Sonntag, 21. März 2010

Gegenwärtigkeit

In der Stille und im ewigen Jetzt liegt unsere wahre Heimat. Das ist sehr stimmig für mich. Ich bin sehr dankbar, daß es heutzutage freien Zugang zu diesem Wissen gibt, das in früheren Zeiten wohl nur in Geheimlehren verbreitet wurde. Ich erkenne nach und nach, was wahr ist in den alten Religionen.

Beispielsweise der Sonntag: das war früher ein heiliger Tag, ein Ruhetag, an dem nicht gearbeitet wurde. Das hatte viel Sinn: es gab den Menschen die Chance, auch innerlich mal zur Ruhe zu kommen. Heute wird ja nichts mehr gemieden als Stille. In öffentlichen Verkehrsmitteln beispielsweise gibt es kaum jemanden, der einfach nur still sitzt. Entweder es wird geredet, telefoniert oder es wird am Notebook oder Gameboy getippt oder es wird gelesen. Letzteres mache ich zugegebenermaßen auch oft, aber nicht, um mich abzulenken, sondern um das Wissen zu vertiefen, das mich näher zu mir selbst führt (das Wissen weist zumindest teilweise den Weg, der dann mit dem Herzen gegangen wird).

Sonntags zogen sich die Menschen auch bessere Kleidung an und es gab ein besseres Essen als im Alltag. Das hat etwas mit Wertschätzung zu tun, mit Achtsamkeit. Die Menschen glaubten vielleicht, es für einen äußeren Gott zu tun, aber in Wahrheit taten sie es für sich selber. Und das war wohltuend.

Es fehlt uns heute an diesen Ritualen. In Städten ist ein Tag wie der andere. Der Straßenlärm, die Hektik, die innere und äußere Unruhe und selbst der Einkaufsstreß unterscheiden sich kaum noch. Das Heilige, das Stille ist uns verlorengegangen.

Bei mir ist es auch kaum anders. Sonntags muß ich die Arbeiten erledigen, für die ich während der Woche keine Zeit habe. Der Unterschied zu werktags ist nur, daß ich sonntags Arbeit nur für mich erledige, nicht gegen Geld.

Eine Reduzierung und Vereinfachung des Lebensablaufs wäre gewiß sehr heilsam. Ich mache ja schon viele gesellschaftliche Trends seit Jahren nicht mit, z.B. kaufe ich fast nie Unterhaltungselektronik. Ich brauche diesen ganzen technischen „Fortschritt“ nicht. Ich kaufe auch keine Autos oder Urlaubsreisen auf Pump, und wenn ich mal Möbel kaufe, dann sollen diese für mein ganzes Leben halten.

Trotzdem kann ich mich von der gesellschaftlichen Hektik nicht völlig abkoppeln. Wegen des immer wertloser werdenden Papierschuldgeldes dreht sich das Hamsterrad immer schneller. Früher wäre es für mich möglich gewesen, meine berufliche Arbeitszeit zu reduzieren, um mehr Zeit für das wesentliche zu gewinnen, heute kann ich mir das finanziell nicht mehr leisten.

Was ich tun kann: achtsamer und gegenwärtiger leben bei allem, was ich tue. Ich bin so dankbar, daß ich herausgefunden habe, wie ich Stille bei sehr vielen Tätigkeiten genießen kann: z.B. beim Auto- oder Bahnfahren, bei Spaziergängen und bei allen mechanischen Tätigkeiten, die kein Denken erfordern.

Heute will ich einige dringend erforderliche Schnittarbeiten im Garten erledigen. Ich schneide äußerst ungerne an den Büschen herum, das sind alles lebendige Wesen, aber die Nachbarschaftsgesetze erfordern es leider. Ich will es zumindest mit Wertschätzung für die Natur tun – und mit möglichst viel Gegenwärtigkeit.

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