Sonntag, 26. Juni 2011

Wildnisnahrung

War das ein bewegendes Wochenende! Ich komme gerade vom Seminar „Eßbare Wildnis“ zurück, total glücklich, nur traurig, daß ich jetzt wieder in den Alltag zurückkehren muß. Aber ich kann mir noch einen Tag Zeit lassen. Wozu braucht man geschlossene Häuser, wenn es warm ist und noch nicht mal regnet? Ich schlafe heute unter freiem Himmel in meinem Garten, habe ich eben spontan beschlossen.

Ich habe voller Liebe und Verbundenheit auf dem Rückweg verschiedenste Kräuter geerntet, die ich morgen zubereiten werde. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt so viel Ehrfurcht und Dankbarkeit für meine Nahrungsmittel empfunden habe. Die Natur beschenkt uns mit ihrer ganzen Fülle. Wir dürfen nehmen, was wir zum Leben brauchen. Das ist das Gesetz des Lebens. Wir nehmen und wir geben zurück, was wir geben können.

Alle Lebewesen sind eingebettet in das Ganze. Wir gehören genauso dazu wie Pflanzen und Tiere. Wir dürfen uns auch zugehörig fühlen, auch wenn das vielen Zivilisationsmenschen fast abhanden gekommen ist. Aber in unseren Genen ruht die Erinnerung an Jahrtausende enger Verbundenheit mit allem, was ist.

Für mich habe ich jetzt auch den Konflikt gelöst, ob Fleischessen gut ist. Ja, für mich ist es gut. Es ist gut, phasenweise oder auch überwiegend vegetarisch zu leben, aber es ist auch gut, Fleisch zu essen, wenn es in einer Haltung von Respekt und Dankbarkeit gegenüber dem Tier erfolgt, das für mich sein Leben gelassen hat. Es sollte einfach nicht öfter als notwendig ein Tier für mich geschlachtet werden und es sollte ein möglichst gutes Leben gehabt haben.

Das Tier gibt sich hin, wenn es von einem anderen Tier getötet und gefressen wird. So habe ich es noch nie gesehen, ich habe die Beute immer nur als unglückliches und passives Opfer gesehen. Natürlich hängt jedes Tier an seinem Leben, aber es ist nun mal die Bestimmung vieler Tiere, anderen als Nahrung zu dienen. So auch dem Menschen.

Ich bin sehr tief berührt von der Erfahrung, den Tod eines Huhns mitzuerleben, das uns dann als Nahrung gedient hat. Es ist sehr existentiell. Und paradoxerweise empfinde ich sehr viel Liebe für dieses Tier. Und vor allem sehr viel Dankbarkeit. Wir haben alle eßbaren Teile des Huhns gebraten/gekocht und verzehrt, um seinem Tod so Ehre zu erweisen.

Das ist die richtige Haltung bei allen Dingen, die wir tun. Wenn wir in Verbindung gehen mit dem, was wir gerade tun (z.B. Wildkräuter putzen und Salatsauce rühren, oder auch Huhn zerlegen und würzen, oder Frischkäse selber herstellen), dann ist es gut, was wir tun. Und die Energie, die wir in die Zubereitung der Nahrung geben, empfangen wir nachher über die Speise. Wer hektisch kocht, ißt auch Hektik. Und wer ein Lied singt beim Kochen, erntet diese Liebe und Freude, die er in das Essen hineingewoben hat.

Das ist nicht nur eine theoretische Erkenntnis, ich habe es mit dieser wunderbaren Gruppe auch genau so erfahren.

Ich bin sehr erfüllt, glücklich und dankbar!

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