Dienstag, 19. Februar 2013

Tagesablauf

Heute bin ich um 6:15 Uhr aufgestanden und war um 7:00 Uhr im Wald. Nach kurzen Vorbereitungen bin ich 43 Minuten gelaufen, nach längerer Zeit mal wieder die 5 km – Strecke – in neuer persönlicher Bestzeit, wenn ich das richtig erinnere. Danach habe ich ein schnelles Bad im Bach genommen (spart den Aufwand für das Duschen zu Hause), mich am Auto für die Arbeit umgezogen und bin mit der S-Bahn in die Stadt gefahren. Um 10:00 Uhr war ich im Büro. Dann folgte ein hektischer Arbeitstag ohne richtige Pause (wegen mehrerer Besprechungen) bis etwa 18:00 Uhr, das ist etwa +/- Null im Gleitzeitsaldo. Auf dem Rückweg habe ich noch einen kurzen Lebensmitteleinkauf erledigt und war um 20:00 Uhr zu Hause – plus 15 Minuten, bis das Auto ausgeräumt war. Wenn ich alles zusammenrechne, war das ein 14-Stunden-Tag bis zum Feierabend. Mehr geht nicht rein in einen Werktag, auch bei gutem Willen nicht. Ich war nur noch müde, als ich zu Hause ankam, und froh, daß ich mir beim Grillstand vor dem Supermarkt ein halbes Hähnchen mitgenommen hatte, das ich dann lauwarm gegessen habe, so daß ich zumindest die Zeit für das Kochen gespart habe. Der Sport war mir heute wichtig und hatte Priorität. Gut so. Aber meine aktuellen Awareness-Übungen habe ich heute nicht geschafft – nicht einmal bewußtes Essen war heute drin, da ich zwischen den Besprechungen hastig irgendwas essen mußte, um nicht zu hungern, was bei Diabetes ganz schlecht ist. Und die anderen Dinge im Haushalt, die ich gerne mal nach und nach angehen würde – Aufräumen und Entrümpeln – sind einfach nicht drin. Ich bin abends zu müde und ausgelaugt vom Tag und habe nach Sonnenuntergang auch keine Lust zu diesen nervlich belastenden Aufgaben. Jetzt müßte ich eigentlich ins Bett, damit ich morgen wieder gegen 6:00 Uhr für den nächsten Workout aufstehen kann. Ich schlafe zu wenig, 7-8 Stunden wären gut, damit der Körper sich erholen und Muskeln aufbauen kann. Jahrelang habe ich mit meiner hohen zeitlichen Belastung durch den Beruf gehadert. Dann hatte ich den Eindruck, daß der Sport mir so viel extra Energie schenkt, daß ich viel mehr Dinge im Tagesablauf unterbringen kann. Aber ganz so ist es doch nicht. Der Sport macht auch müde, und die Regeneration ist wichtig. Wenn ich noch mehr extra Aktivitäten im Tag unterbringen wollte, müßte ich doch meine Arbeitszeit weiter reduzieren. Das will ich derzeit aber nicht. Also muß ich wohl akzeptieren, daß ich zwar den Sport integrieren kann und zuweilen auch noch kleine Extrazeiten übrig habe, aber keine großen Zeitblöcke für größere Aktivitäten. Entschleunigung wäre schön. Um das besser leben zu können, müßte ich alten Ballast loslassen. Nur fehlt mir dafür die Zeit. 14 Stunden ist genug. Dann will ich noch irgendwas nach Lust und Laune tun und ein wenig entspannen. Warum bin ich eigentlich unzufrieden? Es war doch ein sehr guter erfolgreicher Tag, nur zu hektisch, worauf ich aber keinen Einfluß nehmen konnte - eine kurzfristig angesetzte Besprechung vom Chef raubte mir die Mittagspause. Mit Mittagspause wäre der Tag ganz anders verlaufen, ich hätte Atem holen können, in Ruhe und bewußt essen können und vielleicht sogar noch die Sitzplatzübung geschafft, die mir auch zusätzliche Energie geschenkt hätte. Vielleicht sollte ich das heute einfach als lehrreiche Erfahrung sehen, wie unterschiedlich ein Tag verläuft, wenn ich mich vom Streß mitreißen lasse, oder wenn ich mir kleine Ruhe-Inseln schaffe. Es wäre dann trotzdem ein 14-Stunden-Tag gewesen, aber möglicherweise würde ich mich jetzt besser und weniger erschöpft fühlen.

Donnerstag, 7. Februar 2013

Training

Heute habe ich tüchtigen Muskelkater, vor allem in den Armbeugen und in den Oberschenkeln und der Hüftbeuge. Es fühlt sich gut an und zeigt mir, daß ich gestern morgen beim Training gut reingehauen habe. Ich habe jetzt gelernt, daß Muskelkater ein Zeichen dafür ist, daß der Körper die Muskeln stärkt und weiter aufbaut. Heute gewinne ich an Kraft hinzu. Ich sollte heute darauf achten, genug Eiweiß zu mir nehmen.

Bewußtes Essen

Gestern habe ich den ganzen Tag konsequent beim Essen auf bewußte Aufmerksamkeit geachtet. Das heißt, ich habe mir beim Essen Zeit gelassen, nichts anderes parallel zu tun. Meistens habe ich zusätzlich die Augen geschlossen, um noch weniger abgelenkt zu sein. Und beim Abendessen habe ich die Augen sogar verbunden. Es fiel mir schwer, dann überhaupt noch genug Zeit zum Essen zu finden, denn meistens esse ich nebenbei. Im Ergebnis habe ich weniger gegessen als sonst. Das befördert natürlich meinen Wunsch, weiter abzunehmen, war aber gestern am Arbeitsplatz auch etwas quälend. Nun die positiven Wirkungen: ich habe jeder Mahlzeit mehr Respekt geschenkt, ich war dankbarer als sonst. Und ich habe den Geschmack des Essen viel intensiver wahrgenommen. Ich habe das Essen mehr genossen. Am Abend konnte ich mich gut an alles erinnern, was ich über den Tag verteilt zu mir genommen habe – und ich konnte mir das Geschmackserlebnis leicht zurückrufen. Das Abendessen war so befriedigend, daß ich mich danach rundum wohlfühlte (was über den Tag eher nicht der Fall war, der Tag war zerfahren und hektisch) und gerne früh ins Bett ging. Sonst bin ich abends vom Tag oft so unbefriedigt, daß ich das Schlafengehen hinauszögere, weil ich nicht zulassen will, daß das schon alles war. Gestern war es tatsächlich vor allem das bewußte Essen, das mir gute Laune machte und den Tag abrundete. Heute morgen wachte ich auch gutgelaunt auf.

Bewußtes Hören

Weitere 10 Geräusche, die an meinem mittäglichen Sitzplatz zu hören waren: - Hubschrauber - Vogelstimme: wittwittwittwittwittwitt - Vogelstimme: tüidrrrr tüidrrrr - Stimmen vorbeigehender Menschen - Krähenrufe - durchdringender monotoner Ton aus der Ferne - quietschende Autobremse - Schneeregen, der auf meine Kleidung prasselt - Vogelstimme: dzi uäh (Meise) - Räuspern

Dienstag, 5. Februar 2013

Fazit Sinneserfahrungstag

Für alle Sinneserfahrungen gilt: ich muß nur ein wenig Mühe investieren und werde sofort reich belohnt – mit intensiven und tieferen Empfindungen, mit besserer Verbindung zu mir selbst und zur Umwelt, mit mehr Lebenslust. Wobei zur Lebenslust auch die Wahrnehmung von Schmerz gehören kann oder anderen unangenehmen Empfindungen. Heute hatte ich anhaltend den Tag über dieses friedliche Wohlgefühl und diesen leicht veränderten Bewußtseinszustand: ich lebe! Und das ist wunderbar! Es ist eine Mißachtung des Geschenks meines Körpers, wenn ich NICHT auf die Sinneswahrnehmungen achte. Ich habe in meinem Leben schon zu viel Zeit im scheintoten Zustand verbracht. Ich entscheide mich JETZT zu intensiver Sinneswahrnehmung immer und allezeit. Es wird mein Lebensgefühl entscheidend verändern, wenn ich das durchhalte. Beruhigend finde ich dabei, daß sich diese erweiterte Wahrnehmung automatisieren wird, so daß sie weniger anstrengend sein wird, wenn ich nur lange und intensiv genug trainiere. Ich habe es auch selber schon erfahren, daß dies stimmt. Denn seit ich vor einigen Jahren intensiv und wiederholt die Wahrnehmung der Geräuschkulisse trainierte, muß ich mir das nicht besonders vornehmen. Ich nehme Geräusche in der Regel nicht fokussiert auf ein Einzelgeräusch wahr, sondern immer auch die Geräusche drumherum. In der Tiefe kann ich das sicher noch verstärken, aber ich weiß schon, daß es funktioniert. Es wäre toll, wenn ich dies auch auf Geruch- und Geschmacksinn ausweiten könnte. Und beim Sehen brauche ich verstärkt die Bereitschaft, genau hinzuschauen. Die letzte Woche hat mir gezeigt, wie nachlässig ich insbesondere in der Wahrnehmung von Menschen bin. Und das bezieht sich nicht nur auf das Hinsehen, sondern auch auf die innere Hinwendung und Zuwendung. Ich will das ändern. Ich nehme mir jetzt mal vor, beim Essen und Trinken in der nächsten Zeit immer die Augen zu schließen – zumindest dann, wenn ich mich unbeobachtet fühle – dann ist die Versuchung geringer, mich ablenken zu lassen und parallel noch was anderes zu tun.

Geruch und Geschmack

Für das Training des Geruchs- und Geschmackssinns will ich mir beim Essen mehr Zeit lassen und bewußter die Nahrung aufnehmen. Das erfordert etwas Anstrengung, wie ich festgestellt habe. Denn ich esse sehr gerne nebenbei, während ich am Computer tippe oder lese oder fernsehe. Zudem habe ich mir seit Jahrzehnten angewöhnt, sehr hastig zu essen, nicht gut zu kauen und somit nicht sehr intensiv das Essen wahrzunehmen und zu genießen. Daß mein Verhalten ungesund ist und zudem das Übergewicht fördert, weiß ich natürlich. Ich bin oft so in Eile und nehme mir deshalb wenig Zeit für das Essen. So, das will ich jetzt ändern. Ich nehme dieses Programm als Anstoß, mein Verhalten möglichst dauerhaft umzustellen. Den vollen Sinnesgenuß bei jedem Essen werde ich so schnell nicht umsetzen können, aber ich kann mich dem zumindest annähern. Nie mehr unbewußtes In-Mich-Hineinschlingen von irgendwas, das mir vielleicht gar nicht schmeckt und wohltut. Seit meiner Ernährungsumstellung in Folge des Sportprogramms esse ich schon etwas bewußter als früher. Aber das kann ich weiter steigern. Ich esse doch auch so gerne, da ist es doch schade, das so unbewußt zu tun. Genuß beim Essen durch intensives Riechen und Schmecken ist so leicht zu erreichen, wenn ich nur die kleine Anstrengung auf mich nehme. Das sollte doch wohl drin sein. Ich will auch bewußt Geruchs- und Geschmackserlebnisse wahrnehmen und abspeichern, um mein Potential in dieser Hinsicht zu erweitern. Heute war ich bewußt genug, um spätestens beim zweiten Bissen innezuhalten und langsamer zu kauen und zu genießen. Meistens schloß ich dann auch die Augen, um mich möglichst wenig ablenken zu lassen.

Tasten

Gestern begann ich das Training des Tastsinns bei einem warmen Bad. Ich achtete sehr bewußt auf die Berührung der Haut durch das warme Wasser. Unglaublich wohltuend. Ich schloß eine längere Zeit die Augen, um die Empfindung noch intensiver zu machen, und fühlte mich danach rundum wohl und gewärmt. Heute war für den Tastsinn vor allem mein Sportprogramm hilfreich. Das Training bringt mich in den Körper und verstärkt meine Körperwahrnehmung. Nach dem Krafttraining und nachfolgend 3 km Laufen nahm ich noch ein kurzes Bad im eiskalten Bach. Den intensiven Kältereiz auf der Haut empfinde ich zuerst immer als sehr schmerzhaft, aber dann gewöhne ich mich daran und kann es fast genießen. Mir macht es sehr viel Spaß, mich diesem Reiz zu stellen. Einige Zeit danach ist das Körpergefühl immer sehr intensiv und wunderschön. Nach diesen zwei Stunden intensivem Natur- und Körpererleben fühlte ich mich mit mir und der Umgebung verbunden und hatte eine friedliche Geistesstimmung. Dieser innere Frieden und ein Gefühl von Dankbarkeit sind ein wunderbarer Start in den Tag. Ich wollte, ich könnte jeden Tag so starten. Bei Gelegenheit werde ich noch nach anderen Orten suchen, an denen ich morgens ein Bad im Freien nehmen könnte, ohne daß es mich zu viel Zeit kostet.

Hören

Am Sitzplatz habe ich heute auf die Umgebungsgeräusche geachtet. Folgende 10 Geräusche sind mir als erstes aufgefallen: Wind in meinen Ohren Schrei einer Möwe über mir Schritte von hinter mir vorbeigehenden Menschen Vorbeifahrende Autos von der nahen Straße Startende S-Bahn Laut quietschende Fahnenstange im Wind Wind in den Bäumen Gurrende Tauben bei der Balz direkt vor mir Metallisches Baustellengeräusch aus der Ferne Aufflatternde Tauben Wirklich leise Geräusche konnte ich heute nicht hören.

Weitwinkelblick

In dieser Woche stehen in meinem Awarenesstraining Sinnesübungen an. Damit habe ich schon viele Erfahrungen, aber ich kann bestimmt noch was dazulernen. Den Weitwinkelblick habe ich schon länger nicht mehr bewußt trainiert. Das Umschalten fällt mir leicht, aber den Weitwinkelblick auch beim Gehen bewußt beizubehalten, erfordert etwas Mühe. Gestern hatte ich einen stark schmerzenden rechten Augenapfel, der mir unerklärlich war, bis mir abends einfiel, daß es bestimmt an den ungewohnten Weitwinkelübungen vom Vortag liegt. Also will ich jetzt etwas vorsichtiger damit sein, bis ich mich daran gewöhnt habe. Im Weitwinkelblick sehe ich im Nahbereich alles doppelt. Das stört draußen weniger, beim Lesen oder der Büroarbeit aber schon. Das starke Fokussieren wird durch die Bildschirmarbeit leider gefördert. Ich schalte zum Entspannen der Augen öfters um, aber in der Regel bleiben die Augen doch den ganzen Alltag fokussiert, was nicht nur die Augen überanstrengt, sondern die ganze Wahrnehmung einseitig beeinflußt, wie ich jetzt gelernt habe. Die ganze Wahrnehmung ist dann fokussiert und nicht mehr breit angelegt. Und daß einseitiger Fokus sehr schädlich sein kann, haben mir z.B. die Begleitumstände zu meinem Sporttraining gezeigt. Ich war so darauf fokussiert, daß ich alles andere um mich herum vergessen habe, einschließlich anderer Menschen.

Freitag, 1. Februar 2013

Übung: Alltagsgegenstand untersuchen

Vor der Übung habe ich mich bisher gedrückt. Warum sollte ich mir Alltagsgegenstände ansehen? Das nervt doch nur. Aber ich mache es jetzt trotzdem und untersuche das Telefon. Was habe ich daran noch nie gesehen? - die Unterseite: aha, da gehen zwei Kabel rein und zwei Steckplätze sind noch frei; keine Ahnung, wofür die gut sind - der Hörer ist in einer eigenen Buchse angeschlossen - ah, da gibt es eine Anschlußmöglichkeit für einen Kopfhörer, das wußte ich auch nicht - an der Seite ist noch ein weiterer Anschluß - zwei Anschlüsse sind offenbar stillgelegt, da ist eine Platte davor - wofür braucht ein Telefon so viele Anschlüsse? Mein Telefon zu Hause hat nur ein Kabel und das wars (glaube ich zumindest) [Früher war alles besser, und Technik ist doof… offenbar habe ich viele Vorbehalte gegen Technik, aber das ist mir nichts neues] - unter dem aufliegenden Hörer sind Schlitze: offenbar ist darunter ein Mikrofon für Aufnahmen aus dem Raum, das ist mir bisher nie aufgefallen - etliche Tastensymbole habe ich nie angesehen, wozu dienen diese Tasten wohl? Also, ich breche die Übung ab, habe schon meinen Lerneffekt. Da ich zwanghaft ein Telefon nur in der Form benutzen will, wie es vor 50 Jahren üblich war, habe ich mich um andere Funktionalitäten nicht gekümmert. Ich habe sie nicht wahrgenommen, wußte zwar, daß es da noch was gibt, aber es war mir lästig und unangenehm. Eigentlich ziemlich blöde: wenn dieses Telefon schon auf meinem Schreibtisch steht, könnte ich es ja auch nutzen. Wer weiß, was mir bisher entgangen ist? Z.B. wäre es schön zu wissen, wie ich Anrufe weiterleiten und von anderen übernehmen kann, das hätte ich im Alltag schon öfter einsetzen können.

Awareness-Training: 1. Woche

Die erste Woche des Awareness-Trainings ist vorbei. Was habe ich gelernt? Vor allem habe ich über mich einiges gelernt. Meine Frustrationstoleranz ist in bestimmten Bereichen sehr gering. Ich kann nicht gut ertragen, wiederholt mit Nichtwissen und eigenem Unvermögen konfrontiert zu werden. Ich will immer schnelle Erfolge sehen, sonst gebe ich leicht auf. Es fällt mir sehr schwer, auf andere Menschen zu achten. Ich nehme fremde Menschen kaum wahr, sie gelangen kaum in mein Bewußtsein. Ich war total überfordert mit der Aufgabe, Menschen genau zu beobachten und mich dann am Abend noch daran zu erinnern. Ich hatte überhaupt keine Lust dazu, es erschien mir wie Zeitverschwendung. Offenbar bin ich so egozentrisch, kreise nur um mich selbst, daß es mir als Zumutung erschien, andere Menschen wahrzunehmen. Ziemlich schlimm, meine Einstellung. Nach dieser Woche hat sich etwas verändert. Manchmal gehe ich zwar immer noch mit Scheuklappen durch die Gegend, aber sehr oft bin ich aufmerksam und schaue Menschen, die mir auf der Straße, in der S-Bahn oder erst recht am Arbeitsplatz begegnen, genau an. Und ich kann mir besser Details ihres Aussehens merken. In der S-Bahn trainiere ich nun regelmäßig: ich sehe eine kurze Zeitlang eine Person an, schließe dann die Augen und rufe mir das Erscheinungsbild in Erinnerung. Danach überprüfe ich meine Wahrnehmung. Oft muß ich das einige Mal wiederholen, bis ich ein klares inneres Bild habe. Aber dann bleibt es erhalten, auch noch längere Zeit und läßt sich zuweilen auch abends oder gar am nächsten Tag wieder zurückholen. Ich weiß gar nicht, wie ich das mache, wie ich mir das merke. Es ist nicht anstrengend. Die Wahrnehmung als solche finde ich anstrengend, weil ich mich dazu überwinden muß, so aufmerksam zu sein. Aber wenn ich die Hürde genommen habe, ist die Erinnerung nicht mehr so schwer. An einem Tag passierte es mir mehrfach hintereinander, daß mich eine fremde Person anlächelte bzw. daß ich ein kurzes Gespräch beim Kassieren in einem Bistro führte. Beides ist für mich untypisch und hatte offenbar damit zu tun, daß ich diese Menschen länger als üblich angeschaut habe. Jeder Mensch möchte gerne gut wahrgenommen werden. Es wird sicher meine Kontaktfähigkeit verbessern, wenn ich weiter übe, Menschen wahrzunehmen. Allerdings gibt es auch Menschen, denen zu viele Blicke unangenehm sind und vielleicht sogar Aggression hervorrufen. Ich glaube, das war auch einer meiner Gründe, oft nicht so genau hinzuschauen: ich möchte die Privatsphäre anderer Menschen nicht verletzen und bei diesem keine Schamgefühle hervorrufen, wenn er vielleicht etwas an sich hat, das er nicht so gerne zeigt. Da schließe ich wohl vor allem von mir auf andere, denn ich lebe mit vielen Schamgefühlen. Wenn ich Blickkontakt aufnehme oder selbst, wenn ich jemanden von der Seite oder von hinten anschaue, stelle ich eine Verbindung her. Ich muß jeweils vorher wissen, ob ich das will oder nicht.

Sitzplatz

Warum habe ich mich so gegen die Sitzplatzübung gewehrt? Ist doch nicht schlimm, in der Mittagspause 10 min ohne Handlungszwang auf einer Bank zu sitzen. Unterdessen gefällt mir diese kleine Auszeit vom Alltag, und ich verlängere immer die Zeit, weil mir 10 min zu kurz sind. Ich schaffe es bisher allerdings nicht, die Gedanken abzuschalten. In den letzten Tagen kam immer noch Frust hoch, das war heute nicht mehr der Fall. Ich fühlte mich gut. Ich beobachte Menschen, die vorbeikommen, und Vögel. Heute kam eine Taube hartnäckig sehr nah und bettelte offensichtlich um Futter, so daß ich schließlich den Vogelfutterbeutel zückte. Tauben sind wunderschöne Vögel, schade, daß sie so mißachtet werden. Ich würde gerne die Sitzplatzübung mal zeitlich ausdehnen, am besten auf eine volle Stunde. Das habe ich im Rahmen meiner Wildnispädagogikausbildung auch ab und zu gemacht. Aktuell würde es mir schwerfallen, da ich immer so unter Druck bin, etwas tun zu müssen, aber gerade deshalb sollte ich es tun. Ich weiß aber noch nicht, wie und wann ich mir dafür Zeit nehmen will. Die Mittagspause ist dafür zu kurz.