Donnerstag, 21. Oktober 2010

erzwungene Nähe

Bei meinen Freizeitaktivitäten habe ich keine Probleme mit räumlicher Nähe zu anderen Menschen. Da gibt es oft emotionale Nähe, und beim Tanzen ja auch körperliche Nähe. Das ist total schön, den Energiefluß zwischen zwei Menschen zu spüren, den Austausch zu erleben.

Der Unterschied zum Büro ist: meine Freizeitaktivitäten mache ich gerne, dabei fühle ich mich wohl und kann ganz unverstellt ich selbst sein. Im Büro spiele ich eine Rolle. Diese Rolle verhindert echte zwischenmenschliche Nähe. Ich habe mich seit 1-2 Jahren auch am Arbeitsplatz stark geöffnet, das scheint aber jetzt an eine Grenze zu gelangen – denn die Situation dort ist total künstlich und von mir so nicht gewollt. Und die Kollegen spielen ja auch meist eine Rolle, denn für sie ist es vermutlich auch künstlich. Kaum jemand macht das gern, nehme ich an, alle müssen nur irgendwie ihr Geld verdienen (das bißchen, das die Geldkrake uns übrig läßt).

Mein Bedürfnis dort war zuletzt, mich wieder stärker zurückzuziehen, um meine Rest-Energie zu sammeln. Ich will nicht neue Ego-Mauern errichten, aber das ist es auch nicht. Mein Schutz-Bedürfnis ist berechtigt. Mir geht dort sehr viel Energie verloren, die wird regelrecht abgezapft (da muß ich wieder an den Film Matrix denken – am Arbeitsplatz bin ich in der Matrix, da docke ich an die Energiefarm an, wo meine Energie für die Geldkrake abgezapft wird). Wir sind dort alle Opfer des Systems, das trifft auch auf meine Vorgesetzten und auch auf die Firmenleitung zu. Vielleicht können die ja gar nicht anders, als uns so zusammenzupferchen.

Es gibt beeindruckende Berichte von Menschen, die selbst unter unmenschlichen Bedingungen in Gefangenschaft ihre Würde erhalten konnten. Verglichen mit ihnen geht es mir ja sehr gut, mein Gefängnis ist weich gepolstert.

Ich will raus aus der Opferrolle, denn die schadet mir selbst. Ich ändere jetzt das, was ich ändern kann, versuche Verbesserungen am Arbeitsplatz zu erzielen und parallel dazu einen Ausweg aus dem Gefängnis heraus zu finden. Ich will mir ohne schlechtes Gewissen die Auszeiten/Pausen nehmen, die ich brauche, achtsam mit mir umgehen, um mich selbst nicht ganz zu verlieren im Job.

Ich bin irgendwie auch neugierig, wie es weitergeht. Meine Kollegen werden auch nicht glücklich sein, auch wenn sie es nicht so deutlich zeigen. Noch bin ich nicht bereit, einen neuen Versuch zu wagen, aber jetzt steht ja auch erst noch einmal ein verlängertes Wochenende für mich an. Ich will versuchen, endlich von der Arbeit abzuschalten und zu entspannen.

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