Sonntag, 28. März 2010

Entrümpeln

Vielleicht muß man ein Ego-Muster, das einen lange begleitet, erst bis an den äußersten Punkt ausleben und ausspielen, bevor man umkehren kann. Das dachte ich heute, als ich mich mit dem Aussortieren von Papierstapeln befaßte.

Ich habe u.a. eine Kiste mit Quittungen von 2006 und früher weggeworfen. Es ist ja sinnvoll, bestimmte Quittungen aufzuheben für den Fall einer Reklamation oder eines Garantieschadens. Ich mache mir aber nie die Arbeit, das sorgfältig abzuheften, so daß ich die Quittungen im Bedarfsfall leicht zuordnen könnte. Das kommt einfach auf einen Stapel, zeitsparend, aber sehr platzraubend. Und dann vergesse ich diese Stapel, wiederum zeitsparend, aber energieraubend. Wenn ich so alte Dinge finde, fällt mir wenigstens jetzt die Entsorgung leicht.

Ich entsorgte beispielsweise auch alte Autowerkstatt- und Telefonrechnungen. Ich habe bisher kein System, wie lange ich so ein Zeug aufhebe, ich habe viele Belege seit 20 Jahren gesammelt. Da gibt es noch Berge, die abzuarbeiten sind.

Bei Ausdrucken von Artikeln aus dem Internet vom letzten Jahr konnte ich mich zur Entsorgung noch nicht entschließen, also habe ich diese erstmal etwas besser geordnet und verstaut. Einige ausgedruckte stark emotional gefärbte Emails aus dem letzten Jahr haben mich sofort zurück in die Vergangenheit gezogen. Erstaunlich, welche Macht das hat.

Das Ego freut sich anscheinend, wenn es sich an der Vergangenheit weiter festkrallen kann und hat diese gute Gelegenheit genutzt, um wieder einen depressiven Schleier über das JETZT zu ziehen. Ich beobachte das, habe aber noch nicht genug Distanz dazu. Vermutlich werde ich deswegen die Entrümpelung demnächst wieder auf die ganz alten Sachen konzentrieren, von denen ich mich heute leicht trennen kann. Mich bringt alles voran, was die Stapel reduziert.

Der relative Wohlstand, in dem ich lebe, und die relative Sicherheit, die ich genieße, haben es mir ermöglicht, z.B. diesen Sammeltrieb viele Jahre lang voll auszuleben – bis zur völligen Verstopfung meiner Wohnräume, bis total klar war, daß dies unglücklich macht. Es ist blockierte Lebensenergie, es wirkt lähmend. Selbst das Ego sieht das ein und muß jetzt lernen davon loszulassen. Wie schwer das fällt, konnte ich heute wieder spüren.

Mir hat es an diesem Wochenende sehr an Bewegung gefehlt. Schade, das hätte ich auch gebraucht. Aber das Entrümpeln hatte diesmal Priorität. Ich will versuchen, mein Gerümpel gesundzuschrumpfen und zukünftig gar nicht mehr so viel zu horten. Aber das ist gewiß ein langwieriger innerer Prozeß der Ablösung von alten Mustern.

Gut finde ich immerhin, daß ich jetzt anscheinend den Punkt der Umkehr überschritten habe. Nachdem sich der Arbeitsknoten anscheinend gelöst hat, bin ich gespannt, ob sich auch der Gerümpelknoten lösen läßt. Eine Lösung ist es ja nur, wenn sich nicht postwendend ein anderes Symptom für die gleiche "Krankheit" zeigt. Deshalb achte ich auch darauf, mich nicht zu überfordern. Ich schmeiße nur weg, was leichten Herzens losgelassen werden kann.

Im Herbst hatte ich schonmal ein paar Tage entrümpelt und war über meine Schmerzgrenze gegangen. Das muß nicht sein, ich möchte lieber sanft und schonend vorgehen.

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