Montag, 4. Januar 2010

bei mir angekommen

Heute weiß ich nicht so recht, was ich schreiben soll. Das ist ungewöhnlich.

Ich habe Hemmungen, ein Erfolgsgefühl zu vermelden. Ich habe Sorge, daß es verfrüht sein könnte und mir dann später peinlich ist.

Seit einigen Tagen geht es mir trotz einiger depressiver Zwischenphasen immer wieder überraschend gut. Ich fühle mich dicht dran an mir selbst. Ich ruhe viel mehr in mir als in den vielen Monaten, in denen ich innerlich stark angetrieben war von einem zeitweise fast unerträglichen inneren Druck. Ich empfinde inneren Frieden und ein stilles Glück. Es hielt heute den ganzen Tag über an.

Ich hatte keine großen Widerstände, heute wieder ins Büro zu fahren. Ich hatte auch keine Kopfschmerzen wie in den letzten Tagen vor dem Urlaub. Ich habe dennoch leider nur einige Routine-Aufgaben erledigt und nicht die Präsentation für nächste Woche vorbereitet, was eigentlich dringend ansteht. Trotzdem war ich mit mir im reinen. Ich muß das weiter beobachten, wie es in den nächsten Tagen läuft.

Es fühlt sich so an, als seien einige dunkle Wolken, die sehr lange Zeit meinen Himmel verdunkelten, jetzt abgezogen.

Ich fühle mich echter als vor einigen Wochen. Die schweren Erschütterungen kurz vor Weihnachten haben anscheinend erhebliche Ego-Anteile von mir zerrüttet und zertrümmert. Nachdem die Scherben zusammengekehrt sind, zeigt sich, was darunter verborgen lag. Ich fühle mich zarter, verletzlicher, zurückhaltender, auch etwas erleichtert.

Dennoch bin ich in den letzten Tagen auch wieder unangenehm aufgefallen mit mir unterdessen wohlvertrauten Ego-Anteilen. Ich habe einige sehr kritische Rückmeldungen bekommen. Zusammengefaßt: ich nerve Menschen mit meinem Mitteilungsdrang und mit meiner Überheblichkeit, zudem drücke ich mich anscheinend völlig unverständlich aus.

Aus meiner Sicht: daß ich immer wieder dem Hochmut verfalle, ist sehr ärgerlich, das wurmt mich sehr, denn das habe ich doch jetzt durchschaut. Daß ich mich nicht verständlich machen kann, scheint aber teilweise auch daran zu liegen, daß ich jetzt einige Erfahrungen gemacht habe und einige Einsichten hatte, die mich von anderen Menschen trennen. Bei manchen Themen gibt es kaum noch eine Verständigungsbasis. Das ist ganz unangenehm, das festzustellen.

Wie immer mißtraue ich mir auch selber, ob ich überhaupt recht habe mit dieser Beobachtung, oder ob ich nur wieder einbilde, etwas besonderes zu sein. Nein, ich bin nichts besonderes, ich bin niemand, es gibt mich gar nicht (jedenfalls nicht im Sinne einer abgetrennten Ich-Person), aber wie soll mein Gehirn das so schnell begreifen und integrieren, und wie soll ich das anderen verständlich machen?

Ich möchte gerne viel alleine sein und dieses wunderbar friedliche Gefühl genießen, solange es anhält. Und wenn sich dabei nach und nach weiteres in mir klärt, umso besser.

Ich merke gerade, daß ich mich davor drücke, das zu schreiben, was ich wirklich denke. Es ist mir peinlich, weil ich nicht sicher bin, ob ich mir nur was vormache. Ich glaube, ich hatte jetzt diese berüchtigte (temporäre) "Erleuchtungserfahrung", die gar keine Erfahrung ist, weil das Ich dabei verschwindet, und die auch nichts mit Erleuchtung zu tun hat, weil es einfach der normale Zustand jedes Menschen ist. Ich hatte diese "Erfahrung" aber nicht in einem bestimmten Moment, sondern irgendwie verteilt über etliche Wochen. Da gab es immer wieder einzelne Momente, die einen Teil dieser Erfahrung auszumachen scheinen. Und zusammengenommen scheine ich jetzt bei mir selbst angekommen zu sein. Zumindest mal für kurze Zeit.

Ich weiß jetzt wieder, wer ich bin, zumindest war ich ewig nicht mehr so dicht an mir selbst dran. Und das ist ein ganz wunderbares Gefühl.

Daß dieses "ich selbst" keine individuelle Person ist, ist noch nicht völlig klar, ich versuche, nicht so viel darüber nachzudenken.

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