum. Eine Zeitlang hörte ich noch den Vögeln zu, dann pellte ich mich aus dem Schlafsack und ging wenig später daran, alles wieder abzubauen.

Als die paar Sachen gepackt waren, überlegte ich, ob ich noch einige Zeit einfach sitzenbleiben sollte, um den jungen Tag zu genießen – einmalige Gelegenheit, denn sonst bin ich nie so früh auf – aber mir fehlte die innere Ruhe. Ich schaute noch kurz nach dem Amselnest in der Nähe. Ich konnte aus einiger Entfernung nichts erkennen, was mich erneut traurig machte. Zweimal habe ich die Amselmutter in den letzten Wochen aus ihrem Nest vertrieben, einige weitere Mal war ich dicht daran vorbeigepoltert – ob ich sie dazu veranlaßt habe, ihre Brut aufzugeben? Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Küken schon flügge sind, so schnell geht das doch nicht? Schade, ich hätte so gerne mal eine Amsel beim Füttern ihrer Küken beobachtet. Aber noch mehr stimmte mich der Gedanke traurig, daß ich vielleicht Ursache eines Brutmißerfolgs bin.

Wie zur Bestätigung gab es dann laute Warnrufe einer Amsel, die offenbar mich als Bedrohung outen sollten. Ich hatte aber nicht den Eindruck, daß es was mit dem Nest zu tun hatte, sondern eher generell mit meiner Anwesenheit im Wald.

Als ich dann mit meinem Gepäck durch Unterholz ging, fühlte ich mich wie ein Fremdkörper. Ich bin entsetzlich laut, wenn ich mich im Wald bewege, vertreibe alle Tiere schon aus weiter Entfernung und störe sie in ihrem Tagesablauf. Ich möchte gerne lernen, mich lautlos im Wald zu bewegen. Dann würde ich mich weniger als Eindringling fühlen.

Ich bin ein wenig stolz jetzt, daß ich diese Herausforderung gemeistert habe. In Zivilisationsnähe zu kampieren, finde ich schwieriger als in echter Wildnis. Zum Glück gab es in der Nacht kein erschreckendes Hundegebell in der Nähe und auch sonst keine ungewohnten Geräusche. Es war eigentlich so vertraut, als hätte ich in meinem Garten geschlafen. Nichts besonderes.

Jetzt kann ich mir auch vorstellen, im Wald mal eine Laubhütte zu bauen und dann dort zu schlafen. Das wäre nur sehr zeitaufwendig und ich bin nicht ganz sicher, ob ich den richtigen Ort schon gefunden habe – hat aber auch noch etwas Zeit.

Auf dem Weg nach Hause mit dem Auto stellte ich überrascht fest, daß schon einige Autos unterwegs waren - und daß der Bäcker um die Ecke schon um 5:30 Uhr öffnet. So gab es heute frische Brötchen zum Frühstück – draußen auf meiner Terrasse, während die Nachbarschaft noch schlief.

Ich spürte meiner Traurigkeit noch nach: sie enthielt Naturentfremdung und Sehnsucht nach mehr Naturverbindung, Einsamkeit, Sehnsucht nach Gemeinschaft mit gleichgesonnenen Menschen und sogar etwas Sinnlosigkeit – wozu dieses ganze anstrengende Leben, warum kann ich mich nicht einfach hinlegen und nichts tun? Wozu das ganze Gerenne und Gehetze? Ich sehne mich nach Vereinfachung und Entschleunigung meines Lebens.

Ich bin ein Kind der Erde. Warum sollte ich mir nicht diesen Raum in freier Natur zurückerobern? Das bedeutet Freiheit!

Freitag, 10. Juni 2011

freies Tanzen

Am Abend war ich nach längerer Pause endlich mal wieder zur Tanz-Therapie. Thema war Buddha/Erleuchtung. Es war ein wunderbarer Abend. Ich war gleich zu Beginn in einer friedvollen, gelösten Stimmung, die dann mehrfach zwischen feinem Glück und fast verdautem sehnsuchtsvollem Schmerz hin und her pendelte.

Die Sehnsucht bezog sich auf meinen Wunsch, in näherem Kontakt zur Natur zu sein, mit ihr eins zu werden. Ich bin ja jetzt auf dem Weg zu mehr Naturverbindung, auch wenn ich mir wünschen würde, daß es schneller voranginge.

Ich fühlte mich so frei und sicher, daß ich während des letzten Tanzes beschloß, daß ich gerne morgen im Wald übernachten würde. Mit der Laubhütte wird das so kurzfristig nichts. Aber ich könnte ja – trockene Witterung vorausgesetzt – einfach unter freiem Himmel schlafen. Das habe ich früher auch schon gemacht, aber noch nie in Deutschland, es war immer im Auslandsurlaub.

Hier ist es mir für solche Abenteuer eigentlich zu dicht besiedelt, aber ich kann es ja trotzdem mal ausprobieren.

Nach dem Tanzen fuhr ich noch schnell zu meinem Sitzplatz. Ich fand ihn auch im Dunkeln wieder – na ja, allzu dunkel war es nicht, noch ein Rest Sonnenlicht in der Atmosphäre und ziemlich viel Mondlicht. Ich legte mich kurz ins Gras und stellte mir vor, wie es wäre, dort zu schlafen. Die Straße und mein Auto wären nicht weit entfernt. Im Notfall könnte ich abbrechen und schnell nach Hause zurückkehren. Also warum nicht? Mal schauen, ob ich mich morgen überwinden kann.

Donnerstag, 9. Juni 2011

Nach Regen im Wald

Heute war ich nach starkem Regen im Wald. Schön ruhig war es da, keine anderen Spaziergänger. Ich fühle mich wesentlich sicherer alleine unterwegs als noch vor wenigen Monaten. Nicht mehr bei jedem Geräusch zucke ich zusammen und drehe mich um, nur noch bei größeren Geräuschen.

Ich habe nach einem Stück Laubwald gesucht, in dem ich vielleicht mal eine Laubhütte bauen kann, um dann dort zu übernachten. Eine große Mutprobe. Am meisten habe ich Angst, ich könnte dort von freilaufenden Hunden aufgespürt und bedroht werden. Direkt danach kommt die Angst vor übelwollenden Menschen. Es ist halt alles Großstadtnähe hier. Zu viele Menschen im Umkreis. Richtig einsame Gegenden gibt es in Deutschland ja kaum.

Das erschwert es. Aber ich möchte unbedingt das Erlebnis Laubhütte mal ausprobieren. Und jetzt an den sehr langen Abenden im Juni/Juli wäre die am besten geeignete Zeit. Gut wäre es, wenn das Wetter nicht allzu freundlich wäre, dann wäre es ruhiger im Wald. Und ich würde mir wohl einen Wecker mitnehmen, um morgens mit den Vögeln aufzustehen. Es wäre auch eine Chance zur frühen Vogelbeobachtung, was sonst nicht so meine Zeit ist.

Als ich den Wanderweg verließ, um das Gebüsch zu erkunden, schreckte ich ein großes Reh nur wenige Meter neben mir auf, das dann panikartig tiefer in den Wald floh. Unaufmerksam wie ich bin, hatte ich es vorab nicht bemerkt. Von leisem Schleichen durch den Wald im Einklang mit den dort lebenden Tieren bin ich sehr, sehr weit entfernt.

Meine Regenkleidung hielt ebenso wie meine Schuhe die Nässe vom Körper ab. Das ist schonmal gut zu wissen. Aber die Kleidung ist zu bunt und macht zu viele Geräusche – nicht optimal im Wald, wenn man sich gerne auch wilden Tieren nähern will.

Ich spürte heute sehr stark meine Sehnsucht nach mehr Naturverbindung. Es wäre toll, wenn ich mich irgendwann angstfrei in der Natur aufhalten könnte. Heute steckt noch zu viel anerzogene Struktur in mir: „Achtung, verlasse nicht die Wege, das ist gefährlich und verboten. Geh nicht alleine in den Wald. Geh nicht abends an einsame Orte. Bleib lieber im sicheren Haus.“

Aber es IST sicher für Menschen in der Natur. Schließlich sind wir seit Jahrmillionen ein Teil von ihr (und sie von uns). Wir müssen uns nur wieder daran gewöhnen.

Mittwoch, 8. Juni 2011

Feuerbohren III

Ich mache weiterhin Experimente mit dem Feuerbohren. Letzte Woche schien ich einmal kurz davor, genug Glut in der Holzasche zu erzeugen, daß es mit einem Entzünden eines Feuernests hätte klappen können - aber ich hatte keines vorbereitet und verschob das Ganze.

Unterdessen bringt der gleiche Spindelbohrer (aus Fichtenholz) überhaupt keinen Qualm und keinen Holzstaub mehr hervor, er reibt nur im Loch und scheint die Holzporen glatt zu verschmelzen, aber ohne Verkohlung. Er sieht jetzt aus wie durchsichtig lackiert.

Mit einem neuen Bohrer aus Espen-Holz klappte es noch weniger. Nun bin ich ratlos. Ob es an der feuchten Witterung liegt, so daß das Holz einfach nicht trocken genug ist? Oder liegt es vielleicht daran, daß das Holz in meinem Badezimmer zu viel Feuchtigkeit gesogen hat?

Ich schnitzte einmal einen Bogen aus frischem Pflaumenholz, weil ich glaubte, das müsse den Halt der Spindel verbessern - aber Pustekuchen, sie schnellte nur noch schneller aus dem Loch heraus. Also muß es doch totes unflexibles Holz für den Bogen sein. Wenn der Bogen nicht straff genug ist, dreht sich die Spindel nicht zuverlässig. Also daran liegt es auch nicht, die Spannung muß da sein und damit dann auch genug Druck von oben mit dem Handstück, damit die Spindel nicht wegschnellt.

Ich nutze jetzt jede Gelegenheit, aus dem fahrenden Auto heraus nach Pappeln Ausschau zu halten. Heute brachte ich wieder einen toten Ast einer Espe mit, bei den Schwarzpappeln hatte ich diesbezüglich noch kein Glück. Zudem schleppe ich trockene Äste diverser Baumsorten an, um daraus Bogen oder vielleicht Bohrbretter herzustellen. Alles leider sehr zeitaufwendig, und schade, daß ich so langsam voran komme. Ich wäre so sehr gerne gerade bei diesem Thema erfolgreich.

tote Möwe

Ich sah eine tote Lachmöwe auf der Straße liegen, deren Federkleid noch weitgehend unversehrt war. Nach einigem Zögern drehte ich um, fuhr zurück und packte das tote Tier in eine Plastiktüte. Heute abend habe ich sie dann im Waschbecken zerlegt.

Ich weiß nicht recht, warum ich das gemacht habe, es drängte mich einfach dazu. Einerseits wollte ich wohl gerne die Federn an mich nehmen, einmal vollständig von einem Vogel. Dann wollte ich mir ansehen, wie der Flügel und das Federkleid aufgebaut sind, und auch mal ausprobieren, ob ich es aushalte, so einen toten Vogel auszunehmen.

Ich wußte nicht, wie es geht, rupfte einige Federn und schnitt dann mit einem Messer den Rumpf auf. Die Leber habe ich erkannt und das kleine Herz – das kenne ich ähnlich vom Weihnachtsgänsebraten. Ansonsten habe ich keinerlei Erfahrung mit toten Tieren.

Es roch nach warmem Blut und Eingeweiden. Die Möwe war auch im Tod noch wunderschön. Ein Wunder der Natur. Feine, weiße Flaumfedern überall, erstaunlich wenig Körper, wenig Gewicht. Zauberhafte Federn, leicht von Blut verschmiert. Ein Auge sah noch wach aus, Lieber hätte ich sie lebendig statt tot gesehen. Ich habe Vögel so lieb.

Sie war dem Straßenverkehr zum Opfer gefallen, nicht einem natürlichen Feind. Vielleicht hat sie Junge hinterlassen, die jetzt verhungern. Ich bin traurig.

Nachdem ich sie mir gründlich angesehen hatte, habe ich die Reste zusammengelegt und mit einem kleinen Blumenstrauß in meiner Restmülltonne „beerdigt“.

Sie war ja schon tot, als ich sie fand. Ich glaube, wenn die große Krise kommt, möchte ich lieber als Vegetarierin leben, bevor ich anfange, wilde Tiere zu töten, um zu überleben. Trotzdem ist die Konfrontation mit dem Tod gut für mich, glaube ich. Bisher hatte ich damit einfach zu wenig Berührung in unserer klinisch reinen Zivilisationswelt. Dabei gehört der Tod zum Leben. Mir scheint, er gibt Tiefe und Ernsthaftigkeit. Ich habe viel geweint heute abend.

Mittwoch, 1. Juni 2011

Feuerbohren II

31.5.11

Heute abend fuhr ich bei Regenwetter mit einigen Gartenwerkzeugen „bewaffnet“ eine Espe (= Zitterpappel) auf einem wilden Grundstück in der Nähe an. In Windeseile habe ich einen abgestorbenen Ast in einigen Meter Höhe abgesägt, in zwei Teile zerlegt und in meinem Auto verstaut. Das schadet dem Baum nicht, aber ich wollte trotzdem nicht unbedingt auf mein Treiben angesprochen werden.

Danach fuhr ich den Ort ab, fand noch einige Schwarzpappeln am Straßenrand, aber überall waren offenbar gründliche Baumpflegearbeiten durchgeführt worden zur Verkehrssicherung – keine toten Äste zu sehen, weder am Baum noch darunter. Dann soll es eben erstmal dieser eine wilde Baum sein, der mir sein Holz schenkt. Leider hat der Ast längs einen tiefen Riß, das erschwert die Sache etwas.

Bis ich diesen dicken Pappelast schmal geschnitzt habe, kann es Tage dauern. Also machte ich heute das Experiment mit der Fichtenspindel von gestern abend. Da sie nicht aus gutem Kernholz, sondern aus einem dünnen Ast geschnitzt ist, wurde sie nicht sehr regelmäßig.

Und trotzdem habe ich es nach wenigen Versuchen dahin gebracht, daß eine kleine Rauchwolke aufstieg und das Feuerbrett sich schwarz färbte. Auch diese Spindel sprang ständig aus dem Bogen heraus. Es ginge leichter, wenn sie exakter geschnitzt wäre. Aber erneut denke ich, daß ich auch am Bogen noch was verbessern könnte. Also bis zum nächsten Versuch.

In nur 4 Wochen soll ich ein neues Feuerbohrerset erstellen und damit möglichst auch noch erfolgreich üben. Das ist eine echte Herausforderung, auch mit zeitlichem Druck. Ich bin dankbar dafür! Ohne diese Aufgabenstellung würde ich weniger lernen.

Ich habe auch begriffen, wie hilfreich diese Aufgabe bei der Erkundung meiner umittelbaren Umgebung ist. Ich achte jetzt ganz automatisch darauf, welche Bäume wo am Straßenrand stehen und mir vielleicht auch für andere Zwecke später dienlich sein können.

Heute habe ich zwei Zecken entfernen müssen, die wohl schon seit gestern auf meiner Kleidung auf ihre Chance gewartet haben. Eine davon bekam ich nur ohne Kopf heraus, der stechende Juckreiz blieb. Spontan behandelte ich den Zeckenbiß mit Johanniskrautöl und einer Auflage aus zerquetschtem Spitzwegerich. Das war das, was ich „zufällig“ vorrätig hatte. Der Juckreiz ist unterdessen völlig verschwunden. Ob es die richtigen Mittel waren? Anscheinend schon, das habe ich intuitiv gemacht.

Feuerbohren I

30.05.11

Bei mir zu Hause sieht es langsam aus wie bei einem Waldschrat. Seit Monaten schon sammele ich bei jeder Gelegenheit Zundermaterial für das Feuermachen. Mit frischen Ideen vom Wildnis-Seminar zurückgekehrt und mit einem Berg an herausfordernden Hausaufgaben habe ich mich gleich heute an die Arbeit gemacht.

So galt es unter anderem, Pappeln in meiner Umgebung zu finden, die möglichst auch noch etwas Totholz abgeworfen haben sollten. Pappeln sind mir nicht sehr vertraute Bäume. Also habe ich erstmal nachgesucht und mir Blatt- und Baumform eingeprägt. Wo wachsen sie? Aha, feuchtigkeitsliebend und häufig verbreitet. Schnellwachsend, groß, sehr weiches Holz – ideal für das Erzeugen von glimmendem Holzstaub mittels Feuerbohrer.

Am Flüßchen fand ich keine Pappeln, nur einige hinter einer eingezäunten Pferdeweide. Dem Elektrozaun wollte ich mich nicht aussetzen. Stattdessen fand ich einen dicken Buchenast, der für das Handstück des Bohrers taugt, und zwei gute Feuersteine. Auch gut, ich nehme es gerne so, wie es kommt, wenn ich unterwegs bin.

Dann hörte ich noch die lauten Bettelrufe von Spechtküken und konnte kurz einen Elternteil beim Anflug auf die Höhle beobachten. Seit kurzer Zeit habe ich öfters so interessante Beobachtungen, stolpere auch über Kaninchen-Bauten (könnten auch vom Fuchs stammen, da kenne ich mich noch wenig aus) oder entdecke Vogelnester. Sehr bewegend, wie schnell sich die Wahrnehmung verändert, da ich mich endlich darauf einlasse. Früher habe ich auf Spaziergängen selten irgendwas „besonderes“ sehen können.

Nachdem es mit den Pappeln zunächst nicht klappte, suchte ich noch nach einem gebogenen Stück Totholz für den Bogen. Obwohl überall Äste herumlagen, war das gar nicht so einfach. Schließlich nahm ich zwei Fichtenäste mit und noch ein kleines Stück Fichte in Stiftform und der genau richtigen Länge für eine Spindel.

Zuhause schnitzte ich dann schnell und wenig genau eine Spindel aus dem weniger gut geeigneten Fichtenast. Ich möchte so schnell wie möglich meine ersten Solo-Erfahrungen mit dem Feuerbohrer sammeln.

Der erste Test erfolgte dann aber mit einem alten Set aus einem früheren Seminar. Ich probierte es auf die Schnelle in meinem Bad auf den Fliesen – da kann wenigstens nichts anbrennen.

Die zu dicke Spindel sprang aber immer wieder aus dem gespannten Bogen heraus. Ich verstehe nicht ganz, warum der Bohrer aus starrem Totholz sein soll – mit etwas mehr Flexibilität ginge das Einspannen der Spindel bestimmt viel leichter und sie würde nicht so oft herausspringen. Das werde ich bei späteren Experimenten berücksichtigen.

Der lange Bogen ist auch unhandlich für eine Person (normalerweise wird er von zwei Personen bedient, während eine dritte mit dem Handstück die Spindel auf das Brett klemmt), hier brauche ich einen neuen. Und auf dem glatten Boden rutscht das Brett zu leicht weg.

Immerhin gelangte ich dahin, daß heißer Holzstaub entstand und es leicht angekokelt roch. Ein erstes Erfolgserlebnis!

Mittwoch, 18. Mai 2011

Feuer-Übung

Hurra! Endlich durfte mir gelingen, was ich in diesem Jahr unbedingt erleben wollte: daß ich Feuer entzünde ohne Streichhölzer. Zum ersten Mal.

Ich habe dafür einen Magnesiumstab benutzt. Damit ist es leicht, einen Funkenregen zu erzeugen. Aber von diesen Funken zu einer offenen Flamme und von dort zu einem kleinen Feuer zu gelangen, ist nicht so einfach.

Ich hatte eine innere Haltung von Achtsamkeit und Dankbarkeit, war auch recht ruhig, nachdem ich zuvor im Garten gearbeitet hatte. Und so wollte sich die Flamme diesmal zeigen. Wie schön. Somit ist auch meine neue Feuerschale eingeweiht.

Damit ist die offene Aufgabe aus meinem ersten Wildnis-Seminar vor einem halben Jahr erfüllt. Das Feuernest aus Stroh, Samen und Birkenrinde, das damals nicht brennen wollte, brannte jetzt.

Demnächst werde ich dann mit Feuerstein und Stahl üben, das ist sicher noch viel schwieriger.

Jetzt habe ich so ein wunderbares, friedliches, stilles Gefühl. DANKE!

Sinne schärfen

Gestern hatte ich die Gelegenheit, schon nachmittags in den Wald zu gehen. Ich fand meinen jüngsten Sitzplatz nicht wieder. Nach dem zweiten vergeblichen Versuch, entschied ich mich, einfach erneut einen neuen Platz zu suchen. Es spricht für mangelnde Aufmerksamkeit, wenn ich so die Orientierung verliere. Auch für Unstetigkeit, wenn ich ständig neue Plätze aufsuche für meine Sitzplatzübung. Aber vielleicht muß es derzeit so sein, bis ich den „richtigen“ Platz gefunden habe?

Es geht bei mir bisher auch weniger darum, viele Tierbeobachtungen zu machen (meistens sehe ich keine), sondern eher darum, meinen Geist zu beruhigen. Gestern verlor ich mich beim Sitzen im Ausdenken von naturnahen Übungen. Eine davon probierte ich gleich im Anschluß aus. Ich habe das früher schon gerne gespielt.

Man suche sich eine halbwegs offene Fläche möglichst ohne dorniges Gestrüpp mit je einem Baum als Start- und Zielpunkt, mindestens 10m auseinander. Man präge sich die umgebende Natur etwas ein. Dann gilt es, mit geschlossenen oder verbundenen Augen von einem Baum zum anderen zu gelangen, was gar nicht so leicht ist.

Mir macht das Spaß. Es schult die Sinne, die sonst weniger Beachtung bekommen – Gehör, Geruch, Tastsinn - und das Gleichgewichtsgefühl, es führt zuweilen an die Grenzen von Angst oder Verwirrung. Wenn ich unerwartet in einem Gestrüpp lande, weil ich vom Weg abgekommen bin – suche ich dann weiter oder gebe ich gleich auf? Wie reagiere ich bei einem unerwarteten Geräusch? Hat der Vogel dort hinten noch den gleichen Platz, so daß mir sein Gesang eine Orientierung geben kann?

Ich war gestern weitgehend angstfrei, und da sehe ich schon den Erfolg der letzten Monate. Denn vor einigen Monaten fühlte ich mich noch „komisch“, wenn mich jemand am Wegrand sitzen sah, und ich zuckte bei jedem Knistern zusammen. Unterdessen bin ich unerschrockener. Gestern fühlte ich mich sicher, mitten im Gehölz ist mir bisher aber auch kein Mensch begegnet.

Ich hatte während dieses Spiels einige sehr dichte Erfahrungsmomente, als meine Aufmerksamkeit sehr nah im Hier und Jetzt und bei den Sinneseindrücken verweilte – bevor mich wieder irgendein Gedanke aus der meditativen Stille riß.

Interessant war, daß ich zweimal mein Ziel verfehlte, wobei ich einmal nur knapp daneben aufgab, das andere Mal völlig vom Weg abgekommen war. Danach probierte ich es barfuß. Und plötzlich hatte ich Erfolg. Meine Füße folgten problemlos dem schmalen leicht gewundenen Trampelpfad, der zwischen den Grasbüscheln grasfrei und überwiegend nur mit Fichtennadeln und Zapfen bedeckt war und etwa in die richtige Richtung führte. Einige kreuz und quer liegende größere Äste gaben zusätzlich Orientierung.

„Schuhe sind wie Augenbinden für die Füße“ – diese Aussage einer südamerikanischen weisen Frau fand ich so bestätigt. Wenn schon die Augen mal nichts sehen, ist es umso wichtiger, daß andere Sinne offen und empfänglich sind.

Es schafft eine tiefere Verbindung zu mir selbst und zur Natur. Denn wer kann schon richtig sehen? Unser Sehsinn ist korrumpiert durch massive Reizüberflutung und zudem durch die Neigung, alles was wir sehen, nur durch Denkschablonen wahrzunehmen: „das ist ein Baum“ – und schon haben wir vor dem geistigen Auge eine Schablone von einem Stamm, Ästen und vielleicht viel flächiges Grün, so wie ein Kind einen Baum malen würde, mehr ein Piktogramm als ein lebendiges individuelles Wesen. Die Schablone verhindert, daß wir den Baum sehen, wie er wirklich ist. Bei den normalerweise im Alltag weniger stark genutzten Sinnen ist das Risiko der schablonenhaften Wahrnehmung deutlich geringer.

Nach der Übung fühlte ich mich sehr weich. Da ich eh schon barfuß war, watete ich zum ersten Mal durch den kleinen Bach in der Nähe, der nach dem vielen Regen nun deutlich mehr Wasser führte. Kalt war es. Erfrischt kehrte ich zu meinem Auto zurück.

Montag, 9. Mai 2011

Federn

Von einer mehrstündigen Autofahrt zurückkommend fuhr ich heute direkt in den Wald. Anstatt sofort zu meinem Siztplatz zu gehen, gab ich meinem Bewegungsdrang nach und folgte einem kleinen Pfad entlang dem Bach, den ich neulich schon gesehen hatte. Das Gebiet wird offenbar von Kinder- und/oder Jugendgruppen genutzt, ich fand diverse Stellen, an denen sie Spuren hinterlassen hatten: eine Hütte aus Zweigen, eine Feuerstelle, ein Floß aus einem rieisigen halben Baumstamm, ein dickes Tau mit einem Holzgriff, um sich über den Bach zu schwingen. Dazu noch sehr viele Baumstämme, die offenbar als Brücke an verschiedenen Stellen dienen.

Auf diese Stämme traue ich mich derzeit noch nicht, aber ich habe zahlreiche kreuz und quer liegende „Kletterbäume“ zum Üben genutzt. Ich möchte gerne meinen Gleichgewichtssinn verbessern. Als Kind konnte ich problemlos freihändig über „Stock und Stein“ balancieren. Wenn ich wie heute unbeobachtet bin, kann ich ungehemmter balancieren, das macht mir so viel Spaß.

Dann fand ich einige sehr kleine Flaumfedern, die meine Neugier weckten. Ich suchte nach und nach mehrere Quadratmeter im Umfeld systematisch ab und fand schließlich eine ganze Tüte voller kleiner Flaumfedern. Es waren nur zwei kräftigere Federn von den Schwingen dabei. Wo ist der Rest geblieben? Die Federn waren offenbar vom Wind schon stark verteilt worden, und da es seit Wochen nicht geregnet hat, könnten sie schon länger dort gelegen haben. Die beiden Schwungfedern waren abgebissen, nicht gerupft. Daraus habe ich geschlossen, daß der Räuber wohl ein Säugetier war, ein Fuchs vielleicht. Vielleicht war es ein Jungvogel, der noch keine richtigen Schwungfedern ausgebildet hatte.

Nun machte mir mein kleiner Spaziergang so viel Freude, daß ich beschloß, dem Bachlauf weiterzufolgen und auf die Sitzplatzübung heute zu verzichten. Es ist gut, immer der inneren Eingebung zu folgen, nicht irgendeiner verstandesmäßigen Vorgabe. Das Gelände ist ein wunderbarer Spielplatz, für Kinder sowieso, aber warum nicht auch für Erwachsene? Wenige Spaziergänger sind dort zu erwarten (ich traf keine), weil die vielen quergelegten Baumstämme das Gehen behindern. Die Spaziergänger mit ihren Hunden sind auf der anderen Seite des Bachlaufs, bei der Pferdekoppel.

Ich ging weiter, bis der Wald an ein offenes Feld grenzte. Dahinter sah ich einen Wanderweg, den ich mir vorher auf der Karte angesehen hatte. Da ich keine Lust hatte, auf den offiziellen Weg zu gehen, folgte ich einem weiteren Trampelpfad durch den Wald entlang des Feldrands. Es war total schön da. Ich hörte viele Vögel, sah sie wie meistens zunächst nicht. Aber dann konnte ich einen Vogel hoch oben in einer Eiche beobachten. Er knabberte da irgendwas, evt. zupfte er an den jungen Blättern? Welche Vogel macht sowas? Ich konnte ihn nicht bestimmen, er war etwas kleiner als eine Amsel, mit recht langem dünnen Schwanz und bräunlich. Ich werde nachher meine Bestimmungsbücher wälzen, aber vermutlich habe ich zuwenige Details erspähen können.

Das beste kam noch. Ich stieß auf einen Reitweg, von dem ich nach Himmelsrichtung vermutete, daß er mich zu meinem Auto zurückführen würde. Da war es heute abend schön still. An einer Wegkreuzung sah ich dann etwas, was ich so noch nie im Wald gefunden habe: einen riesigen Haufen weißer Federn, rund um einen Baumstumpf verteilt. Ich schaute mir das Schlachtfeld an. Nur Federn, keine Reste von dem Vogel, der getötet wurde. Alle Federn fein säuberlich gerupft. Also war ein Greifvogel der Jäger.

Ich hatte es auch genau so geschildert bekommen: einige Greifvögel rupfen die Beute gerne auf einem Baumstumpf. Offenbar war kein Mensch vor mir an diesem Rupfplatz. Ich fing sofort an, die Federn einzusammeln. Ich möchte gerne später die Schwingen zusammenpuzzeln, um etwas darüber zu lernen. Also suchte ich alle größeren Federn und auch noch einige Handvoll Flaumfedern. Ich hielt das Opfer zunächst für eine Taube, da sah ich, daß etliche kleine Federn einen sehr schönen grünen Schimmer hatten, einige auch einen dunkelroten. Ansonsten nur weiße oder schwarz-weiß gescheckte Federn. Eine Ringeltaube? Aber die hat doch ein graues Deckgefieder, das kann es wohl nicht sein. Ich werde auch hierfür ein Bestimmungsbuch bemühen müssen.

Als ich diesen Berg Federn einsammelte und mir bewußt wurde, daß es kein Zufall ist, sondern daß ich von meiner Intuition hierhin geführt wurde, erfüllte mich ein sehr starkes Glücksgefühl. DAS ist meine Welt, HIER lebe ich auf. Ich möche so gerne alles lernen über Zusammenhänge in der Natur. Und ich möchte vor allem die Natur erleben, mit allen Sinnen. Dieser Wald, obwohl nur auf kleiner Fläche, ist wunder-, wunderschön. Ich gehöre hierhin, in diesen Wald, und ich möchte ihn noch viel besser kennenlernen.

Der innere Druck – „was nur soll ich mit/nach dieser Weiterbildung anfangen“ – ist zurückgegangen. Ich mache das zunächst mal für mich selber. Wenn ich sooo glücklich sein kann im Wald, dann möchte ich ihn so oft wie möglich aufsuchen. Es ist ganz klar, daß es für mich der richtige Weg ist. Wo auch immer er mich hinführt.

Das war ein magisches Erlebnis heute. Dieser riesige Haufen weißer Federn: unschuldig und rein, obwohl sie doch Zeichen einer Tötung waren. Aber wenn der Tod wie hier im Einklang mit der Schöpfung erfolgt, weil einfach ein Vogel einen anderen tötet, um ihn als Nahrung zu nehmen, dann empfinde ich den Tod als heilig. Mich macht der Tod sehr still und weit.

Dienstag, 3. Mai 2011

Arbeit deckt Ego-Muster auf

Am Arbeitsplatz gerate ich seit einiger Zeit öfters an persönliche Grenzen: z.B. Offenbaren persönlicher beruflicher Schwächen, Zugeben von Unkenntnis/Unwissen, Bekenntnis zu eigenen Positionen auch gegen Widerstände, mir stark zusetzende Konflikte mit Kollegen. Ich finde das gut! Ich bin jetzt stark genug, das nicht nur auszuhalten, sondern auch zu einer Erweiterung meiner Grenzen zu nutzen.

Uralte Konfliktthemen kochen dabei hoch. Mir wird dabei immer deutlicher, daß z.B. "hilflose Wut" ein uraltes Muster von mir ist, das ich bei allen möglichen Gelegenheiten an Menschen hefte, mit denen ich zu tun habe. Es ist aber MEIN Muster, die anderen geben zwar irgendeinen äußeren Anlaß, sind aber letztlich nur Sündenböcke für mich.

Ich WILL dieses Muster (und andere) jetzt ENDLICH auflösen! Und ich bete darum, daß ich stark genug sein möge, der Wahrheit ins Auge zu sehen. Ich bin jetzt dazu bereit. Ich möchte mich sehr gerne erinnern, woher dieses Muster stammt. Vermutlich liegt irgendein noch völlig unverarbeitetes (und bisher nicht erinnertes) traumatisches Kindheitserlebnis dem zugrunde.

Ich möchte frei sein!

Montag, 2. Mai 2011

Begegnung im Wald

Ich war mal wieder eine Stunde auf meinem neuen Sitzplatz im Wald. Es war schon spät, zur Zeit des Sonnenuntergangs, nur die Baumwipfel waren noch beschienen. Ziemlich kalt. Keine Mücken diesmal. Einige Vögel waren zu hören, aber keiner hat sich mir gezeigt.

Als ich mich setzte, war da zunächst Traurigkeit. Ich konzentrierte mich auf meine Gefühle und versuchte, tiefer zu schauen. Welches Gefühl ist da, und welches Gefühl liegt noch tiefer? Die Kette bei mir war heute: Traurigkeit, Nicht-Wahrgenommen-Werden, Selbstverachtung, Scham, Schuld. Weiter gelang ich nicht. Es lösten sich viele Tränen.

Mir wurde klar, daß ich mich selbst steif und hart gemacht habe, um nicht spüren zu müssen, was anscheinend mal unerträglich war. Und diesen Panzer trage ich noch heute. Er verursacht Schuld mir selbst gegenüber. Ich habe mich damit eingesperrt.

Ich blickte auf und sah eine junge Traubenkirsche vor mir, die sich gerade sanft im Wind verneigte. Das rührte mich. Darum gehts bei mir. Wenn der Wind weht, kann ich mich einfach sanft oder auch mal unsanft vom Wind bewegen lassen. Es gibt keine Notwendigkeit, Widerstand zu leisten.

Ich sprach dann noch ein stilles Gebet, erst ein Bittgebet, anschließend ein Dank.

Danach war ich wieder einigermaßen im Frieden und konnte mich auf die Natur um mich herum einlassen.

Mir fiel auf, daß die Kiefern nicht mehr knistern. Wochenlang haben sie immer geknistert, ich bin nicht dahintergekommen, woran es liegt. Ob es was mit dem Frühlingserwachen zu tun hat, vielleicht Zapfen, die sich öffnen? Heute waren sie still. Kein Knistern mehr.

In nicht allzu großer Ferne ab und zu Kinderlachen, ein Pferd, das geritten wird, ein anderes auf der Wiese hinter dem Bach, das wieherte. Auch mal Hundebellen in der Ferne. Ich sitze nicht weit ab von einigen Wanderwegen und einer Straße, aber weit genug ab, um nicht gesehen zu werden, solange nicht andere Menschen so wie ich durch den Wald schleichen.

Wilde Tiere wollten sich mir heute nicht zeigen. So lauschte ich nur still und versuchte, die Gedanken zu lassen. Wenn die Gedanken mal für ein paar Augenblicke schweigen, ist sofort mehr Wahrnehmung da.

Als eine Stunde vorbei war und die Kälte doch etwas unter meine Kleidung gekrochen war, stand ich vorsichtig auf und folgte dem Gesang eines Vogels, den ich schon eine Weile gehört hatte. Endlich eine Gelegenheit, mal den Fuchsgang zu üben. Leise Schleichen war mir bei den vielen trockenen Ästen und Laub auf dem Waldboden leider kaum möglich. Trotzdem ließ mich der Vogel immer näher kommen.

Endlich klang der Gesang so laut, als sei der Vogel direkt vor mir. Ich konnte ihn nicht finden, nichts zu sehen in der Dämmerung. Eine ganze Weile suchten meine Augen vorsichtig die Bäume vor mir ab. Endlich sah ich ihn. Er saß auf einem Ast einer Kiefer ganz knapp vor und nur wenige Meter über mir, getarnt gegen den Stamm, was ich nicht erwartet hatte. Ein Rotkehlchen! Wunderschön sang es.

Es flog auf und landete direkt über mir. Ergriffen blieb ich stehen und lauschte noch eine ganze Weile. Dann schlich ich vorsichtig davon, um das Rotkehlchen nicht weiter zu stören. Schönes Erlebnis. Wenn dort sein Revier ist, kann ich es vielleicht noch öfter beobachten.

Auf dem Rückweg zum Auto, unterdessen war es schon recht dunkel, folgte ich mit schnellen Schritten einem Weg, als mir plötzlich auf dem Weg ein Tier entgegenlief. „Ein Wolf!“, fuhr mir in der ersten Schrecksekunde durch den Kopf. ANGST! „Nein, ein Hund, ein großer Hund“, war der zweite Gedanke, was meine Angst nur unwesentlich verringerte. „Ok, ich gehe weiter und lasse mir meine Angst nicht anmerken“. In dem Moment sprang das Tier zur Seite ins Gebüsch und verschwand. Von der Seite sah es aus wie ein Reh. Es muß dann aber wohl ein junges Reh gewesen sein, denn es schien mir kleiner als hüfthoch zu sein.

Schade, daß ich mir durch meine Angst eine mögliche Begegnung verunmöglicht habe. Beim nächsten Mal könnte ich ja mehr am Wegrand gehen, vorsichtig, und bei Beobachtungen sofort stehenbleiben. Dazu war heute meine Angst zu groß.

Dienstag, 26. April 2011

neuer Wald-Sitzplatz

Heute habe ich mir einen neuen Sitzplatz im Wald gesucht – uneinsehbar von den umgebenden Wanderwegen. Endlich habe ich mal eine ganze Stunde ausgehalten. Die Mücken waren lästig, aber das kenne ich ja aus dem Norden, habe es also ertragen. Der Wald ist unglaublich friedlich und still – wenn ich nur mal selber zur Ruhe komme. Meine Seele brütete gerade mal wieder etwas auf. Ich spürte eine ohnmächtige Wut, kam aber nicht näher an das Gefühl heran. Irgendwann legte es sich etwas, und es wurde friedlicher in mir.

Es dauerte lange, bis die ersten Vögel sich in meine Nähe trauten. Einen Specht sah ich, aber nur aus der Ferne, Rabenkrähen, die den Wald überflogen, eine Taube. Und eine kleine Meise, die in einem Busch ganz nah zwitscherte.

Nachher ging ich weiter zu einem kleinen Bachlauf in der Nähe. Auf dem Weg dahin fand ich eine sandige Stelle mit Hummeln, die dort wohnen. Und ich fand etwas, das ich noch nie gesehen habe: etwas, das aussah wie ein Vogelnest, aber auf den Kopf gestellt und auf dem Boden, an einem Kieferstamm. In diesem Bau war ein recht großes Loch. Welches Tier baut sich aus recht dicken Holstöcken und wenig Moos ein Nest am Boden? Ich werde nachforschen. Diese Entdeckung war sehr spannend. Für eine Maus war es viel zu groß. Vielleicht ein Fuchs? Aber ich dachte, daß der sich in die Erde gräbt. Ich weiß erschreckend wenig über das Leben der Säugetiere im Wald, stelle ich gerade fest.

Am Bachufer suchte ich nach Spuren im Matsch. Und fand einige Spuren von Rehen. Die wagen sich also nahe an die Menschen heran, denn auf der anderen Seite ist eine Pferdeweide und ein Wanderpfad und die Straße ist auch nicht fern.

Mir hat dieser kleine Ausflug heute sehr viel Freude gemacht. Als ich dann am späten Abend noch nach viel Rascheln in der Hecke einen Igel im Garten entdeckte, war die Freude nochmal größer. Natur ist schön. :-)

wildes Gemüse

Folgende Wildpflanzen habe ich in diesem Jahr schon probiert bzw. teilweise in größeren Mengen gegessen: Löwenzahn, Giersch, Knoblauchrauke, Gundermann, Vogelmiere, Portulak, Brunnenkresse, Schafgarbe, Spitzwegerich, Goldnessel, gelbe Taubnessel, Brennessel, Sauerklee, Lindenblätter, Buchenblätter, Birkenblätter, Bärlauch (gekauft).

Das Angebot ist jetzt im Frühjahr so reichhaltig, das ist unglaublich. Viel gesünder als gezüchtetes Gemüse, und dann macht es auch noch so viel Spaß, alles zu sammeln und zu verarbeiten.

Im städtischen Umfeld mag ich keine Kräuter von Wiesen oder Wegrändern sammeln. Da sind mir zu viele Hunde unterwegs, sowie Müll und Abgase. Aber die jungen zarten Baumblätter sammele ich auch in der Stadt. Wenn sie sich entfalten, sind sie noch ganz rein, konnten noch nicht so viele Schadstoffe aufnehmen. Ich wasche sie dann zusätzlich. Was ich nicht sofort verzehre, wird getrocknet für spätere Verwendung als Tee.

Das Trocknen mache ich ganz unkompliziert auf einem Glastablett, das im Wohnzimmer auf dem Boden vor dem Fenster liegt - anderswo fehlt mir der Platz. Nach 1-2 Tagen sind die Kräuter trocken, dann kommen sie in beschriftete Butterbrotbeutel, so daß sie weiter atmen können ohne zu schimmeln. Unterm Küchentisch stapeln sich Kisten mit Bergen dieser Butterbrotbeutel. Ich verbrauche zu wenig, müßte meinen Sammeldrang also beschränken. Nur das Sammeln, was ich selber auch in einem Jahr verbrauche. Aber da geht es mir wie mit anderen Dingen auch: ich sammele zu viel.

Diesem zarten jungen Grün kann ich nicht wiederstehen. Noch nie habe ich so genau auf die Blattaustriebe der Bäume geachtet, um nichts zu verpassen. Auch für äußerliche Anwendungen lassen sich Blätter finden: Espe, Kastanie, Eiche. Diese Baby-Blätter haben oft einen ganz zarten Flaum, fühlen sich wunderschön an. Ich will auch die Blüte der Bäume mal beobachten, das habe ich noch nie (bis auf so auffallende wie Kastanienblüten).

Sonntag, 17. April 2011

Coyote Mentoring

Mein zweites Wildnispädagogik-Wochenende war überwältigend. Ich bin so voll von Eindrücken, daß ich kaum weiß, wo ich mit dem Schreiben beginnen soll.

Ich habe die Lehr- und Lernmethode des Coyote Mentoring kennengelernt. Die ist völlig anders als der aus der Schule gewohnte Frontalunterricht. Hier wird Neugierde geweckt und mit Fragen wird der Schüler dazu motiviert, selber nachzuforschen, selber Lernerfolge zu erzielen.

Unterdessen stelle ich Parallelen fest. Als ich im 3. oder 4. Schuljahr war, hatte ich das Glück, ein anderes Schulsystem (als das deutsche) zu besuchen. Und dort wurden genau solche Methoden angewandt.

Ich erinnere mich, daß wir alleine oder zu zweit eine Aufgabe bekamen, ein Referat zu beispielsweise einem Tier vorzubereiten. Wir durften selbständig in der Schulbibliothek Bücher dazu lesen und Materialien suchen. Die Fakten oder die kleine Geschichte wurden auf Folien geschrieben und auf dem Overhead-Projektor der ganzen Klasse präsentiert. Kopien dieser Vorträge wurden später an alle ausgeteilt, so daß am Ende jeder eine Sammlung hatte.

Genau diese Aufgabe wurde uns jetzt auf dem Seminar auch als Hausaufgabe gestellt. Damals schrieb ich über das Eichhörnchen. Diesmal werde ich über den Erlenzeisig schreiben.

Als Kind war ich unglaublich stolz auf meine Arbeit. Es war toll, daß uns zugetraut wurde, „den Unterricht“ selber vorzubereiten.

Ich erinnere mich auch, daß wir mit Lupe ausgerüstet in den Wald gingen, um Moos und kleine Tiere zu untersuchen.

Mehrmals im Jahr gab es einen Wandertag. Der war aber nicht so langweilig, wie ich das aus deutschen Schulen kenne: wir bekamen genaue topographische Karten in kleinen Teams, suchten den Weg im Wald, der mit bunten Plastikbändern markiert war, und an Kontrollpunkten mußten wir mit einer Stecknadel genau den Punkt unseres aktuellen Orts markieren. Jeder Meter Abweichung bedeutete einen Punktabzug. Im Alter von 8-10 Jahren konnten wir also schon Karten lesen und uns im Gelände orientieren.

Manchmal gab es auch Stationen mit irgendwelchen Aufgaben, oder wir mußten im Wald versteckte Tafeln mit Buchstaben suchen, die dann später zu einem Lösungswort zusammengesetzt werden mußten.

Andere Aktionen fanden mit Mülltüten bewaffnet statt: wir reinigten nach dem langen Winter die Wald- und Wegränder von Müll.

Findet so etwas wenn schon nicht an Grundschulen, dann zumindest an deutschen Kindergärten statt? Heutzutage vielleicht manchmal schon, aber gewiß noch nicht flächendeckend.

Ich kann mich gut erinnern, wie begeistert ich davon war, und wie sehr ich mich wertgeschätzt fühlte. Das sind sehr schöne Kindheitserinnerungen.

Ja, ich weiß aus eigener Erfahrung, wie natürliche Lehrmethoden wirken. Ganz ähnlich wie beim Coyote Mentoring.

Vielleicht dient diese Weiterbildung ja vor allem dem Zweck, meine kranke Kinderseele zu heilen. Durch den Umzug nach Deutschland zurück ist damals etwas in mir abgerissen. Die Wunde ist bis heute nicht verheilt, ich sehne mich nach diesem „Paradies meiner Kindheit“ zurück. Und jetzt kommt ein wenig des damaligen Geistes zu mir zurück. Das ist so schön. Ich bin sehr dankbar. :-)