Dienstag, 6. Juli 2010

Zeitarmut

Ich wäre insbesondere an diesen heißen Tagen gerne mehr zu Hause. Es ist eine Qual, in die Stadt zu fahren, in überhitzten, stickigen Bahnen in ein ebenso überhitztes, stickiges Büro. Wie schön wäre es, den Tag einfach zu Hause gestalten zu können, mit etwas Haus- und Gartenarbeit in den noch kühleren Morgenstunden, und dann viel Entspannen, vielleicht einen Ausflug an einen Badesee.

Wir sind doch angeblich ein wohlhabendes Land. Wir sollten uns das leisten können, weniger zu arbeiten. Ich sollte es mir leisten können, von einem Halbtags- oder Zweidrittel-Job zu leben, um mehr Lebenszeit sinnvoll nutzen zu können. Ich träume gerade mal wieder davon, es würde mir viel besser entsprechen.

Leider ist das derzeit nicht finanzierbar. Und ein wichtiger Grund dafür ist unser Geldsystem, das uns alle versklavt, um die Zinsen der Superreichen finanzieren zu können. Wir sind eben doch kein wohlhabendes Land mehr, sondern stark überschuldet. Und das gilt auch für einen großen Anteil der Bevölkerung. Wir müssen uns überschulden, damit auf der anderen Seite der Pyramide der Reichtum wachsen kann, denn Geld in unserem System ist Schuld. Ohne Schulden keine Vermögen. Beides wächst immer schneller, exponentiell, und ist immer ungleicher verteilt.

Es wird nicht mehr lange so weitergehen. Ob danach etwas besseres kommt oder nur eine neue Runde im gleichen Kettenbriefsystem gestartet wird, wird sich zeigen. Es wäre schön, mit weniger Wachstumszwang, etwas zurückgeschraubten Bedürfnissen, aber dafür mehr Zeitqualität leben zu können. Für mich individuell schaffe ich das nur, wenn auch die Gesellschaft zumindest teilweise in diese Richtung geht. Andernfalls sind die Belastungen durch Steuern und Abgaben einfach zu hoch.

Manchmal denke ich, daß ich nur deswegen so intensiv die Krisenberichterstattung verfolge, weil ich mir vom Fortgang der Krise mehr Zeit für meinen Garten und andere private Aktivitäten erhoffe – erzwungenermaßen durch Jobverlust.

Ich suche nach dem für mich sinnvollen Leben – und das ist im gegenwärtigen System bei aller individuellen Verantwortung nur schwer zu finden. Ganz kann ich mich dem System nicht entziehen. Aber ich kann das beste aus meinen Möglichkeiten machen. Und so bereite ich mich nicht nur auf einen möglichen Zusammenbruch des Papiergeldsystems vor – sondern auch auf weitere vom Scheingeld induzierte Börsen-Höhenflüge. Für die Altersvorsorge spare ich weiterhin regelmäßig in weltweit gestreute Aktienfonds.

Und bei alledem will ich vor allem die Lebensfreude nicht vernachlässigen. Meine Schreibmotivation hat seit einiger Zeit deutlich nachgelassen und meine Beiträge gehen weniger in die Tiefe. Das hat vermutlich etwas mit der Zeitqualität zu tun. Im Sommer sind die Aktivitäten mehr nach außen gerichtet, im Winter mehr nach innen. So lege ich wohl auch in meinem Blog eine mehr oder weniger ausgeprägte Sommerpause ein.

Ich habe so viele Ideen, was ich in der warmen Jahreszeit gerne machen möchte. Mal sehen, wofür die Zeit reicht.

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