Dienstag, 5. Oktober 2010

Feuer empfangen

Am Wochenende habe ich einen Survival-Grundkurs besucht. Das war eine sehr intensive und schöne Erfahrung. Ich schreibe bestimmt nochmal mehr darüber, jetzt will ich erstmal nur ein Detail beleuchten.

Ich habe gelernt, daß das Feuermachen (besser: Feuer empfangen) ein sehr guter Spiegel sei. Bei mir war es so: an der Spindel, die ich für das Feuerbohren geschnitzt habe, habe ich sehr lange gearbeitet, trotzdem wurde sie nicht dünn genug. Ich beließ sie schließlich bei 2 cm Dicke, weil ich keine Geduld zum Weiterarbeiten hatte und endlich ein Ergebnis sehen wollte. Beim Feuerbohren in einem Team zu dritt ging unser Feuer nicht an. Die Glut aus zermahlener Holzasche war da, ließ sich aber nach dem Übertragen in das vorbereitete Feuernest nicht durch Pusten entzünden.

Die Leiterin fragte uns daraufhin, ob wir das aus unserem Leben kennen, daß die Glut da ist, aber dann erlischt, bevor das Feuer brennt.

Am nächsten Tag machten wir in einer neuen Team-Zusammensetzung einen neuen Versuch. Wir waren mit Konzentration und Achtsamkeit dabei, auch mit Begeisterung. Die Spindel quietschte, es qualmte ordentlich und ergab viel schwarze heiße Asche. Eine Frau übertrug die Asche in ihr Nest (aus trockenem Stroh und verschiedenen leicht brennbaren Samen) und pustete vorsichtig, während ihr der Qualm in die Lunge drang. Schließlich zündete die Glut, das Nest brannte, das Gruppen-Erfolgserlebnis war da. Große Erleichterung.

Ich wollte dann gerne selber auch ein Nest zum Brennen bringen. Ich war nun schon etwas erschöpft vom Ziehen des Bohrers, aber dennoch gab es wieder Qualm und heiße Asche. Diese schüttete ich etwas hastig in mein Nest, schloß es dann und pustete minutenlang kräftig hinein. Ich spürte, wie meine Hände warm wurden, ein sehr angenehmes Gefühl, es rauchte auch, aber es war keine Flamme zu sehen. Ich wurde dann darauf aufmerksam gemacht, daß ich nicht einfach blind pusten darf, sondern die Glut sehen muß, um zu erspüren, was sie braucht. Es war nichts mehr zu machen, ich hatte das Feuer im Keim erstickt.

Auch hier wieder die Frage an mich, woran mich das erinnert, ob ich das aus meinem Leben kenne.

Ja klar kenne ich das. Ich bin Widder, immer mit dem Kopf durch die Wand. Das geht oft schief, dann gibt es Beulen, aber keinen Erfolg. Ich bin zu ungeduldig und zu unachtsam. Ich hätte ruhiger und achtsamer mit der Glut umgehen müssen, auch erstmal warten müssen, bis diese sich von selbst weiter ausbreitet. Wer wie ich aus etwas heißer Asche sofort ein loderndes Feuer entzünden will, erstickt es vor dem Entstehen.

Wo ich das im Leben konkret wiederfinde, ist auch klar: bei meiner beruflichen Situation. Nach meiner Reise nach Schweden im letzten Jahr war ich so high und von meiner eigenen Kraft überzeugt, daß ich versucht habe, mit Gewalt mein berufliches Leben völlig umzustülpen. Ich habe nach einer Vision für einen neuen Beruf gesucht. Da waren auch einige Ideen und gute Gedanken, aber es war offenkundig noch nicht reif. Ich habe zu kräftig gepustet und die anders als in meiner Vorstellung in Wahrheit doch noch sehr schwache Glut erstickt.

Zudem war ich noch zu stark im Ego-Gedanken verhaftet. Aus dem Ego entsteht nichts Gutes. Unterdessen gab es einige Erfahrungen, in denen sich das Ego temporär fast auflöste, nicht mehr wahrgenommen wurde. Ich bin darüber generell etwas ruhiger und gelassener geworden. Gut Ding will Weile haben. Das Feuerbohren hat mir gezeigt, daß noch mehr Ruhe und eine achtsame innere Haltung notwendig ist, bevor ich mein Feuer entzünden kann.

Es ist auch legitim, die Glut zu schützen, solange sie noch schwach ist. Nicht jeder Mensch sollte dann in meiner Nähe sein, nur diejenigen, die mein Feuermachen unterstützen. Diese Unterstützung hatte ich an diesem Wochenende, trotzdem hat meine eigene innere Ruhe nicht gereicht.

Ein Erfolgserlebnis mit dem Feuer hatte ich dennoch. An einem Morgen fiel meiner Gruppe die Aufgabe zu, das Feuer für die Gemeinschaft zu entzünden. Da die anderen noch schliefen, habe ich das ganz alleine gemacht. Es gab noch genug Glut vom Vorabend, und ich hatte Holzspäne und Kieferrinde zurückgelegt. Ich schichtete die Materialien auf die Asche des Vortags und pustete gar nicht lange, da brannte es schon. Dann habe ich das Feuer noch eine Weile bewacht und genährt, bis es wieder zuverlässig hoch brannte und ich den Wasserkessel aufsetzen konnte.

Ich empfand eine sehr tiefe Dankbarkeit. Nicht „ich“ (Ego) habe das Feuer entzündet, sondern es wurde mir und der Gemeinschaft geschenkt. Es war eine heilige Handlung, die ich ausführen durfte. Ich bin immer noch tief berührt davon.

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