Montag, 14. März 2011

vergebliche Sitzplatzsuche

Heute bin ich auf der Suche nach einem zu Fuß erreichbaren Sitzplatz in eine andere Himmelsrichtung gelaufen. Vorbei an einer für eine Industrieansiedlung vollständig gerodeten Kleingartenanlage, die im letzten Sommer noch voller Leben war – das war ein schrecklich deprimierender Anblick.

Dann wurde mir bewußt, wie nahe ich an einem Heizkraftwerk wohne mit riesigen in der Landschaft herumstehenden Transformatoren (oder was auch immer das ist) und Hochspannungsmasten. Rundherum ein wenig Natur, eingekesselt zwischen Zäunen. Ich sah und hörte erstaunlich viele Vögel dort. Das könnte ja interessant sein, so ganz in meiner Nähe. Dann fand ich ein sehr kleines Wäldchen, das ich bisher nicht kannte. Es stellte sich als Sackgasse heraus, die an drei Seiten an hohe Zäune grenzte, kein Zugang zu den Straßen.

Als ich gerade in dieser Falle steckte, schoß ein riesiger schwarzer Hund mit vollem Tempo durch das Unterholz auf mich zu. Wie das heutzutage leider so üblich ist, war die Besitzerin zunächst weder zu sehen noch zu hören.

Ich hatte Glück, schaffte es einigermaßen, meine Angst zu kontrollieren, und der Hund sprang mich nicht an, sondern schnüffelte „nur“ an meinen Beinen, setzte sich dann hin und schaute zu Frauchen. Die Körperhaltung wirkte wie „ich habe die Beute gestellt“. Da die Frau immer noch nicht reagierte und ich mich nicht wegzubewegen wagte, rief ich zu ihr 50m durch den Wald, sie möge bitte ihren Hund zurückrufen, und endlich reagierte sie. Unverschämte Menschen gibt es! Früher war es selbstverständlich, daß Hunde angeleint waren, insbesondere große Hunde.

Mir hat dieser Vorfall gezeigt, daß es leider in unmittelbarer Nähe meines Hauses keine Möglichkeit für einen ruhigen Sitzplatz in der Natur gibt. Mit der ständigen Gefahr, von Hunden angefallen zu werden, finde ich keine Stille. Ich werde also meinen eigenen Garten dafür nutzen oder ins Naherholungsgebiet fahren (aber auch da gibt es viele Hunde: überhaupt scheint es heutzutage nur noch Hundebesitzer oder Eltern kleiner Kinder zu Spaziergängen zu ziehen, Menschen „ohne“ sehe ich so gut wie nie). Außerdem denke ich darüber nach, mir einen transportablen Sitz zu besorgen, damit ich nicht so tief am Boden sitzen muß – mit den Hunden auf Augenhöhe.

Auf dem Rückweg nach Hause hielt ich nach weiteren kleinen Naturflecken Ausschau, aber es gab nur trostlose Ausblicke auf Industriegebäude. Zwar gibt es noch einige schöne alten Bäume entlang der Straßen, aber die stehen sehr isoliert. Am Ende meiner Straße wird seit kurzem eine riesige Lagerhalle errichtet. Früher war hier ein sehr interessantes Brachland mit jungen und ganz alten Bäumen und vielen Vögeln. Jetzt ist alles planiert. Andere mögen das für Aufschwung halten, ich nicht. Ich finde es sehr traurig, daß immer mehr Natur zerstört wird. Eine Amsel saß still auf einem der wenigen verbliebenen Bäume. Auf mich wirkte sie sehr verloren.

Ich war sehr deprimiert, als ich nach Hause kam. Es gibt ja nicht mal einen Park in der Nähe. Was machen wohl ältere Menschen ohne Auto hier in der Gegend?

Gut finde ich, daß ich meine unmittelbare Umgebung mal etwas genauer wahrgenommen habe. Ich bewege mich nämlich seit Jahren fast überhaupt nicht mehr zu Fuß, sondern nur mit dem Auto von hier weg. Vielleicht sollte ich das Fahrrad nutzen, um meinen Bewegungsradius etwas zu vergrößern. Aber das Fahrrad ist noch im Winterschlaf.

In der Abenddämmerung setzte ich mich auf die Terrasse, lauschte dem langsam verklingenden Vogelkonzert und beobachtete die Amseln bei der Schlafplatzsuche. Sie lieben anscheinend meine Eiben. Zumindest bei mir gibt es eine winzige Oase für sie. Und für mich, denn hier finde ich zur Ruhe, zumindest manchmal.

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