Montag, 30. September 2013

Laufen bis zur aktuellen Grenze


Klare kühle Herbstluft, 7°C, etwas spät dran, Sonne ist schon oben. An meinem Schlafrhythmus muß ich noch weiter arbeiten, aber wichtiger ist mir, daß ich mich überhaupt morgens zu meinem Training aufraffe. Am Wochenende habe ich aus einem Laufbuch einen Trainingsplan studiert, der ganz gut zu meiner aktuellen Leistungsfähigkeit paßt. Demnach sollte ich mir für eine Steigerung von 18 auf 28 Wochen-Laufkilometer etwa 7 Wochen Zeit lassen, damit Muskeln, aber insbesondere Gelenke und Bänder sich anpassen können.

Mein aktueller Trainingsplan sieht das in 1 Woche vor! Und zwar in dieser Woche! Dabei mußte ich letzte Woche die längste Einheit ausfallen lassen wegen Krankheit, hatte somit nur 11 Laufkilometer + 7km zügiges Gehen. Ich hatte mich eigentlich zu meinem aktuellen Plan selbstverpflichtet, wollte ihn unbedingt durchhalten, egal wie, notfalls mit Gehpausen, falls es zum Laufen aller Einheiten nicht reicht.

Soll ich daran meinen Gelenken zuliebe etwas ändern, mir mehr Zeit für die Steigerung lassen? Das ist jetzt eine Gewissensentscheidung. Auf wen soll ich hören? Auf die Wissenschaft mit langsam steigender Forderung, oder auf die Scout-Philosophie mit sporadischer Überforderung?
Es wäre ein Leichtes, mir eine Kombination der beiden mir vorliegenden Trainingspläne zu überlegen, und heute statt 7 km nur 5 km zu Laufen. Aber ich fühle mich nach dem trainingsfreien Wochenende gut, das Wetter ist auch optimal, und warum sollte ich dann gleich zurückstecken?

Die erste Runde von 1,8 km laufe ich in 12 Minuten, das ist etwas schneller als sonst. Auch die zweite Runde schaffe ich in 12 Minuten, das läuft sich gut heute. :-) Auf 3 km stelle ich kurz meine Zwischenzeit fest, etwas über 20 Minuten, das dürfte meine zweitbeste Zeit bisher sein. Auch die dritte Runde läuft gut, auf 5 km sogar eine neue Trainings-Bestzeit mit etwa 33:44 min (zuletzt 36 min, und im letzten Winter noch etwa 43 min). Und dabei laufe ich ja weiterhin nie auf Tempo, sondern immer nur so schnell, daß ich noch relativ ruhig atmen kann (obwohl es für eine Unterhaltung nicht ganz reichen würde, ich habe mein Tempo doch ein wenig angezogen).

Auch für die 3. Runde brauche ich nur 12 Minuten, super, daß ich mein Tempo soweit halten kann! Dann muß ich kurz das Auto aufschließen und den Rucksack mit den Badesachen herausnehmen, der bremst mich jetzt natürlich etwas. Ich laufe deutlich langsamer. Ich spüre meine Kniegelenke, ja, die werden jetzt belastet. Gegen Ende der Runde denke ich, daß mich eigentlich nur der Kopf bremst, und beschleunige wieder. Und das geht auch problemlos. Ich vollende die 7km in 48:21 min, das ist neue Trainings-Bestzeit (im letzten Winter: ca. 70 min). Und ich bin diese Strecke in meinem ganzen Leben erst etwa ein Dutzend Mal gelaufen!

Ich bin schön durchgeschwitzt und mache aus Zeitdruck nur die nötigsten Dehnübungen für die Beinmuskeln. Vor allem in der Hüfte bin ich immer sehr steif und verspannt, das ist wohl die Quittung für jahrelanges Bürositzen. Ich mache zumindest noch eine Dehnübung für die Gesäßmuskeln und genieße den bucheckernbedeckten Waldboden und die wunderschönen Laubkronen gegen blauen Himmel. Leider kühle ich beim Dehnen schon wieder völlig ab.

Uuh, dann wird das hart heute mit dem Baden. Das Wasser im Bach ist eisig und beißt auf der Haut. Nach dem langen Sommer fällt es mir heute erstmals schwer, ganz einzutauchen. Den Kopf halte ich oben, nasse Haare will ich jetzt lieber nicht. Ich wasche mich ab und drehe mich ein paarmal im flachen Wasser. Schön kalt!

Meine Füße fühlen sich danach wie Eisklumpen an und brauchen mehrere Stunden, um wieder richtig warm zu werden. Aber das Körpergefühl ist genial, ich fühle mich toll und sehr verbunden mit den Elementen! :-)

Noch eine halbe Stunde danach fröstele ich auf dem Weg zur S-Bahn. Ich gönne mir einen heißen Kaffee mit Milch und Süßstoff (den ich normalerweise meide). Mann, tut das gut! Ich bin sehr dankbar für die Wärme, auch meine Hände saugen die Wärme des heißen Bechers auf. Ja, nur so sollte man heiße Getränke genießen: wenn man vorher richtig durchgefroren ist!

Selbst in der geheizten S-Bahn zittere ich noch. Soll mein Körper mal schön weitere Fettreserven verbrennen, um mich wieder aufzuwärmen. ;-) Gegessen habe ich bisher außer einem Eiweißdrink nach dem Training nichts.

Ich fühle tiefe Dankbarkeit: es ist so toll, wozu mein Körper nach jahrzehntelanger Mißachtung wieder fähig ist! :-) Kurz danach fließen Tränen. Eine Reuephase. Ich bereue zutiefst, daß ich mich so lange unterfordert habe. Was hätte ich in den letzten 20 Jahren alles erreichen können…

Jetzt setze ich mir körperliche Ziele. Im nächsten Jahr möchte ich einen Halbmarathon laufen! Nur für mich, ohne an einer Laufveranstaltung teilzunehmen. :-)

Ich fühle mich erst richtig lebendig an meiner Grenze.

P.S. Heute nachmittag bekam ich erst Kopfschmerzen und dann starke Erschöpfung. Aha, da war ich wohl heute an meiner Belastungsgrenze und könnte sicher gut einen Tag Regeneration brauchen.

Morgen stehen aber erneut 7 km auf meinem Plan. Und genau DIESER Tag hat meine Muskeln beim 1. Durchlauf vor einem halben Jahr fast umgebracht. Ich hatte erst einen Einbruch, bin trotzdem stolpernd weitergelaufen und hatte danach stundenlang heftigste Muskelschmerzen, wie 42°C Fieber in den Beinen. Das muß ich nicht nochmal haben, ich wäre ja bescheuert, wenn ich aus Fehlern nichts lernen würde.

Ich entscheide morgen früh, wie fit ich mich fühle! :-)

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