Freitag, 22. Januar 2010

Identifikation mit Gefühlen

Für das Erwachen muß ich meine Identifikation mit meinen Gedanken lösen. Das ist schon wiederholt ganz gut gelungen. Muß ich auch meine Emotionaliät opfern? Daß ich die Verhaftung an die entstandenen starken Glücksgefühle loslassen muß, habe ich ja bereits eingesehen. Aber muß ich darüber hinaus ALLE Gefühle loslassen?

Was bleibt denn dann noch? Friedhofsruhe? Seelische Kälte? Unlebendigkeit?

Ein Mensch ohne Gefühle ist für mich ein Mensch mit einem Herzen aus Stein. Mehr tot als lebendig. Ein Roboter.

Aber etwas ähnliches würde ich über einen Menschen ohne Gedanken ja auch sagen. Ohne Gedanken ist ein Mensch bloß ein Säugetier. Ohne Identität. So erscheint es zumindest dem Alltagsbewußtsein.

Es handelt sich um falsche Vorstellungen. Was ist ein Mensch wirklich? Die getrennte Person existiert nicht wirklich, soviel habe ich bereits akzeptiert, aber nicht in allen Folgerungen nachvollzogen. Es muß die Identifikation mit den Gedanken, den Erinnerungen, der Persönlichkeit, dem Charakter, dem Körper, und eben auch mit den Gefühlen losgelassen werden.

Der Beobachter, der hinter allem steht, sieht alles vollkommen unberührt.

Dieser Schritt fällt mir sehr, sehr schwer. Ich hänge sehr stark an meiner Emotionalität, ich halte sie für einen Kern meines Wesens. Aber was ist das überhaupt, dieses „Wesen“? Ich kann das Geheimnis unserer Existenz nur durchschauen, wenn ich mich erstmal vollständig von dieser Existenz löse.

Ich muß noch einen Tod sterben. Den Gefühlstod! So interpretiere ich jetzt den Hinweis, ich solle vom „dramatischen Theater“ Abstand nehmen.

Das ist sehr hart.

Und was bedeutet das jetzt? Muß ich jetzt wieder als Depressive durchs Leben gehen, wie schon so viele Jahre zuvor? Das kann doch nicht richtig sein.

Reicht eine symbolische Geste?

Zu meinen Gedanken konnte ich ganz gut eine abstandnehmende Haltung einnehmen, ich konnte mir vor allem vorstellen, was das heißt (innere Stille, Gedankenlosigkeit). Wenn ich zu meinen Gefühlen ebenfalls eine abstandnehmende Haltung einnehme, was heißt das dann konkret? Wie fühlt sich das an? Ich muß irgendwie in emotionale Leere eintauchen, in Neutralität, in Nüchternheit. Das hatte ich während meiner Versenkung einmal auch schon. Das hat sich normal und natürlich angefühlt, aber etwas langweilig.

Ich fürchte gähnende Langeweile, wenn ich meine Gefühle loslasse. Darf ich nicht noch einige Zeit diese Glücksgefühle genießen? Sie sind sooo schön. Sie sind wie eine Droge. Ich brauche einen Gefühls-Drogenentzug.

Ich will zu innerer Klarheit gelangen und zu einem tieferen Einblick in unsere Existenz. Das geht nicht, solange ich an diesen Gefühlsschwankungen hafte. Ich habe es jetzt eingesehen. Es war ein blinder Fleck bei mir. Ich möchte mich bereit machen. Und das bedeutet: ich brauche Gleichmut, ich brauche inneren Abstand von meinen Gefühlen.

Ich bin aber noch nicht ganz überzeugt. Ich werde recherchieren, ob ich zu diesem Thema etwas finde. Und kann ich mir wirklich im Selbstlernverfahren beibringen, in eine tiefe Meditation zu gelangen, wenn andere dafür jahrelang üben müssen? Es erscheint so sehr unwahrscheinlich, daß mir das gelingen kann. Nur meine Sehnsucht treibt mich an. Und diese ist sehr stark. Ich kann es nicht lassen. Mein Vertrauen ist stärker als meine Selbstzweifel. Und ich habe keine Zeit zu verlieren.

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