Samstag, 29. Dezember 2012

wie ein Laubgrab

Anders als beim Laufen muß ich auf den nächsten Durchbruch beim Liegestütztraining wohl noch warten. Da geht seit einiger Zeit scheinbar nichts voran. Und so war der Wochenabschluß eher verhalten. Am meisten Spaß machen mir meine Extra-Aktionen. Gestern habe ich mich beim Bad im Fluß bis zur Hüfte hineingetraut. Im Fernsehen zeigen sie jetzt öfter Bilder von Badenden bei knackigem Frost – also scheint es doch menschenmöglich zu sein. Ich will das auch lernen, um den natürlichen Elementen noch näherzukommen. Danach hatte ich ein tolles Körpergefühl. Heute habe ich zwei Stunden an meinem Biwak weitergebaut. Ich muß da wohl so oft übernachten, bis ich keine Angst mehr dabei empfinde. Das Laubbett im Inneren habe ich tiefer ausgehöhlt, damit ich mich unter der Abdeckung im Schlaf umdrehen kann. Es wird dadurch allerdings weniger warm dort sein, denn es gibt nun mehr Luftraum, der sich nur durch meinen Körper erwärmen muß. Meinen Eingangsdeckel aus Weidenzweigen habe ich etwas verstärkt und ein Stück einer alten Schilfmatte aus dem Gartenbedarf daraufgebunden. Diese verhindert, daß die Laubabdeckung hindurchfällt, und ich kann hier auf Plastiktüten nun verzichten. Allerdings liegt der Deckel nun nicht mehr so paßgenau auf, es gibt größere Spalten, durch welche die kalte Nachtluft ziehen wird. Ich habe mich nochmal reingelegt – es kostet Überwindung, selbst bei offenem Eingang und taghellem Himmel über mir. Die Tür kann ich jetzt mit zwei Astgabeln aufstützen, das habe ich nun auch mal von innen getestet. Wenn das gut klappt, werde ich weniger panisch sein, wenn ich dann nachts den Deckel schließe. Allerdings bin ich nicht ganz sicher, ob es der richtige Weg ist, die Unbequemlichkeiten und Angstauslöser zu reduzieren. Schließlich will ich mich erneut meiner Platzangst stellen – aber auch die Verbindung mit Mutter Erde suchen. Als ich knieend mit dem Tarnen des Eingangs beschäftigt war, kamen zwei Kinder auf Pferden vorbei – der Reitweg verläuft in nur etwa 20m Luftlinie, das ist sehr nah. Eines der Pferde scheute – wohl meinetwegen – und die Kinder wurden auf mich aufmerksam. In meiner schrillen Regenkleidung konnte ich mich auch nicht verbergen. Ein Mädchen fragte mich, ob es mir gutgehe, oder ob ich Hilfe brauche. Uff. Sehr aufmerksam. Und das von einem Kind! Ich verneinte, und sie ritten weiter. Nun wurde ich also doch direkt an meinem Biwakloch überrascht, das hatte ich vermeiden wollen. Mir ist so wichtig, daß ich dort unentdeckt und ungestört bleiben kann. Nicht, daß Neugierige die Stelle untersuchen und evt. etwas zu meinen Ungunsten verändern. Einem aufmerksamen Spaziergänger wird der merkwürdige kreisrunde Laubkreis ins Auge fallen, auch wenn ich andere Spuren zu vermeiden suche. Die Traurigkeit hielt an, auch als ich kurz darauf nach Hause fuhr. Ich forschte nach und kam darauf, daß es zum einen daran liegt, daß ich mich nicht mehr verstecken möchte. Ich möchte gerne offen zeigen und ausleben, wer und wie ich bin. Schließlich habe ich mich lange genug an die Gesellschaft angepaßt. Nur bei meinem Biwak konnte ich nicht ehrlich sagen, was ich da tue. Es machte mich traurig, daß ich es verheimlichen muß. Die Traurigkeit rührte aber auch noch von etwas anderem. Als ich einmal kurz die Augen schloß, sah ich meinen schon lange verstorbenen Großvater vor mir – und dann auch meine Lieblingstante, die ebenfalls schon lange tot ist. Also doch: dieses Laubgrab im Wald weckt Gedanken und Gefühle, die mit dem Tod zu tun haben. Ja, unter anderem geht es mir ja auch darum, mich dort wie lebendig begraben zu fühlen. Es scheint für mich und meine weitere Entwicklung sehr wichtig zu sein, denn es kehrt schon seit Jahren immer wieder in inneren Bildern zu mir zurück. Gerade habe ich die Idee, daß ich über die Nacht im Laubgrab vielleicht eine bessere Verbindung zu meinen Ahnen herstellen kann. Das wäre ein sehr lohnendes Ziel. Ich will es auch so schnell wie möglich realisieren.

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