Donnerstag, 10. März 2011

kleines Wald-Abenteuer

Nach meinem emotionalen Ausbruch vorhin ging es mir tatsächlich etwas besser. Es geht ja leider nur so, wenn man alte Wunden heilen will: erst müssen die Trostpflaster abgerissen und der alte Schorf abgekratzt werden, dann liegt die Wunde erstmal offen – und das ist die Hölle. Erst danach kann man sehen, ob die Wunde von innen neu und diesmal anders zuheilen kann.

Ich habe mich trotz Erkältung zu einem Spaziergang entschlossen. Es fiel mir schwer, mich dazu zu überwinden, zumal das naßkalte Schmuddelwetter nicht gerade einladend ist.

Es ist nicht notwendig, ans Ende der Welt zu reisen, um Abenteuer zu erleben. Ich hatte heute mein kleines Waldabenteuer direkt hier um die Ecke. Eine Viertelstunde Fußweg bis zum Erreichen eines Feldwegs, das geht ja so. Meine müden Füße wollten da am liebsten schon umkehren, aber für die Seele wurde es nun ja erst interessant.

Als erstes sprang mich eine knorrige Eiche an mit einigen niedrigen gut erkletterbaren Ästen. Verdammt, ich bin noch nicht zu alt dafür: also bin ich draufgeklettert und habe die vorbeigehenden Spaziergänger ignoriert. Als nächstes hielt ich Ausschau nach Zündmaterial zum Feuermachen. Trockenes Gras / Stroh war leicht zu finden, aber keinerlei flauschige Samenstände. Na ja, habe ich halt den Beutel mit Stroh gefüllt und Birkenrinde von herumliegenden Ästen. Die vorbeilaufende Familie guckte irritiert, und ich war etwas verlegen. Ungewohnt, sich von der Stadtfrau in eine Waldfrau zurückzuverwandeln.

Ein Falke überflog das Feld.

Dann, als ich gerade eine einladende Bank erreichte, gab es einen kräftigen Regenschauer. Einen kleinen Schirm hatte ich dabei, als Tribut an die Zivilisation, also nicht so schlimm. Ich erwog kurz umzukehren, aber nun begann ja erst der interessanter aussehende Wald, also weiter. Von herumliegendem Totholz sammelte ich noch morsches Holz für meine Feuer-Experimente, dann fand ich eine sehr schöne hohle Eiche – ich fühlte mich in meine Kindheit zurückversetzt. Es braucht so wenig, um wieder in Kontakt zur Natur zu gelangen.

Ich wollte mich nicht verlaufen und ging deshalb immer geradeaus parallel zur Bundesstraße, zu der ich später wieder zurück mußte. Und dann verlief ich mich doch! Der Weg endete mitten im Wald in einem morastigen Gebiet. Dahinter ein nicht überquerbarer Wassergraben und ein eingezäuntes Firmengelände, das ich örtlich nicht zuordnen konnte. Wo bin ich? Man sollte vielleicht doch nicht ohne Karte in unbekanntes Gelände gehen. ;-) Obwohl es meine unmittelbare Nachbarschaft ist, war ich tatsächlich noch nie zuvor dort.

Eigentlich ist die Orientierung nach den Himmelsrichtungen und dem Geräusch der Straße dort ganz leicht. Also versuchte ich quer durch den Wald zu gehen. Ein Reh sprang in der Ferne durchs Unterholz. Ich wollte ihm gerne folgen, denn wo es durchkommt, komme ich wohl auch durch. Aber dann wurde es immer sumpfiger. Eine kurze Strecke lief ich noch über die Schilfbüschel, aber dann entschied ich doch, daß ich heute keine nassen Füße riskieren will. So kehrte ich um, zurück zu dem Weg.

Nun machte ich mir langsam Gedanken, wie lange ich wohl für den Nachhauseweg brauchen würde. Zu Essen hatte ich nichts dabei, aber zu Trinken. Das finde ich auch wichtig. Im Wald hätte ich aktuell nur Vogelmiere gefunden, die ich sicher identifizieren kann, und diese ist auch noch sehr klein. Hier ist noch richtig Winter, das Eis auf den Wasserflächen ist noch nicht ganz abgetaut.

Ich nahm eine andere Abzweigung, die endlich in bewohntes Gebiet zurückführte. Große Erleichterung, als ich Autos sah (das ist selten, daß ich mich über Autos freue!). Ich erkannte die Straße, da bin ich schon mit dem Fahrrad durchgefahren, und trotzdem war ich mir der Himmelsrichtung auf einmal wieder unsicher. Habe ich also doch noch den Kompaß zu Rate gezogen. Ok, die Richtung stimmte grob. Also Rückmarsch nach Hause, an einem Gewerbegebiet vorbei.

Ich war zwei Stunden unterwegs (es kam mir sehr viel länger vor und ich hatte zuletzt sehr müde Beine) und habe mehr erlebt, als sonst in einer ganzen Arbeitswoche! Erschütternd einerseits. Andererseits auch anregend: wenn ich mit verhältnismäßig so wenig Aufwand so viel Erlebnis haben kann, warum um Himmels willen mache ich das nicht öfters???

Ich habe ganz besonders den Wind auf der Haut genossen und die frische Kälte der Luft. Im Büro ist immer so abgestandene warme Luft ohne jede Bewegung, völlig steril, klinisch, tot! Wie soll ich je diesen Spagat schaffen? Aber erstmal bin ich ja krank und darf mich um meine Genesung bemühen.

Ein wunderbarer Waldspaziergang war das. :-)

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