Freitag, 16. April 2010

belastendes Muster

Ich habe ein Muster: ich versuche immer, es anderen Menschen recht zu machen. Das ist mir heute sehr stark am Arbeitsplatz aufgefallen. Wenn eine Aufgabe knifflig ist, dann übernehme ich (unterdessen wieder) den komplizierten Teil, weil ich glaube, anderen dies nicht zumuten zu können.

Ich versuche immer, es anderen zu erleichtern, leichter zu machen als mir selber. Ich glaube, selber klüger zu sein oder mehr Last tragen zu können als andere, deshalb mache ich das so. Außerdem kann ich den Schmerz, die Ungeduld oder auch die Abwehr von anderen schlecht ertragen. Ich leide lieber selber, als andere leiden zu sehen. Es hört sich sehr edelmütig an, ist es aber vermutlich nicht. Es ist eher eine Art von Selbst-Verleugnung und nicht für mich Einstehen.

Das Muster stammt aus meiner Kindheit, vermute ich. Ich habe sehr früh Verantwortung für die Gefühle anderer Menschen übernommen – mehr als für meine eigenen Gefühle.

Will ich das ändern? Ich weiß es nicht. Erstmal finde ich es gut, daß ich dies beobachte, es war ein bisher eher unbewußtes Muster.

Ich konfrontiere andere Menschen nicht offen mit meiner vollen Wahrheit, weil ich sie „schonen“ will. Dabei ist ja gar nicht gesagt, daß andere geschont werden wollen. Oder selbst wenn, dann ist nicht gesagt, daß es für sie gut ist, von mir geschont zu werden. Oder daß es für mich gut ist.

Ich verstecke mich damit. Ich verleugne meine Kraft. Das ist das Gegenteil von dem, als was es vordergründig erscheint: vordergründig zeige ich Kraft dadurch, daß ich die Last von anderen schultere. In Wahrheit verleugne ich damit meine Kraft. Etwas anderes wäre es, wenn ich erst offen aussprechen würde, was ist, wenn ich die Last offen auf den Tisch legen würde. Dann könnte jeder der Beteiligten entscheiden, wieviel davon er tragen kann und will. Möglicherweise würde ich dann dennoch den größeren Teil nehmen, aber es wäre dann nicht mehr versteckt, heimlich.

Ich würde den anderen nicht mehr heimlich manipulieren, mich heimlich erhöhen und als was besseres fühlen können. Und gleichzeitig könnte ich mich nicht mehr ungerecht überlastet und übervorteilt fühlen. „Ich Arme, immer muß ich die Last der anderen tragen“. Wenn es alles ausgesprochen wäre, hätte ich keinen Anlaß für Selbstmitleid mehr.

Vermutlich wäre ich dann nicht mehr immer so lieb und nett und hilfsbereit, wie ich es derzeit bin. Vermutlich würde ich öfter mal anecken.

Ich finde es total interessant, daß mir heute dieses Muster auffällt. Das muß eine Nachwirkung von gestern sein. Ich habe erstmals an einem Satsang teilgenommen, die Gelegenheit dazu ergab sich kurzfristig. Als ich davon erfuhr, wußte ich sofort, daß ich die Chance nutzen muß, diese neue Erfahrung zu machen.

Ich war trotz der ungewohnten Situation recht gut bei mir, habe intensiv die Atmosphäre aufgenommen und mich wohlgefühlt. Entgegen meiner ursprünglichen Absicht bin ich nicht nach vorne gegangen, um selber mit dem Lehrer zu sprechen – mir fehlte dann doch der Mut dazu, und es schien mir auch nicht notwendig zu sein (meine brennende Frage schien sich von alleine zu klären, auch ohne direkte Begegnung).

Aber am Ende der Veranstaltung hatte ich sehr intensiv die Empfindung, daß ich mich wieder einmal nur in der Menge versteckt habe, mich nicht gezeigt habe, und ich hatte sehr stark das Bedürfnis, mit dem Versteckspiel endlich aufzuhören. Ich habe etwas zu sagen, und ich will mich damit nicht länger verstecken. Es geht nicht um Selbstdarstellung, ich kann anderen Menschen etwas geben, indem ich mich authentisch zeige. Das ist die eine Seite: ich möchte von mir etwas geben. Die andere Seite ist: ich kann auch etwas lernen, etwas bekommen, wenn ich mich einem Austausch stelle, insbesondere einem Austausch mit einem spirituellen Lehrer.

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