Montag, 30. November 2009

Handeln oder Loslassen?

Heute bin ich mit schlechter Laune aufgewacht. Aber immerhin bin ich einigermaßen zeitig aus dem Bett gekommen und habe auch 20 min. Yoga gemacht. Auf der Fahrt zur Arbeit habe ich wieder in "Reines Sein" gelesen. Einen kleinen Zugang habe ich ja unterdessen gefunden, aber insgesamt ist dieses Buch für mich immer noch eine einzige Zumutung.

"Es gibt keinen Handelnden". Das ist eine hochrangige Zumutung. Es gibt also gar nichts, was ich tun kann, weil es erstens kein ICH gibt, und weil sich zweitens alles von alleine tut. Ich glaube, die moderne Wissenschaft nähert sich einer solchen Sichtweise (ich verfolge so etwas nicht, aber manchmal habe ich doch irgendeinen Artikel gelesen): die Entscheidungen werden unbewußt getroffen, und nachher denkt man darüber nach und bildet sich ein, die Entscheidung bewußt getroffen zu haben. Der, der denkt, ist das Verstandes-Ich, das es sowieso nicht gibt. Soweit war ich ja schon seit einigen Wochen.

Mein Gehirn ist aber seit über 40 Jahren falsch konditioniert worden, und deshalb kapiere ich diese neuartigen Gedankengänge nicht. Ich mußte in den letzten Tagen öfter an eine Science-Fiction-Kurzgeschichte denken, die ich als Kind gelesen habe. Ich erinnere mich nur an ein zentrales Motiv dieser Kurzgeschichte: ein kleines Kind findet ein technisches Spielgerät, eine Art Denksportaufgabe, einer außerirdischen Zivilisation. Durch das Ausprobieren und langwierige Lösen dieser Aufgabe wird das Kind "nicht-euklidisch" konditioniert, es lernt eine andere Geometrie und eine ganz andere Denkweise kennen, die nicht der menschlichen entspricht. Die Eltern dieses Kindes kapieren gar nichts, sie können mit diesem Spielgerät nichts anfangen, denn sie sind zu sehr in ihren Konditionierungen verhaftet. Am Ende findet das Kind einen Zugang zu der außerirdischen Zivilisation, wenn ich das richtig erinnere.

Ich komme mir vor wie diese Eltern, die es nicht schaffen, ihr Gehirn noch umzuprogrammieren. Andererseits beschleicht mich manchmal der Gedanke, daß in "Reines Sein" viele komplizierte Worte um etwas gemacht werden, das eigentlich viel einfacher ist. Vielleicht komme ich der Sache, um die es geht, nämlich dem SEIN, viel näher, wenn ich dieses Buch einfach zuklappe und beiseitelege, und mal ein paar Wochen einfach LEBE und mich auf meinen Alltag konzentriere.

"Wie kann das, was sich von selbst einstellt, erreicht werden? Nur indem aufgeräumt und gewartet wird – gelassen, gleichmütig und ohne Gier und Leidenschaftlichkeit." (S. 282)

Das könnte ich ja mal als Handlungsanleitung nehmen, auch wenn es angeblich keinen Handelnden gibt. Ich könnte mich in meiner wenigen Freizeit in den nächsten Wochen einfach auf die Entrümpelung meines Hauses konzentrieren. Das ist sowieso ein ernster innerer Auftrag an mich seit meiner Visionssuche im Sommer. Und ich hatte kürzlich auch nochmal einen Traum, in dem es eindeutig um die dringend notwendige Entrümpelung ging.

Ich habe mit der Entrümpelung vor einigen Wochen auch schon begonnen. Das Loslassen fällt mir sehr schwer, es ist schmerzhaft. Aber es ist dringend notwendig, denn ich ersticke in meinem in Jahrzehnten aufgehäuften Krempel. Jede kleine Insel in meinem Haus, die schon ein wenig aufgeräumter aussieht, atmet eine andere Energie, schenkt ein wenig mehr Klarheit. Dort weiterzuarbeiten, ist vielleicht lohnender als den Kopf mit Gedankengängen zu quälen, für die er nicht reif ist.

Vor dem Fenster hängt eine Blaumeise in der Birke und knabbert an den Fruchtständen. Tiere haben es gut, sie müssen sich nicht so viele Gedanken machen.

Sonntag, 29. November 2009

geschärfte Sinne

Bereits seit vielen Monaten verzichte ich weitgehend auf Ablenkungen durch Fernsehen, Radio und Zeitungen, informiere mich nur sporadisch im Internet über die aktuelle Nachrichtenlage.

Wenn man sich auf diese Art Reize entzieht, schärft es die Sinne. Eine Fernsehsendung verfolge ich derzeit: die Unterhaltungssendung "Das Supertalent". Dort treten tatsächlich einige sehr talentierte Menschen auf, die mit sehr viel Herzblut engagiert ihre Live-Auftritte absolvieren. Das ist mal keine Konserve und kein Playback. Mich haben gestern einige der Beiträge sehr berührt, ich hatte eine Gänsehaut.


Heute morgen überbrückte ich eine Wartezeit mit einem ungeplanten Spaziergang in einem Waldabschnitt, den ich bisher nicht kannte. Am Rande eines militärischen Übungsgeländes traf ich dort auf eine relativ unberührte Natur. Ich habe mich dort sehr wohlgefühlt, habe spontan die Handflächen halb geöffnet vor mich gehalten. Ich mache das manchmal, weil ich dann die Energie des Orts auf irgendeine unbewußte Art stärker wahrzunehmen scheine. Alle Fingerspitzen haben stark gekribbelt. Das Gefühl kenne ich nicht, das war neu und interessant. Leider lenkte mich ein Spaziergänger mit einem freilaufenden Hund bald ab, ich kehrte um. Diesen Ort werde ich aber gewiß nochmals aufsuchen.


Den größten Teil des heutigen Tags habe ich mit Arbeiten im Haushalt und im Garten verbracht, auch einige Arbeiten, die ich ungern mache und gerne vor mir herschiebe. Die Entscheidung zwischen einer sportlichen Aktivität oder einem frisch hergestellten Gemüsegericht fiel heute anders als am letzten Sonntag zugunsten der gesunden Ernährung aus. Leider reicht meine freie Zeit nie für alle Dinge, die mir wichtig sind, es gibt einfach immer viel zu viel Arbeit zu tun.

Erst jetzt am Abend finde ich langsam wieder etwas zu innerer Ruhe. Das wird auch Zeit, denn morgen geht die unruhige und anstrengende Arbeitswoche wieder los.

Ich-Illusion

Ich hatte einige Zeit keinen Zugang zu einem Rechner, deshalb möchte ich jetzt etwas zu den letzten 1-2 Tagen nachtragen. Ich habe viel in "Reines Sein" gelesen. Die erste Auswirkung war, daß ich die vorige innere Gelassenheit verließ und in quälende Gedankenschleifen fiel. Etwas paradox, daß ein Buch, das vom Sein handelt, mich von meinem Sein wegbrachte. Irgendetwas an diesem Buch lag mir völlig quer.

In der Folge befielen mich auch erneute Zweifel, ob ich mit meiner Bewerbung für die Phönix-Schule das Richtige tue. Und ich fragte mich ebenfalls erneut, ob die Privatsphäre nicht doch schützenswert ist, mein ganzes bisheriges Leben lang war mir das schließlich sehr wichtig. Und mit diesem öffentlichen blog fühle ich mich zeitweise sehr ausgeliefert, auch wenn die Öffentlichkeitswirkung bisher sehr gering ist.

Die innere Krisenstimmung hielt etwa 24 Stunden an, während derer ich immer wieder einzelne Abschnitte in dem Buch nachlas und zu verstehen versuchte. Denn schon das gedankliche Nachvollziehen fällt mir sehr schwer, von vergleichbaren Erfahrungen ganz zu schweigen.

Schließlich stieß ich auf eine Beschreibung, die ich bisher übersehen hatte: Gerd-Lothar Reschke beschreibt dort sehr detailliert seine persönliche Erfahrung, wie sein Ich sich in einem längeren Prozeß zeitweilig ganz aufgelöst bzw. als nicht existent herausgestellt hat. Mich hat seine Schilderung sehr berührt, und in dem Moment ist der Funke übergesprungen. Es ging mir schon mit dem ersten Band der Reihe so. In dem Moment, in dem ein Mensch authentisch seine eigene Erfahrung darstellt, wird die ganze Theorie konkret und handfest.

Es geht hier nicht um eine neue Weltanschauung, sondern es geht um konkrete Erfahrungen in der Realität, die prinzipiell auch von jedem anderen Menschen in ähnlicher Weise wiederholt werden können. Ein individuelles Ich gibt es demnach nur im Rahmen der Rolle, die wir hier in dieser Welt spielen. Beim Tod lassen wir dieses Ich - das sich dann als Illusion erweist - los, einzelnen Menschen gelingt dies aber schon früher, und sie leben dennoch weiter!

Für mich ist das natürlich immer noch Theorie, da ich keine entsprechenden Erfahrungen gemacht habe, aber das trifft ja auch auf vieles andere "Wissen" zu. Wenn ich eine geschilderte Erfahrung für glaubwürdig und authentisch halte (und das ist hier der Fall), dann kann ich sie für mich als Theorie übernehmen und versuchen, mich in eine Richtung zu bewegen, in der ich sie mit eigenen Erfahrungen verifizieren kann.

Bisher habe ich mich an die Vorstellung geklammert, daß es so etwas wie eine individuelle Seele gibt, die sich im Verlauf des Lebens (oder mehrerer Leben) weiterentwickelt auf ein Ziel hin. Und so müht man sich damit ab, sich selbst weiterzuentwickeln und zu verbessern, und scheitert doch immer wieder an den eigenen Zielvorstellungen.

Ich habe jetzt erst verstanden, warum der Verzicht auf die Vorstellung eines individuellen Selbst, einer individuellen Seele, auch einen gewissen Trost beinhaltet (und nicht nur sinnlose Leere, wie ich bisher befürchtete): wenn mein aktuelles ICH, meine aktuelle Persönlichkeit, nur eine Rolle ist, die ich während dieses Lebens spiele, die ich aber nicht selber BIN, dann entlastet mich das von dem ganzen Weiterentwicklungszwang. Es entlastet mich davon, etwas werden zu müssen, was nicht zu meiner Rolle paßt. Körper und Persönlichkeit sind nicht beliebig formbar, sondern nur eingeschränkt beeinflußbar. Wenn ich mich mit beidem nicht identifzieren muß, da ICH SELBST außerhalb bin, in einer ganz anderen Ebene, dann versöhnt mich das mit meiner Rolle. Es löst meine inneren Widersprüche schlagartig auf.

Ich kann mich jetzt einerseits darauf konzentrieren, meine Rolle gewissenhaft weiterzuspielen (was ich bisher in Teilen verweigert habe, weil mir diese Rolle so schlecht gefällt), und kann andererseits innere Distanz zur Rolle finden und selber nach einer Erfahrung suchen, die mich in Kontakt zu meinem WAHREN SELBST bringt, das die Einheit ist, und kein getrenntes Selbst.

Ich bin jetzt also wie eine Schauspielerin, die auf der Bühne in eine bestimmte Rolle schlüpft und diese so gut wie möglich auslebt, die nach dem Aufführungsende diese Rolle aber wieder ablegt, und zurück zu sich selbst findet. Diese Vorstellung, die mich bisher abgeschreckt hat, finde ich jetzt befreiend.

Die starke Sehnsucht, die mich seit Monaten zur Selbsterkenntnis antreibt, deute ich jetzt als Sehnsucht nach Erkenntnis meines wahren Selbst. Was ich bisher für "Selbsterkenntnis" gehalten habe, sollte ich besser mit "Ich-Erkenntnis" benennen, denn da ging es immer darum, einzelne Schichten der Ich-Persönlichkeit abzustreifen oder besser zu durchschauen.

Wenn das Selbst aber völlig außerhalb ist, dann habe ich hier zwei getrennte Vorgänge. Einmal geht es immer noch darum, dem ICH weiter auf die Spur zu kommen, um möglichst natürlich und ungekünstelt die Ich-Rolle weiterzuspielen (und sich diese nicht unnötig kompliziert zu machen). Und zum anderen geht es darum, zu MIR SELBST heimzukommen. In einzelnen Erkenntnisblitzen kenne ich das Gefühl von Heimkommen zu mir selbst bereits. Ich habe dafür zeitlebens bestimmte Naturerfahrungen gesucht, die schwierig zu erlangen waren. Jetzt suche ich das Heimkommen zu mir selbst in oder am Rande meines ganz normalen Alltags.

Als Hinweise, wie ich zu meinem wahren Selbst finde, habe ich bisher verstanden: Ablösung von der Identifikation mit dem ICH, Ablösung insbesondere vom Verstand, Ablösung vom Körper, Ablösung auch von der Identifikation mit dem Beobachter (daran scheine ich noch zu haften), und dann Leben im Hier und im Jetzt.

Da das wahre Selbst aber außerhalb von Raum und Zeit ist, kann im Hier und Jetzt trotzdem nur die Rolle gelebt werden, oder habe ich da was mißverstanden? Ich werde mich weiter um ein Verständnis bemühen. Zunächst bin ich sehr erleichtert, daß ich einen ersten Zugang zu dem Buch "Reines Sein" gefunden habe, und daß ich eine neue Sinn-Perspektive für mein Leben erahne.

Freitag, 27. November 2009

kleines Erfolgserlebnis

Geht doch. Ich konnte einige Stunden konzentriert arbeiten, und das sogar fast ohne Kopfschmerzen. Der innere Druck ist deutlich reduziert, ich bin jetzt gelassener als die ganze Zeit, in der ich vergeblich versucht habe, mich zur Konzentration zu zwingen.

Ich bin mit meiner Programmieraufgabe etwas vorangekommen. Es geht immer noch sehr langsam, weil mir ziemlich viele Fehler unterlaufen, die ich dann recht mühsam suchen und beheben muß. Das ist eine Folge mangelnder Übung, und ein Zeichen, daß meine Konzentration noch schwach ist.

Fürs erste wäre ich schon sehr froh, wenn ich jeden Tag einige Stunden gut arbeiten könnte. Danach müßte ich das dann langsam steigern.

Ich bin heute recht gut bei mir selbst. Während des Denkens nicht, aber sobald ich den Blick vom Bildschirm abwende, bin ich wieder da. Und ich fühle mich recht gut. Heute morgen bin ich sogar mit einem intensiven Glücksgefühl aufgewacht. So etwas nehme ich immer gerne wie ein Geschenk an, es bietet etwas Erholung nach den vielen unangenehmen Gefühlen, die ich in der letzten Zeit durchlebt habe.

Arbeitsmotivation

Ich möchte mein Arbeitsmotivationsproblem nochmal von einer anderen Seite beleuchten: es ist ein gutes Gefühl, etwas geleistet zu haben. Es ist ein gutes Gefühl, eine Sache gut und richtig gemacht zu haben. Diese Erfolgsgefühle versage ich mir, wenn ich Leistung am Arbeitsplatz verweigere. Ich möchte mir mein Gehalt auch eigentlich nicht mit Minderleistung erschleichen, das fühlt sich dann nicht gut an. Es ist dann nicht rechtschaffen verdientes Geld.

Ich finde meine Arbeit unterdessen sehr hart, sehr schwer, weil ich Denken so unglaublich anstrengend finde, und weil Denken mich von mir selbst wegführt. Aber dafür verdiene ich ja auch recht gut. Ich kann nicht beides haben: eine Arbeit, die mir nur Freude macht, und bei der ich auch noch gut verdiene.

Ich mag gerne ein gutes Einkommen haben. Es gibt mir gewisse Freiheiten, die ich sonst nicht hätte. Es ermöglicht Reisen oder den Besuch von Seminaren. Es ermöglicht, eine gute private unabhängige Altersvorsorge durch Sparen und Investieren aufzubauen. Es schenkt mir vielleicht später einmal finanzielle Freiheit.

Wenn ich auf das gute Einkommen nicht verzichten will, muß ich auch den dafür notwendigen Einsatz bringen. Bisher konnte ich mich gut durchmogeln, meinen Privatinteressen am Arbeitsplatz nachgehen, und es gab natürlich auch die tatsächliche partielle Arbeitsunfähigkeit, aber beides würde ich gerne hinter mir lassen, oder zumindest eine Mischung finden, mit der ich mein Gewissen zufriedenstellen kann. Derzeit bin ich in einem ständigen Gewissenskonflikt, der mich zermürbt.

Ich habe ein kombiniertes Konzentrationsfähigkeits- und Motivationsproblem, ich möchte mich um beide Teile kümmern.

Es ist gleich Mittag, und ich habe heute noch nichts geschafft. Ich konzentriere mich für die nächsten Stunden auf meine aktuelle Programmieraufgabe, ich möchte damit endlich vorankommen.

Donnerstag, 26. November 2009

Unzufriedenheit mit dem Tag

Heute war ein gutes Beispiel für einen Tag, wie ich ihn nicht mehr haben möchte. Es fing damit an, daß ich übermüdet zu spät aus dem Bett kam. Der dadurch entstehende Zeitdruck verhinderte, daß ich genug Motivation aufbaue, um den Tag mit Yoga zu beginnen.

Am Arbeitsplatz fand ich erst am Nachmittag zu einem Arbeitsrhythmus. Das lag diesmal nicht an mangelnder Konzentrationsfähigkeit, sondern an mangelnder Motivation.

Am Abend gab es eine Feier mit Kollegen, an der ich im Rückblick lieber nicht teilgenommen hätte. Ich brauche so etwas nicht. Ich wäre lieber zur Tanz-Therapie gegangen.


An einem regelmäßigeren Schlafrhythmus arbeite ich seit einer guten Woche, mit bisher mittelmäßigem Erfolg. Und ein regelmäßigeres Bewegungsprogramm muß ich auch erst noch aufbauen.

Das Arbeitsproblem ist vielschichtig. Ich leide an Wankelmut, was meine Entscheidung zu meinem aktuellen Job angeht. Es fehlt die klare Linie. Und so gibt es nach einem Schritt nach vorn meist schnell einen Schritt zurück. Dabei gibt es doch nur die Möglichkeiten, die aktuelle Situation voll und ganz zu akzeptieren, oder sie wenn möglich zu verändern, oder sie zu verlassen. Und ich kann mich nicht entscheiden. Das Ergebnis ist Halbherzigkeit.

Die Kollegenfeier hatte ich mir vor Monaten bereits vorgenommen, um etwas gegen meine Kontakthemmungen und meine zuvor selbstgewählte jahrelange Isolation zu unternehmen. Die Hemmungen im Berufsalltag sind bereits stark abgebaut, und isoliert bin ich auch nicht mehr. Ich begann den Abend mit offenen, wachen Sinnen, ich freute mich auf die neue Erfahrung, hatte auch ein wenig gesunde Angst.

Als wir im Restaurant extrem lange auf das Essen warten mußten, habe ich mir die Zeit u.a. mit Achtsamkeitsübungen vertrieben. Es gelang mir gut, im Jetzt zu sein, und die Atmosphäre, vor allem die optischen Eindrücke, aufzunehmen. Zu ein wenig smalltalk mit den Kollegen reichte es auch. Ich fühlte mich gut, frei von Schamgefühlen (immer ein schwieriges Thema bei mir), und ganz da.

Beim Essen kippte es dann sehr plötzlich. Es war zu viel und zu schweres Essen zu später Stunde, ich bekam schnell ein unangenehmes Körpergefühl. Gleichzeitig verschwand meine innere Gelassenheit, das dauerte mir einfach alles zu lange. Durch das vorherige Warten zog sich die Veranstaltung länger hin, als ich eingeplant hatte. Ich wurde immer unruhiger und konnte die vielen Menschen um mich herum immer schlechter ertragen.

Schließlich nutzte ich die erste sich bietende Gelegenheit, um mich vorzeitig zu verabschieden. Ich wollte nur noch raus an die frische Luft und endlich wieder allein sein.

Gut fand ich dann, daß ich schnell wieder ganz bei mir war, auch auf der langen Rückfahrt, und daß ich nur wenige Gedanken im Kopf hatte. Ich freue mich auch, wie gut es mir unterdessen gelingt, unter vielen Menschen dennoch ganz bei mir zu sein, das konnte ich früher überhaupt nicht. Und jetzt schaffe ich es sogar mit längeren ganz wachen Abschnitten, nicht mehr nur Momente, sondern mehrere Minuten, bevor ich wieder kurz "einschlafe" und mich - sobald ich es merke - aufwecken muß. Seit ich diesen blog schreibe (gerade mal erst seit einer Woche) bin ich generell deutlich ruhiger und gelassener geworden.

Das beste an diesem Tag war, daß ich spät abends noch einen Ort im nahegelegenen Wald aufsuchte, um 5 Minuten Kraft zu tanken.


Dieser Tag gibt mir so viele Anstöße, wo ich nach und nach gerne etwas verändern möchte. Schlafrhythmus und Bewegungsprogramm habe ich schon genannt, dazu eine leichte Ernährungsumstellung (vor allem abends nicht mehr so viel essen, und mehr auf den Körper hören), und bei Kontakten sorgfältig auswählen, was ich mitmachen möchte und was nicht. Einmal im Jahr kann so eine Feier sein, das ist mal ganz aufschlußreich, aber öfter brauche ich das wirklich nicht. Da bin ich viel lieber allein und tue etwas für meine Gesundheit.

Mittwoch, 25. November 2009

Arbeitskonzentration

Nachdem ich den letzten Beitrag veröffentlicht hatte, empfand ich ein sehr vertrautes Gefühl: "ich fühle mich ertappt". Das habe ich immer dann, wenn ich mir selber auf die Schliche komme. Daß die Arbeitskonzentration nicht funktioniert, ist offenbar - neben vielen weiteren Gründen - ein unbewußtes Spiel (das sind unehrliche unbewußte Verhaltensweisen, bei denen es einen versteckten ebenso unbewußten Gewinn gibt). Wenn ich mir das bewußt mache wie vorhin, dann fühle ich mich ertappt.

Der Sinn meines Lebens ist in diesem Moment, meine Arbeit zu tun, so gut und so konzentriert wie möglich. Alles andere ist ein Ausweichen vor dem Sinn. Auch das Schreiben hier ist Ausweichen, ich nutze es nur zur Klärung.

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Nun, einige Stunden später kann ich feststellen: ich konnte mich danach konzentrieren, wenn auch mit viel Mühe und mit Kopfschmerzen. Ich habe endlich den Programmfehler gefunden, an dem ich zwei Tage lang gesucht habe. Und ich habe es alleine geschafft, ohne mir vorzeitig Hilfe zu suchen (ich hatte mir nur etwas emotionale Entlastung verschafft, indem ich einem Kollegen erzählte, daß ich an einer Fehlersuche festhänge). Kurz danach fand ich auch noch einen zweiten Fehler, den ich ebenfalls zwei Tage lang übersehen hatte. Das erleichtert mich, nimmt mir etwas von meiner Angst, diese Arbeit nicht mehr tun zu können.

Ich war heute nachmittag auch in einer Besprechung. Ich war konzentriert und teilweise sogar aufmerksam/bewußt (in dem Sinne, daß ich mich und die Umgebung gleichzeitig wahrnehme), aber ich fühlte mich am falschen Ort und hatte auch hier Kopfschmerzen. Ich habe immer noch einen starken inneren Widerstand, ob ich diese Arbeit weiter machen will. Ich sehe aber kurzfristig keine Alternative, ich habe schon alle Möglichkeiten durchgespielt.

Gestern habe ich mir ja versprochen, mich zu nichts mehr zu zwingen, aber auf jedes Unlustgefühl kann ich natürlich nicht Rücksicht nehmen. Die Arbeit, die notwendig ist, muß getan werden. Ich habe ja unterdessen die Rückendeckung meines Vorgesetzten, wenn ich länger brauche als vorgesehen. Ich will versuchen, jetzt ganz behutsam meine Arbeitsleistung wieder zu steigern und mich erstmal über jeden kleinen Schritt zu freuen. Endlich weicht etwas von dem Druck. Ein bißchen Programmierarbeit habe ich in dieser Woche geschafft. Das ist viel mehr als zuvor.

Das Problem, um das es hier geht, besteht seit so langer Zeit, wie ich mich hier nicht hinzuschreiben traue. Es war zu einem riesigen Knoten geworden, mit ganz vielen Teilproblemen, die ich nach und nach aufgeknüpft habe. Daß ich jetzt durch bin, wage ich noch nicht zu hoffen. Ich werde mich einfach weiter beobachten und am Problem dranbleiben.

Sehnsucht nach Sinn

Ich kann auch etwas Gutes in dem starken inneren Druck erkennen, den die blogs der Schulmitglieder in mir auslösen. Es weist auf meine riesengroße Sehnsucht nach Sinn hin. Ich hoffe ja, daß eine Schulteilnahme mich dem Sinn meines Lebens näherbringen würde. Diese Sehnsucht ist wirklich sehr, sehr groß. Wenn ich sie ganz in mir aufsteigen lasse, dann zerreißt es mich fast, und sofort kommen Tränen.

Diese Sehnsucht ist viel stärker als die Angst oder die Scham oder irgendwelche anderen unangenehmen Gefühle, die mich am Weitergehen hindern könnten. Die Sehnsucht nach Freiheit sprengt bei mir alle Mauern, da bin ich sicher, ich muß sie nur wirken lassen. Diese Sehnsucht ist nicht an Menschen oder Institutionen gebunden (diese sind nur Mittler, Vermittler), sie bezieht sich nur auf mich selbst. Auf mein wahres Selbst, das so gerne durchbrechen möchte. Es hat so lange darauf gewartet, viel zu lange.

Ohne daß ich in meiner Alltagsbewältigung vorankomme, wird es vermutlich keine Schulteilnahme geben. Also könnte ich doch mal versuchen, diese starke innere Kraft, diese Sehnsucht, an meine Alltagssituation zu koppeln. Ich will meinen Job derzeit so, wie er ist. Ich ziehe daraus gewisse Vorteile, ich will derzeit gar nichts ändern, auch wenn mir vieles nicht mehr gefällt. Aber ich bin beruflich genau in der Situation, die ich mir ausgesucht habe, da kann ich sie doch annehmen, statt mich immer noch innerlich dagegen zu wehren.

Gestern konnte ich übrigens einige Stunden konzentriert arbeiten. Das Erfolgserlebnis blieb aus, weil meine aktuelle Aufgabe tatsächlich sehr knifflig ist und ich deshalb nur langsam vorankomme. Aber immerhin konnte ich mich darauf konzentrieren, ein paar Stunden.

Ist meine Sehnsucht nach Sinn nur eine Illusion? Beim Nachdenken heute morgen erschien mir alles so sinnlos. Aber die Sehnsucht ist stärker. Es gibt irgendeinen Sinn in meinem Leben, und der will so gerne ans Tageslicht durchbrechen.

Wenn der Sinn des Lebens darin bestehen sollte, ganz im JETZT zu leben, dann könnte ich das doch theoretisch jederzeit haben, das hätte mit einer Schulteilnahme gar nichts zu tun. Und im JETZT zu leben, heißt jetzt gerade eben, meinem Job nachzugehen. Nun muß ich schmunzeln (Selbstironie). Wenn so oder so kein Weg daran vorbeiführt, warum tue ich dann nicht einfach das, was gerade ansteht? Das kann doch nicht so schwer sein…

blogs der Phönix-Schulmitglieder

Ich habe in den blogs von einigen Phönix-Schulmitgliedern gelesen. Eigentlich suchte ich etwas zu dem Thema, das mich heute morgen beschäftigte, fand aber nichts passendes, da es auch keine Suchfunktion gibt und die Kategorien, die einige angelegt haben, auch nicht weiterhalfen.

Dann blätterte ich in einem blog ganz an den Anfang. Wie ging es diesem Schulmitglied zu Beginn seiner Teilnahme? Wie ist er überhaupt da reingekommen, und womit beschäftigte er sich dann?

Ich lese gerne in diesen blogs, aber es erzeugt bei mir meistens einen starken inneren Druck. So auch heute. Es konfrontiert mich damit, daß ich von dieser Mitgliedschaft ausgeschlossen bin und mich doch schon stark darauf beziehe. Das ist für mich nach wie vor sehr schwer zu ertragen.

Es liegt wohl daran, daß ich anfange, mich mit ihnen zu vergleichen ("Was haben die, was ich nicht habe?"), und daß ich anfange mich zu bewerten, und zwar abzuwerten. Wenn ich für die Schulteilnahme noch nicht reif bin, dann tauge ich wohl nichts.

Ich muß mir immer wieder vor Augen führen, daß das nur ein sinnloses Gedankenkonstrukt ist, mit dem ich mich selber fertigmache. Ich bin so, wie ich bin, genau richtig. Und ich bin eben an einem Punkt auf meinem Weg, der zur Schule nicht paßt. Diese Einsicht hatte ich selber schon, es ist einfach die Wahrheit. Die Wahrheit gilt es einfach auszuhalten, das ist aber kein Grund mich schlechtzufühlen. Die Bewertungsfunktion des Verstands ist hier einfach unpassend.

Trotzdem ist es für mich leichter, wenn ich um diese blogs erstmal weitgehend einen Bogen mache. Sie helfen mir in meiner aktuellen Situation nicht weiter. Mir hilft nur weiter, wenn ich mich auf meine aktuelle Alltagssituation besinne und wenn ich an den Themen arbeite, die ich als Aufgabe erkannt habe. Theoretisches Philosophieren über den Sinn meines Lebens wie heute morgen hilft auf dem Weg, den mein ICH trotz allem in dieser Welt gehen muß, nicht weiter.

Ganz aktuell fehlt es mir mal wieder an Arbeitskonzentration.

Was ist das Leben?

Gestern habe ich meinem Inneren Kind versprochen, daß ich es niemals alleinlassen werde. Das erzeugt in mir ein gewisses Unbehagen, denn das gilt natürlich nur solange, wie ich das ICH nicht ganz aufgegeben habe.

Als ich anfing, mich für die Phönix-Schule für Selbsterkenntnis und Exzellenz zu interessieren, war das einer meiner größten Widerstände. Ich will authentischer leben, und ich will meine bestehenden Probleme lösen, aber ich will auf mein ICH eigentlich nicht verzichten. Schon gar nicht, wenn ich das ICH gegen ein NICHTS eintauschen soll.

Ich habe seitdem daran gearbeitet, und ich kann es mir jetzt als Experiment vorstellen: ich laß das ICH mal versuchsweise los (wenn es denn gelingt, bisher gelingt es ja nicht) und schaue, was passiert. Als einmalige "Erleuchtungserfahrung" bestimmt ganz interessant. Und dann kann ich ja immer noch entscheiden, ob ich weitergehen will.

Gestern abend habe ich im Buch "Reines Sein" gelesen ("Schamane in Deutschland, Band III", Gerd-Lothar Reschke). Dieses Buch ist sperrig. Es paßt in meine Rezeptionsorgane nicht hinein, so als wollte man einen eckigen Klotz in ein rundes Loch pressen. Es ist gefährlich. Wenn ich es in mir aufnehmen würde, könnte es mich tatsächlich verändern. Es ist anders. Es stellt alles auf den Kopf, auch das, was ich aus Band I der Reihe gerade erst gelernt habe.

Mit dem WEG kenne ich mich aus. Ich weiß, wie ich mich mit mir selber, mit meinen Schwächen und unangenehmen Gefühlen im inneren Abgrund konfrontiere. Ich weiß, wie ich auf dem WEG vorwärtsgelange, wie ich alte verkrustete Verhaltensweisen nach und nach aufweiche und ablege.

Und jetzt lese ich, daß das in gewisser Weise alles falsch ist, daß es überhaupt nicht notwendig ist, an sich selbst zu arbeiten, daß es ein Umweg ist. Und daß man viel schneller zum Ziel gelangt, wenn man einfach alles losläßt und sich nur die Frage stellt: "Wer bin ich? Wer ist der Handelnde?"

Ich gelange ja schon bis zum Beobachter. Ich kann zeitweilig wahrnehmen, daß ich nicht mein Verstand bin. Aber ich nehme den Beobachter immer noch als ICH war, ein anderes ICH als das Denk-Ich des Verstands zwar, aber auch ein ICH. Gestern habe ich etwas gelesen, das dazu zu passen scheint: manche Menschen identifizieren sich mit dem Beobachter, um so weiter an der Ich-Illusion festhalten zu können. Das scheint bei mir der Fall zu sein. Und dieser Zustand ist ja auch ganz nett. Warum sollte man weitergehen, wenn man sich damit wohlfühlt? Ich gehe den WEG derzeit ja vor allem, weil ich einen starken Leidensdruck aus ungelösten Problemen habe. Wenn ich die nicht mehr hätte, würde ich vielleicht nicht weitergehen.

Es gibt natürlich noch meine Sehnsucht nach dem Sinn. Und meine Sehnsucht nach Wahrheit. Es ist aber sehr hart, nur für die vage Aussicht, eine möglicherweise ganz unangenehme Wahrheit zu erkennen, alles aufzugeben. Ich mag mir nicht den Boden unter den Füßen komplett wegziehen lassen. Ich mag nicht den Halt wieder verlieren, den ich doch gerade erst mühsam zu erringen versuche.

Dieses Buch scheint mir jeden Anhaltspunkt wegzunehmen. Und doch scheint es andererseits so einfach zu sein. Ich könnte auch alle Bücher ein- für allemal zuklappen und einfach LEBEN.

Soweit ich die Aussagen in "Reines Sein" verstanden habe, ist es mit dem menschlichen Leben so: das Leben lebt sich selbst nahezu vollautomatisch und läßt sich nicht beeinflussen. Es gibt kein ICH, das lebt, sondern das Leben lebt von selbst. Und dann gibt es einen Beobachter, der außerhalb dieses Lebens steht und alles unbeeinflußt beobachtet: mein Leben, Dein Leben und das Leben überhaupt.

Aber wo ist da der Sinn? Wenn der gesamte Mensch nur eine programmierte Maschine ist, die das ausführt, was der Programmierer sich ausgedacht hat, und absolut alles schicksalhaft bereits vorgegeben ist, was soll das dann? Vielleicht habe ich ja etwas mißverstanden, aber so ist bisher mein Verständnis dieses Buchs (mein intellektuelles Verständnis, meine Erfahrungen passen bisher nicht dazu). Wenn der freie Willen des Menschen nur dazu dient, das sowieso Gegebene entweder hinzunehmen oder abzulehnen, was letztlich aber überhaupt keinen Unterschied macht, wozu dann das Ganze? Was hat sich der Programmierer dabei gedacht, als er diese menschlichen Roboter geschaffen hat? Weil er Freude an der Inszenierung des menschlichen Schauspiels hat?

Was ich nachvollziehen kann: ICH atme nicht, sondern es atmet. Mein Körper atmet. Das ist ein unbewußter Vorgang, so wie viele andere Körpervorgänge unbewußt sind. Genauso kann ich seit einigen Wochen nachvollziehen: ICH denke nicht, sondern es denkt. Mein Gehirn denkt und brabbelt pausenlos vor sich hin. Aber auch, wenn ICH das nicht beeinflusse, so gehört es doch zu MIR, es ist MEIN KÖRPER.

Und nun lese ich, daß das die nächste Illusion ist: das Ich identifiziert sich mit dem Körper. Auch der Beobachter ist doch in meinem Körper. Das glaube ich zumindest, und so nehme ich es wahr. Der Körper wird gesteuert vom Gehirn, so lehrt es die Naturwissenschaft. Aber der "göttliche Funke", der "Lebensatem", der kommt nicht von der Körpermaschine. Ich war früher religiös und bin es in gewisser Weise immer noch. Es gibt irgendetwas außerhalb der materiellen Welt, was dieser erst das Leben einhaucht. Das habe ich immer geglaubt. Aber Glauben ist natürlich nicht Wissen.

Und nun soll es angeblich möglich sein, nicht auf der Basis von Glauben, sondern von Wissen, aus eigener Erfahrung zu erleben, daß das Bewußtsein außerhalb des eigenen Körpers ist. Das ist unfaßbar.

Selbst wenn mir das möglich wäre, was hätte ich davon? Mein ICH müßte immer noch die ihm zugedachte Rolle weiterspielen, bis zum Ende, bis zum Tod. Was ist der Sinn meines Lebens? Mein Schicksal anzunehmen und meine Rolle wenigstens gut zu spielen, wenn ich ihr doch nicht entweichen kann? Das ist irgendwie total unbefriedigend.

Was bedeutet der Weg aus dem Gefängnis? Bedeutet Freiheit nur zu erkennen, wie aussichtslos die Lage ist? Oder gibt es dann tatsächlich auch eine andere Handlungsfreiheit? Kann ich dann meine Rolle verlassen? Geschieht dann etwas anderes, als der Programmierer vorhergesehen hat? Verändert sich dann etwas an dem inszenierten Schauspiel?

Darauf habe ich noch keine Antwort gefunden, auch keine theoretische. Was ist eigentlich das Ziel des Wegs? Was ist Freiheit wirklich? Ist das überhaupt ein erstrebenswerter Zustand? Gibt es da irgendetwas, das mich motiviert, den Weg weiterzugehen? Oder bleibe ich doch lieber im Gefängnis?

Wenn Freiheit bedeuten würde, daß ich meine festgelegte Rolle verlassen kann, daß ich die Inszenierung verändern kann, dann wäre das umwälzend. DAS würde mich motivieren!

Nun fällt mir etwas auf, das ist für mich ganz neu: was ich oben mit "göttlicher Funke" oder "Lebensatem" beschrieben habe, das ist nichts anderes als Bewußtheit! Eine völlig neue Einsicht. Die muß ich jetzt erstmal sacken lassen. Bewußtheit ist das, was das Leben erst erzeugt. Ohne Bewußtheit kein Leben. So ganz begriffen habe ich es noch nicht, ich werde das in mir bewegen. Das haut mich jetzt irgendwie vom Hocker: ist Bewußtheit das, was den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmacht?

Dienstag, 24. November 2009

unbefriedigte kindliche Bedürfnisse

Ich war heute zur Probe bei einem Yoga-Kurs. Die Voraussetzungen waren günstig, ich fühlte mich wohl und entspannt, keine quälenden Konflikte, nur wenige störende Gedankenfetzen.

Ich habe versucht, mich tiefer fallen zu lassen, loszulassen vom Verstand, mich in mich selbst fallen zu lassen. Inwieweit ich das mit dem Willen beeinflussen kann, weiß ich nicht, aber ich habe es halt versucht. Ich hatte folgende Empfindungen (ich weiß nicht, ob die echt oder zusammenphantasiert waren): einmal spürte ich um mich herum etwas wie einen dicken Brei, der mich hielt und mir Energie gab. Und dann spürte ich, daß ich nicht weit entfernt von etwas war, das pure Losgelöstheit und Glückseligkeit verströmte. Ich kam nahe dran, aber das Glücksgefühl konnte sich nicht in mir ausbreiten, es gab eine Barriere. Schmerz hielt mich zurück, Schmerz aus unerfüllten Bedürfnissen.

Nach dem Kursus verspürte ich zwar eine gesteigerte Aufmerksamkeit/ Bewußtheit, aber nicht das weite, friedvolle Gefühl von dem ersten Yoga-Abend in der letzten Woche, sondern eher eine gedämpfte Traurigkeit.

Egal, ob nun vom Verstand zusammengesponnen oder nicht, ich nehme das als Anstoß. Denn um das Thema Bedürfnisse wollte ich mich sowieso kümmern. Wenn frühkindliche Bedürfnisse unbefriedigt geblieben sind (und das ist im Prinzip bei jedem Menschen so, denn Eltern können niemals perfekt sein), dann leidet der Erwachsene noch darunter, und bestimmte Alltagssituationen stoßen ihn immer wieder darauf.

Ich leide u.a. unter folgenden unbefriedigten Bedürfnissen: angenommen sein, willkommen sein, so sein dürfen, wie ich wirklich bin, mich nicht verstellen müssen, nicht allein sein müssen, generell Zuwendung erhalten, Anerkennung bekommen, mich mitteilen dürfen usw.

Solange ich die unerfüllte Bedürftigkeit in mir nicht erlöse, werde ich mich immer wieder abhängig von externer Bedürfnisbefriedigung machen. Und ich werde immer wieder ganz unnötig leiden, an dem vom Gehirn wiederbelebten Kindheitsschmerz.

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Liebe kleine Louise, ich weiß, daß Du da in mir drin bist, ich spüre Dich gerade heute sehr gut. Du bist oft traurig, weil Du Dich nach Mama und Papa sehnst, die aber nicht da sind. Du brauchst Deine Eltern, Du bist noch so klein. Du fühlst Dich oft allein und verlassen, Du sehnst Dich so sehr nach einem Lächeln und einem liebevollen Blick. Ich weiß, wie sehr Du Dich sehnst, ich weiß, wie oft Du vergeblich wartest, und ich weiß, wie sehr Du eine Mama brauchst.

Ich verspreche Dir jetzt eines, liebe kleine Louise: ich bin heute erwachsen, und ich kann heute Deine Mama sein. Ich werde Dich niemals im Stich lassen, hörst Du das? Ich werde immer für Dich da sein. Du brauchst keine Angst zu haben. Wenn Du mich brauchst, dann bin ich für Dich da. Du kannst nicht immer alles bekommen, was Du Dir wünschst, aber ich lasse Dich niemals allein, ich bin da. Ich halte Deine kleine Hand und ich nehme Dich in den Arm, wenn Du es brauchst. Ich habe Dich sehr lieb. Ich finde, Du bist ein ganz wundervolles Kind. Du bist auf dieser Welt und bei mir willkommen. Willkommen auf der Erde, kleine Louise.

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Liebe Louise, Du bist jetzt schon etwas größer. Du bist in dem Alter, in dem Du nicht mehr immer alles sofort bekommen kannst, was Du haben möchtest. Ich bin Deine Mama, und ich möchte Dich anleiten, damit Du einmal groß und selbständig wirst. Ich will Dich zu einem freien Menschen erziehen. Ich weiß, ich bin oft nicht gut mit Dir umgegangen, war ungeduldig und unachtsam, manchmal habe ich Dich sogar bestraft, wenn Du etwas nicht so gemacht hast, wie ich es wollte. Ich schäme mich dafür. Bitte verzeih mir.

Ich verspreche Dir heute: ich werde Dich nur noch gewaltfrei erziehen. Ich werde Geduld mit Dir haben und mit Respekt mit Dir umgehen. Du bist zwar noch ein Kind, aber doch schon ein vollwertiger Mensch. Und so möchte ich Dich auch behandeln. Ich will Dich führen, und Du kannst mir vertrauen. Ich möchte Dir beibringen, wie man lernt. Und ich möchte, daß Du mit Freude lernst. Ich werde Dich nie mehr bestrafen. Ich möchte mit Dir Freundschaft schließen. Komm mit, ich zeige Dir, wie wunderbar das Leben ist. Und zeige Du mir Deine Lebensfreude, denn das kannst Du vielleicht sogar noch besser als ich. Weil ich größer bin als Du und schon mehr Erfahrungen gemacht habe, ist es aber gut für Dich, wenn Du auf mich hörst. Komm mit, folge mir, es gibt so viel für Dich zu entdecken.

Montag, 23. November 2009

Konzentrationsproblem

Ein Rückblick auf meinen heutigen Arbeitstag:

Morgen:

Ich bin heute mit sehr schlechten Gefühlen aufgewacht: sehr erschöpft, körperlich wie zerschlagen, mit Angst vor den anstehenden Anforderungen der Arbeitswoche und mit einer Empfindung von Demütigung. Ich fühle mich klein und mies. Liegt das nun daran, daß ich mich gestern entschlossen habe, das Ich bei nächster sich bietender Gelegenheit loszulassen?

Bin ich nun auf dem richtigen Weg (denn der Weg zur Befreiung vom Ich führt ja anscheinend durch Demütigung und Ernüchterung dieses falschen Ichs), oder ist das wieder nur eine vom Verstand konstruierte und völlig unnötige Hölle? Im Zweifelsfall ist es letzteres.

Ich bin in diesem Jahr in einer bestimmten Hinsicht in die Irre gegangen, wie gestern beschrieben. Daraus komme ich nur mit Schmerz wieder raus. Aber das sollte kein Grund sein, nun total sauertöpfisch in den Tag und in die Woche zu starten.

Ich kann mich vom Verstand auch mal kurz lösen und einfach den Blick aus dem Fenster genießen. Zum Glück beherrsche ich diese kurzzeitige Ablösung schon. Es erleichtert mich sofort, ich kann sogar lächeln. Ich muß mir von meiner Denk-Maschine nicht den Tag vermiesen lassen. Allerdings brauche ich sie für meine Arbeit, und sie folgt mir seit längerer Zeit nicht mehr richtig. Wenn ich mich vom Verstand löse, sollte dieser eigentlich klarer denken.

Nachmittag:

Mein Arbeitstag heute war mühsam und gequält, wie seit einiger Zeit schon. Ich habe ja schon viel darüber nachgedacht, wie ich an meiner partiellen Arbeitsunfähigkeit etwas verbessern könnte, und ich habe auch schon viel ausprobiert.

Heute mittag dämmerte mir ein völlig anderer Zusammenhang, als ich zuletzt vermutet habe: solange ich vorgebe, etwas zu sein, was ich gar nicht bin, macht mir mein Unterbewußtsein einen Strich durch die Rechnung. Solange ich vorspiele "Ich habe alles im Griff", habe ich in Wahrheit überhaupt nichts im Griff. Daß ich mein Problem schamhaft verstecke, macht es nicht kleiner, sondern durch Aufschieben im Gegenteil immer größer!

Das einzige, was Hilfe verspricht, so meine heutige Einsicht: radikal offenlegen, was ist! Nicht mehr verstecken und durchmogeln, sondern am Arbeitsplatz offen zu meinem Konzentrationsproblem und dessen Folgen für meine Arbeitsleistung stehen. Das ist hart! Denn immerhin geht es hier um meine berufliche Existenz. Und es geht natürlich auch um so etwas wie mein Ansehen unter den Kollegen und gegenüber den Vorgesetzten.

Seitdem ich hier öffentlich schreibe, habe ich sowieso Angst, daß mir das bei potentiellen zukünftigen Bewerbungsvorgängen zum Nachteil gereichen könnte. Derzeit schreibe ich erstmal nur unter meinem Vornamen, ich bin aber dazu entschlossen, später unter vollem Realnamen zu schreiben. Und was Internet-Suchmaschinen leisten, weiß ich selber. Personalabteilungen suchen gerne im Internet Informationen zu Bewerbern.

Ich habe aber jetzt kapiert, daß ich die normalen Alltagslügen nicht mehr mitspielen kann. Andere Menschen können das vielleicht, ich kann es nicht mehr. Es gibt etwas in mir, daß das verhindert. Ich habe die Rollenspiele so satt! Ich will mich endlich so zeigen dürfen, wie ich wirklich bin. Da will etwas in mir durchbrechen.

Mein Gehirn hat Angst, ich würde "mein Gesicht verlieren", wenn ich mich offen bekenne. Dabei verliere ich damit doch nur eine Maske, die sowieso nichts mit mir zu tun hat. Die Wahrheit ist immer besser als die Lüge! Für den Verstand fühlt es sich so an, als würde unter dem normalen Menschen der Werwolf lauern, als wäre das ganz furchtbar grauenhaft, was da herauskommen will. So viel Angst vor mir selbst habe ich zum Glück nicht mehr. Ich will raus aus dem Gefängnis.

Ein radikaler "Offenbarungseid" wäre vermutlich das beste. Ich vermute, daß ein klares Bekenntnis mich von so viel innerem Druck befreien würde, daß ich wieder deutlich besser arbeiten könnte. Aber ich weiß es eben vorher nicht. Ich kann auch nicht vorhersehen, welche Reaktion es geben wird, aber vermutlich wird diese viel verständnisvoller sein, als ich befürchte, dafür sprechen meine Erfahrungen der letzten Wochen.

Abend:

Ich habe heute gegenüber zwei Ansprechpartnern bekannt, daß ich die termingerechte Fertigstellung meiner aktuellen Aufgabe nicht hinbekommen werde. Zudem habe ich andere Aufgaben nach Absprache verschoben.

Und weil ich danach spürte, daß das noch nicht reicht, habe ich zudem meinem Vorgesetzten eingestanden, daß ich ein persönliches Problem habe, daß ich nicht überfordert bin, weil die Aufgabe so kompliziert ist (das ist sie nebenbei auch), sondern daß es an mir selber liegt. Auferstehung gibt es immer erst nach Kreuzigung und Tod.

Jedenfalls verstehe ich jetzt schon etwas besser, was der Sinn der Herstellung von Öffentlichkeit u.a. auch mit diesem blog ist.

Ich war vor einigen Wochen schonmal an diesem Punkt. Und habe da nur einen halbherzigen Schritt gemacht, bei dem ich am Ende immer noch zu gut aussah. Das Gewissen läßt sich eben doch nicht überlisten. Die Karten müssen auf den Tisch!

Und generell gilt: ich muß jetzt an die wunden Punkte ran, um die ich mich bisher nicht oder nur halbherzig gekümmert habe. So ist das mit der Selbsterkenntnis.

Mein Chef hat übrigens verständnisvoll reagiert – und mit einem ehrlich gemeinten Hilfsangebot. Ich bin sehr dankbar. Und sehr erleichtert. Ich möchte diese Aufgabe aber alleine lösen, ich brauche dafür nur mehr Zeit, als meiner früheren normalen Leistungsfähigkeit entsprechen würde.

Es löst etwas in mir, nach dem Gespräch flossen Tränen. Der harte Panzer als Schutz vor der vermeintlich bösen "Außenwelt" ist doch gar nicht so notwendig, wie meine veralteten Denkmuster glauben. Wenn meine heutige Vermutung stimmt, daß ein Gewissenskonflikt meine Leistungsfähigkeit blockierte, dann werde ich bald merken, ob ich mich nun ehrlich genug gemacht habe. Heute abend konnte ich jedenfalls noch zwei Stunden gut arbeiten. Das macht Mut.

Sonntag, 22. November 2009

Angst vor mir selbst

Wenn man auf dem Weg ist, dann geht es immer weiter, ob man will oder nicht. Vor einigen Stunden schrieb ich, daß ich Langeweile befürchte, wenn ich ganz normal meinen Alltag lebe. Das heißt doch mit anderen Worten, daß ich mich mit mir selber langweile. Das macht mir ganz schlechte Gefühle. Da schaue ich nicht gerne hin, denn ich dachte eigentlich, daß ich nicht zu den Menschen gehöre, die mit sich selbst nichts anfangen können.

Also doch: ich habe Angst vor mir selbst. Ich habe offenkundig Angst, mich mit der inneren Leere zu konfrontieren. Daß es da eine Leere geben muß, habe ich bisher nur gelesen, aber nicht so wahrgenommen (ich arbeite aktuell mit dem schon einmal erwähnten Buch "Schamane in Deutschland, Band I, Wirk-Gilde" von Gerd-Lothar Reschke). Davor habe ich mich bisher gedrückt.

Ich will nicht mehr vor mir selbst davonlaufen. Ich will jetzt hinschauen. Auch wenn es unangenehm ist oder wehtut.

Mir fehlt bisher eine echte "Erleuchtungserfahrung". Ich habe schon erlebt, daß ich nicht mein Verstand bin, daß es da etwas außerhalb des Verstands gibt, und ich habe an diesem Punkt innere Ruhe und Frieden empfunden, und manchmal auch Euphorie. Das war soweit ganz nett, aber das war noch nicht die "Erleuchtungserfahrung". Den Zustand, in dem ich mich da befand (und schon oft befand), könnte ich als selbstverliebt bezeichnen. Oder besser: ICH-VERLIEBT.

Da klebe ich doch anscheinend noch zu stark am Ich. "Ich laß das Ich jetzt los." habe ich mir heute morgen vorgenommen. Ich habe Angst davor, was dann passieren könnte, ich befürchte grauenhafte Langeweile und Sinnlosigkeit. Wenn man Angst hat, hilft nur, sich der Angst zu stellen. Und dann zu schauen, was passiert.

Die Zutaten für eine "Erleuchtungserfahrung", soweit ich es bisher verstanden habe: Abstand vom Verstand, das beherrsche ich schon, zumindest für Momente, und viel Ernüchterung/Erschütterung, davon hatte ich in den letzten Wochen sehr viel. Aber hat anscheinend noch nicht gereicht.

Ich werde jetzt jeden sich bietenden Anlaß nutzen, mich erschüttern zu lassen. Je schneller und je tiefer ich eintauche in die Erfahrung, desto schneller geht es vorbei, hoffe ich.

Ich laß das Ich jetzt los.

Ich bin nicht wichtig

"Ich bin nicht wichtig". Während mein Gehirn unablässig diesen Satz repetierte (denn das Gehirn glaubt immer, irgendetwas "Kluges" beitragen zu müssen), spürte ich vorgestern, wie eine Veränderung in mir vorging. Es war beinahe körperlich zu spüren. Es fühlte sich an, als ob sich in meinem Gehirn etwas umstrukturiert. Es war mit leichten Schamgefühlen verbunden.

Die Einsicht, die dieser Umstrukturierung voranging, war an und für sich für mich nichts Neues: ich bin total egozentrisch, ich kreise ständig nur um mich selbst. Ich nehme mich zu wichtig. Ich will ständig Beachtung. Wenn ich keine positive Beachtung bekomme, ist mir negative Beachtung fast genauso lieb. Hauptsache Beachtung. Das Schlimmste ist: KEINE Beachtung. Dann fühle ich mich nicht mehr existent, das ist dann so wie Sterben.

Ich habe in den letzten Monaten aus der Selbsterkenntnis einen Ego-Trip gemacht. Das ist eigentlich ein Widerspruch in sich. Aber hier schien es für mich ja endlich mal legitim zu sein, mich unablässig nur mit mir selbst zu beschäftigen. Denn bei der Selbsterkenntnis schaue ich ja in mich hinein.

Ich bin da in einer Falle gelandet, habe die Selbsterkenntnis genutzt, um das Ego partiell weiter aufzublähen, anstatt konsequent die Luft rauszulassen.

Das erkannte ich vor zwei Tagen und seitdem steuere ich dagegen. Das Gehirn mit seinem unablässig repetierten Mantra "Ich bin nicht wichtig" (womit es sich natürlich wahnsinnig wichtig macht, denn die Sätze "Ich bin wichtig" und "Ich bin nicht wichtig" wirken genau gleich, das Unterbewußtsein verschluckt das "nicht") und mit Ideen, wie sich das in eine Übung umsetzen ließe. Beispielsweise könnte ich mir ein Schild mit diesem Text umhängen und damit über einen belebten Platz laufen – ich würde das fertigbringen, aber damit würde ich mich ja auch nur wieder wichtig machen, weil ich die Aufmerksamkeit auf mich lenken würde. Ich habe auch darüber nachgedacht, ob ich mir mal ein paar Wochen Schweigen auferlegen sollte, aber auch das wäre ja wieder etwas "Besonderes", womit ich mich wichtig machen würde.

Nein, die Aufgabe ist hier nicht eine einmalige Aktion, sondern eine dauerhafte Veränderung der Einstellung. Auf diesem Feld habe ich mich in diesem Jahr rückwärts entwickelt.

Ich habe das Gespräch mit einem nahestehenden Menschen gesucht, der in diesem Jahr besonders unter meiner Egozentrik gelitten hat. Das war für mich sehr ernüchternd. Ich habe dabei eine weitere Maske abgelegt und sehe jetzt wieder etwas klarer. Ich werde ab sofort wieder mehr Hilfsbereitschaft und Rücksichtnahme zeigen. Es gibt nicht nur mich auf der Welt, es gibt auch noch andere Menschen. Mit meiner Egozentrik vergifte ich meine Beziehungen zu anderen Menschen. Das kann ich nun hoffentlich ändern, nachdem ich diesbezüglich genug ernüchtert wurde in den letzten Wochen.

Vor kurzem dachte ich noch, mein größtes Problem seien meine ständigen Schamgefühle und die Empfindung "ich bin nicht richtig, mit mir stimmt irgendwas nicht". Unter diesen Schamgefühlen versteckte sich aber die Egozentrik: "Ich bin der Mittelpunkt der Welt, das ganze Universum dreht sich nur um mich, ich bin wahnsinnig wichtig". Ich glaube, es kommt daher, daß ich als Erstgeborene und erstes Enkelkind der Familie uneingeschränkte Aufmerksamkeit genoß – bis mein jüngerer Bruder geboren wurde, worauf ich mit starker Eifersucht reagiert haben soll.

Meine Aufgabe ist jetzt, einen Mittelweg zu finden: ich bin so, wie ich bin, total richtig und vom Leben gewollt, aber ich bin nicht wichtiger oder unwichtiger als alle anderen Menschen. Ich bin nichts Besonderes. Ich bin einfach ein Mensch wie Milliarden andere auch. Es gibt keinen Unterschied.

Wenn ich mich nicht mehr wichtig mache, sondern einfach normal meinen Alltag lebe (und da mal einiges in Ordnung bringe, was ich stark vernachlässigt habe), dann befürchte ich gähnende Langeweile. Ich liebe die Extreme. Normalität ist langweilig, das ist meine Befürchtung und mein Widerstand. Ich werde es ausprobieren müssen, ob es wirklich so ist.

Ich möchte die Scheinwichtigkeit meines Ichs jetzt aufgeben. Seit heute morgen versuche ich es mit einem neuen Mantra, damit das Gehirn was zu tun hat, wenn es schon keine Ruhe geben mag: "Ich laß mein Ich jetzt los."

Freitag, 20. November 2009

Innerer Dialog

Ich identifiziere mich stark mit meinem Inneren Dialog. Das ist möglicherweise ein zentraler Ansatzpunkt, um einige meiner bestehenden Probleme zu lösen. Meine Gedanken kreisen ständig um sich selbst. Mein Verstand ist so mit sich selbst beschäftigt, daß ich ihn kaum dazu bewegen kann, anstehende Denkarbeit zu leisten. Folge ist mangelnde Konzentrationsfähigkeit.

Ich nutze das Tagebuchschreiben oft, um meinen eigenen Inneren Dialog zu spiegeln. Damit gewinne ich etwas Distanz davon. Manchmal hilft das, um Fehler in den Gedanken zu erkennen. Manchmal hilft das auch, um inneren Druck abzubauen, mit dem Aufschreiben lasse ich den Druck los.

Oft gelingt das aber nicht. Ich lese das Geschriebene immer wieder und ergötze mich daran. Eitelkeit und falscher Stolz stecken dahinter. Als wäre das irgendwie besonders bedeutungsvoll, was ich aufschreibe. Und das ist es nicht. Diese Art des Schreibens ist nur eine Form von innerer Reinigung. Das wird um keinen Deut besser, wenn ich den aufgeschriebenen "Seelenschmutz" danach immer wieder repetiere. Wenn der Verstand nur um sich selber kreist, dann ist das Egozentrik pur. Die würde ich jetzt gerne loslassen.

Gerade eben hat der Innere Dialog einen kurzen Moment ausgesetzt. Es gab einen kleinen Sprung in die Wirklichkeit. Die Wirklichkeit existiert außerhalb des Verstands. Ich muß zu Bewußtheit finden, anstatt mich mit dem Verstand zu identifizieren.

Leider gelingt es meist nicht auf Kommando, die Identifikation mit dem Inneren Dialog zu verlassen. Vielleicht hilft es, wenn ich mir öfter mal klarmache, daß der Verstand dabei nur Müll produziert. Das ist sehr ernüchternd. Die Quasselmaschine hält erschrocken einen Moment inne, und ich kann einen Moment Atem holen – in der Wirklichkeit.

Diesen Moment kann ich dann nutzen. Aufmerksam auf Geräusche hören, meinen Blick schweifen lassen, ohne zu fokussieren, meinen Körper und meine Umgebung gleichzeitig wahrnehmen. Wenn ich Glück habe und es mir gelingt, den Moment in der Wirklichkeit auf diese Weise etwas auszudehnen, dann empfinde ich innere Ruhe und Frieden.

Aus dieser Position läßt es sich dann leichter konzentrieren. Um so mehrere Stunden Denkarbeit durchhalten zu können, brauche ich aber vermutlich viel, viel mehr dieser Momente an Innehalten. Beim Innehalten speichere ich Aufmerksamkeitskraft. Davon habe ich offenkundig viel zu wenig.

Ein Lösungsansatz für mein Konzentrationsproblem lautet also: mehr Aufmerksamkeitskraft ansammeln, mit Tätigkeiten, die das ermöglichen. Und den Verstand öfter mal mit dazwischengerufenen ernüchternden Botschaften stoppen. Ich muß davon wegkommen, die kreisenden Gedanken für wichtig zu halten. Sie nehmen sich selbst wichtig, aber sie sind total unwichtig. Denn mein wahres Selbst ist außerhalb vom Verstand. Ich merke das daran, daß ich mich wunderbar in mir ruhend fühle, wenn ich es schaffe, die automatische Denkmaschine mal einige Zeit abzuschalten.

Mein Anfang des Wegs

Hier habe ich nun einen öffentlichen Raum für meine "Selbstdarstellung". Das Widersprüchliche daran ist, daß es mir ja gerade nicht darum geht, das Ego, die Persönlichkeit, das falsche Selbstbild, noch weiter aufzublähen, sondern im Gegenteil die Luft rauszulassen. Das Ego soll im Verlauf des Prozesses hoffentlich schrumpfen und irgendwann ganz verschwinden.

Und dann bleibt irgendwann der wahre Kern von mir übrig. Das wahre Ich. Nun lese ich, daß es ein wahres Ich gar nicht gibt, daß der Kern einfach leer ist, daß da nichts ist. Das mag ich derzeit nicht einmal gedanklich nachvollziehen. Es ist mir zu fremd. Ich hänge an meinem Ich, an meiner Individualität.

Bevor ich überhaupt die tatsächliche Erfahrung machen könnte, daß das Ich verschwindet (zunächst als einmalige Erfahrung, später irgendwann in sehr ferner Zukunft als dauerhafte Erfahrung), müßte ich vermutlich erstmal gedanklich akzeptieren, daß so etwas passieren könnte, sonst ist der Widerstand des Verstandes zu groß.

Wovor habe ich Angst? Während des Anmeldeprozesses für diesen blog hatte ich starke Angst, eine Angst, die mir den Brustkorb eng macht und mich duckt und niederdrückt. Aber dieser blog soll ja gerade nicht bewirken, daß ich mich weiter ducken und verstecken muß, sondern daß ich freier atmen kann. Das ist paradox: vermutlich aufgrund früher gemachter Erfahrungen verbinde ich Öffentlichkeit damit, daß ich mich kleinmachen und verstecken muß. Wirklich frei atmen konnte ich bisher nur in der Abgeschiedenheit, wenn ich ganz für mich allein war.

Nachdem ich gestern den ersten Beitrag veröffentlicht hatte, stellte sich schnell ein Glücksgefühl ein, Lebendigkeit, Kraft und die Empfindung, freier atmen zu können. Also das Gegenteil dessen, was ich befürchtet hatte. Mich nicht mehr verstecken zu müssen, bedeutet für mich, daß ich freier atmen kann.

Wenn ich aber jetzt darüber nachdenke, daß ich hier vielleicht darangehe, mein ICH völlig zum Verschwinden zu bringen, dann ist diese gleiche Angst wieder da: die Angst, daß das Verschwinden des Ichs bedeutet, daß ich mich verstecken muß und nicht frei atmen kann. Vielleicht wird sich das ja genauso als Fehlschluß herausstellen wie meine gestrige Angst, das macht mir gerade etwas Mut.

Nun fällt mir ein, daß ich über den Weg aus dem Gefängnis heraus genau das gelesen habe. Jeder Schritt in Richtung auf die Freiheit wird sich zunächst wie ein noch größeres Gefängnis anfühlen als das, welchem man gerade entkommen ist. Das liegt vermutlich an den falschen Konditionierungen. Das Freiheitsgefühl stellt sich erst im Laufe der Zeit ein.

Der Prozeß braucht also Vertrauen. Vertrauen darauf, daß der Weg in die Freiheit führen wird, auch wenn es sich zunächst nicht so anfühlt. Und weil ich nicht vorab wissen kann, welches der echte Weg in die Freiheit ist (denn es gibt auch unzählige falsche), brauche ich einen Freiheitshelfer. Ich brauche jemanden, der die Freiheit schon kennt und mir den Weg dorthin zeigen kann.

Mit der Einrichtung dieses blogs folgte ich einer Empfehlung, ein Tagebuch nicht "heimlich" zu schreiben, sondern öffentlich. Für mich war es bisher immer selbstverständlich, daß Tagebücher sehr privat und geheim geführt werden. Den Sinn dieser Empfehlung konnte ich deshalb nicht gleich verstehen, und zuerst war ich schockiert (weil meine Angst so groß war). Ich folgte ihr im Vertrauen darauf, daß sie von jemandem kommt, der in dieser Frage mehr Durchblick hat als ich. Das ist der Sinn von Führung auf dem Weg.

Ich war blind für diese Option, obwohl ich schon seit langer Zeit das Problem hatte, meine Mitmenschen mit meinem Mitteilungsdrang zu nerven. In meinem eigenen blog ist mein Mitteilungsdrang legitim. Wer hier liest, tut dies freiwillig, ich dränge mich hier niemandem auf. Diesen Sinn eines öffentlichen Tagebuchs habe ich sofort eingesehen. Den tieferen Sinn habe ich noch nicht ganz verstanden, aber das brauche ich auch nicht. Ich werde einfach sehen, was passiert. Ich werde neue Erfahrungen machen, und nach einiger Zeit kann ich überprüfen, ob es mir damit besser geht als zuvor oder nicht. Ob ich mich freier fühle oder nicht. Jetzt ist es für diese Überprüfung noch zu früh.

Zurück zur Ausgangsfrage: ich hänge nicht an meinem Ego, ich bin sehr entschlossen, das Ego zu untergraben, auszuhöhlen und zum Verschwinden zu bringen. Aber derzeit hänge ich noch sehr an meinem Ich, ich finde es unglaublich wichtig. Im Vertrauen darauf, daß danach etwas Besseres kommt, muß ich nach und nach lernen, auch das Ich loszulassen. Dies wird vermutlich ein sehr langer Weg werden.

Donnerstag, 19. November 2009

Das Gefängnis

In diesem Tagebuch will ich mich der Suche nach der Wahrheit widmen. Meiner Wahrheit. Ich will wissen, wer ich wirklich bin. Ich suche schon mein ganzes Leben lang, ohne daß es mir bewußt war. Zeitweise war meine Suche nach Wahrheit unterbrochen. Seit etwa 1-2 Jahren habe ich sie endlich wieder aufgenommen. Bisher fand meine Suche in verschiedenen geschützten Räumen statt. Jetzt mache ich sie öffentlich.

Das war für mich eine große Hürde, denn viele Jahre lang habe ich mich völlig vor der Welt versteckt. Ich möchte mich nicht mehr verstecken, ich möchte mich endlich zeigen. Zeigen, wie ich wirklich bin. Ich hoffe, daß ich über das öffentliche Schreiben nach und nach selber herausfinde, wer und wie ich wirklich bin. Für mich ist das ein großes Abenteuer.

Für den Einstieg möchte ich etwas über das Gefängnis erzählen.

Es geht hierbei um die Frage, wonach ich in meinem Leben suche. Suche ich nach Glück? Oder suche ich nach Wahrheit?

Zu dieser Fragestellung fallen mir zwei Bücher und ein Film ein: "1984" von George Orwell, "Brave new world" von Aldous Huxley und der Film "Matrix". In diesen Werken geht es jeweils um eine Scheinwelt, ein Gefängnis, das von den Menschen aber nicht als solches wahrgenommen wird. Die Menschen leben in diesem Gefängnis und glauben, das sei das wahre Leben, sie glauben, sie seien glücklich. In Wahrheit werden sie fürchterlich betrogen, jeweils auf unterschiedliche Art und Weise. Sie leben nur eine Fassade, sie werden ausgebeutet, sie leben nicht ihrer eigentlichen Bestimmung gemäß.

In jedem dieser Werke gibt es einige wenige einzelne Menschen, die die Lüge durchschauen und versuchen, aus dem Gefängnis auszubrechen. Das ist mit großen Schwierigkeiten verbunden. Die Freiheit, so sie erreicht wird, ist in vieler Hinsicht viel härter als das gewohnte Leben. Sie erscheint weniger glücklich. Aber sie ist echt, sie ist wahr. Und sie ist nahezu unerreichbar. "Matrix" endet optimistisch (aber dann gibt es wohl noch einen Folgefilm, der den Optimismus zerstört), die beiden Bücher enden pessimistisch. Aber es lohnt sich eben, für die Freiheit notfalls auch zu sterben.

Nein, ich will nicht mehr nach Glück suchen. Ich suche ab sofort nach Wahrheit! Auch wenn sie zunächst grausam erscheint und nur wehtut. Die Wahrheit ist immer besser als die Lüge! An dieser Frage scheiden sich die Geister. Die Wahrheit zu suchen ist der unbequemere Weg. Ich habe ihn bisher gemieden, das muß ich zugeben. Zeitweise suchte ich schon früher nach Wahrheit, aber dann verlor ich diesen Weg und ging in die Irre. Ich bin vielleicht in der Mitte meines Lebens. Ich habe noch eine Lebenshälfte vor mir, in der ich nach Wahrheit suchen kann. Viel Zeit verloren, aber auch noch etwas Zeit vor mir, hoffentlich.

Die erwähnten Bücher habe ich schon als Schülerin gelesen (sogar im Unterricht!), und sie haben mich tief bewegt. Aber niemals wäre ich damals auf den Gedanken gekommen, daß sie einen ganz realen Hintergrund in MEINEM LEBEN haben. Daß ICH auch nur ein Leben IM GEFÄNGNIS lebe. In dieser Hinsicht war das Buch "Schamane in Deutschland, Band I" von Gerd-Lothar Reschke für mich ein echter Augenöffner. Es war umwälzend. Es hat mir die Augen geöffnet für etwas, das ich zuvor schon geahnt oder teilweise sogar gesehen habe, was aber nun einen neuen und größeren Zusammenhang erhalten hat. Ich habe noch nicht alles verstanden, aber das Wesentliche schon: ich weiß, daß ich im Gefängnis bin, und ich weiß, daß ich da raus will!

In "1984" geht der Weg in die Freiheit über die Privatsphäre eines heimlichen Tagebuchs, um einem totalen Überwachungsstaat zu entkommen. In meinem Fall ist der Weg genau umgekehrt. Über ein öffentliches Tagebuch möchte ich dem Gefängnis meines eigenen Egos entkommen.

In "Brave New World" besteht das Gefängnis in der Konditionierung der Menschen auf Konsum, Sex und die Glücksdroge Soma. Das ähnelt schon sehr stark der Realität in unserer Wohlstandsgesellschaft. Mein Weg in Richtung auf die Freiheit führt weg von Konsum und weg von "Glücksdrogen", wozu man im weiteren Sinne alle oberflächlichen Unterhaltungsangebote zählen kann.

Den Film "Matrix" habe ich leider nur einmal gesehen, und dabei noch das Ende verpaßt. Der Film scheint mir sehr nahe an dem tatsächlichen Problem unserer Wirklichkeit zu sein. In dem Film leben die Menschen nur einen Traum, den sie für die Realität halten. Die Realität ist grausam, die Menschen werden als lebende Energielieferanten von Maschinenwesen mißbraucht. Was in Wahrheit unsere Realität ist, was meine Realität ist, das will ich ja erst noch herausfinden. Ich ahne einiges, und ich habe einiges dazu gelesen, aber ich weiß es nicht. Das Wissen muß und will ich mir erst nach und nach erarbeiten.