Montag, 15. November 2010

Mögen alle Wesen glücklich sein!

Heute bin ich den ganzen Tag von einem feinen Glücksgefühl erfüllt - sogar am Arbeitsplatz! Ich bin dankbar dafür und möchte es gerne weiterschenken:

Mögen alle Wesen glücklich sein! :-)

In der S-Bahn stiegen 3 extrem laute betrunkene Männer mit mir ein. Zuerst bedauerte ich, daß ich nicht in einen anderen Wagen eingestiegen war, dann bemühte ich mich um eine ruhige und freundliche Geisteshaltung, die Männer im Nacken. Als sie ausstiegen, seufzte ich erleichtert – wie wohl die anderen Passagiere um mich herum auch. Dann dachte ich aber: was wäre wohl passiert, wenn ich diesen verirrten Männern mit freundlicher Stimme ohne jeden Unterton (das wäre sehr schwierig) einen schönen Abend gewünscht hätte? Ob es die Situation befriedet hätte? Denn offenbar litten sie ja an einem Aufmerksamkeitsdefizit.

Nein, noch traue ich mich sowas nicht und bin nur froh, wenn ich unbeschadet herauskomme. Aber ich habe immer weniger Angst vor anderen Menschen, und es ist seltener, daß ich einen Anflug von Verachtung oder Abscheu empfinde – früher meine normale Reaktion auf solche Situationen.

Danach ging ich zum Meditationskurs, heute vorläufig letzter Abend. Meine bestimmende Empfindung während der Meditation war: mir geht es jetzt gut, ich bin glücklich, aber das reicht nicht. Ich möchte, daß es auch anderen Menschen gut geht.

Mögen alle Wesen glücklich sein!

Dieser Gedanke kam mir immer wieder, und dabei eine Mischung aus Mitgefühl und innerer Ergriffenheit. Ich lese z.Zt. von Lama Ole Nydahl „Wie die Dinge sind“ (eine Einführung in die buddhistische Lehre), davon bin ich sicherlich beeinflußt. Was mir bisher unbekannt war: die Buddhisten (oder zumindest einige Schulen) unterscheiden zwischen der eigenen Befreiung (Durchschauen der Ich-Illusion) und der Erleuchtung zum Wohle aller Wesen. Letzteres ist jetzt mein Ziel. Es reicht mir nicht (mehr), nur alleine glücklich zu sein. Ich möchte gerne anderen Menschen helfen. Wenn ich irgendwann Befreiung erlangen sollte, möchte ich da nicht stehenbleiben. Dann möchte ich weitergehen.

Heute empfand ich so viel Frieden und konnte auch etwas davon weitergeben. Eine Frau wies mich darauf hin, daß ich mich seit Beginn des Jahres so sehr stark verändert habe – daß ich jetzt strahle. Das Kompliment war mir fast ein wenig unangenehm. Nicht „ich“ strahle, sondern wenn, dann strahlt „ES“ durch mich hindurch.

Meine tiefsten spirituellen Erfahrungen hatte ich vor Beginn dieses Meditationskurses, aber anscheinend sind diese Erfahrungen nach und nach so in mir geerdet und integriert worden, daß es heute auch nach außen sichtbar ist (das war vor Monaten auch schonmal so, aber dann gab es diese Rückschläge).

Als ich der Leiterin für die vielfältige Inspiration dankte, gab sie mir auch dieses Kompliment zurück und dankte für die Inspiration, die ich weitergegeben habe. Uff!

Ich bin froh, wenn das, was ich tue, irgendeinen Nutzen hat – für mich und/oder für andere. :-)

Warum geht es mir heute so gut? Keine Ahnung. Es ist einfach so. In den letzten Wochen gab es bei mir viel Leid und Wut, sehr viel Anhaftung, aber auch Auseinandersetzung damit. Vielleicht ist ein weiterer Knoten geplatzt, wer weiß. Bin gespannt, ob das „Strahlen“ noch ein paar Tage anhält. Vielleicht ja sogar am Arbeitsplatz? Große Herausforderung. ;-)

Auf der Rückfahrt hatte ich noch eine kurze S-Bahn-Begegnung. Ich saß gegenüber einem Farbigen, der sich ungewöhnlich verhielt: er rieb sich das Gesicht mit einer farbigen Flüssigkeit ab, von der er danach auch trank. Er wirkte während der Fahrt etwas unruhig, bewegte sich viel. Ich las still und friedlich. Unsere Blicke trafen sich kurz. Ich lächelte. Er lächelte zurück. Danke. :-)

Danach fuhr ich noch spontan in den Wald. Im letzten Winter habe ich das oft gemacht. Es ist jedesmal eine Mutprobe (ich habe Angst vor freilaufenden bzw. streunenden Hunden und vor den Menschen, denen ich dort im Dunkeln begegnen könnte), aber ich genieße dieses Glücks- und Freiheitsgefühl, das sich bei mir oft einstellt, wenn ich dort bin: ich liebe den Geruch von modrigem feuchten Laub, das ist so erdig. Dazu das kleine Moor im Nebel und fahlem Mondlicht. Herrlich! Nur wenige Meter von meinem Auto entfernt, das für mich dann die Nabelschnur zur Zivilisation darstellt. Das brauche ich, denn etwas mulmig ist mir da schon, aber wenn ich es nicht übertreibe, kann ich ganz schnell neben der Angst auch den ganzen Zivilisationsballast für einige Momente abfallen lassen. Ich bin ein Teil dieser wunderbaren Natur. Ich fühle mich dort frei und verbunden zugleich. Ich werde dort still.

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