Samstag, 9. Januar 2010

Heimtückisches Monster

Heute kämpft das heimtückische Monster in meinem Kopf - das Ego - darum, sich im Größenwahn sonnen zu dürfen. Es liegt bestimmt an meinem letzten nächtlichen Blog-Beitrag.

Aah, diese zwei Sätze zu schreiben, bringt sofort Erleichterung. Mein Ego läßt sich nicht gerne als heimtückisches Monster bezeichnen und verzieht sich in die Schmoll-Ecke. Und sofort scheint von unten wieder die Freude auf. Wunderbar! Dieser Blog wirkt Magie. Zwar besteht immer die Gefahr, daß das Ego dieses öffentliche Schreiben als Hilfsmittel zur Selbstdarstellung mißbraucht, aber der Blog läßt sich auch dafür einsetzen, das Ego in Schach zu halten.

Ich hatte heute vormittag ständig mit den unangenehm kreisenden Gedanken im Kopf zu tun. Es ging um eigenen Größenwahn, Abwertung von anderen, mißgünstigen Gefühlen und anderem mehr. Ich habe es die ganze Zeit beobachtet, aber es gelang mir nicht, diesen Mist zu stoppen. Dabei hatte ich auch wieder Kopfschmerzen.

Erst jetzt, da ich mich an den PC gesetzt habe, ist das innere Strahlen wieder da. Ich bin so glücklich, daß ich die Macht des Egos seit einigen Tagen etwas abschütteln konnte. Das Ego/Ich ist wahrhaft der Teufel. Ohne lebt es sich erheblich besser, es ist wie eine andere Welt.

Letzte Nacht hatte ich nach dem Schreiben noch einen heftigen Tränenausbruch (da wurde wohl auf unbewußter Ebene irgendwas verarbeitet), während mein Körper von alleine zu ruhiger Musik tanzte. Es war ganz unwirklich, dieser Körper war in dem Moment völlig fremd. Das ist nicht "mein" Körper. Schon als Kind habe ich meinen Körper sehr oft als fremd empfunden, oder auch meine Stimme oder das Aussehen im Spiegel. Aber lebenslang habe ich ja geglaubt, daß es sich dabei um eine psychische Störung handelt. Erst jetzt, endlich, darf ich lernen, daß das ein Teil des Vorgangs auf dem Weg zum Erwachen ist. Daß es eine Befreiung ist, und keine Störung. Und daß es keinen Grund gibt, davor Angst zu haben. Für mein Gehirn ist es allerdings sehr furchteinflößend, und deshalb vermeide ich Blicke in den Spiegel.

"Heimtückisches Monster" ist ein gutes Mantra gegen den Ego-Wahn, wenn ich es laut ausspreche, muß ich sofort grinsen (Selbstironie ist allerdings auch eine Funktion des Egos, vermute ich unterdessen), und danach finde ich leichter in diesen friedvollen Zustand zurück.

Mir gehts gut!

9 Kommentare:

  1. Da gibt es einiges an Verwirrung in dir. Du glaubst fälschlicherweise, mit dem Durchschauen der Ich-Illusion löse sich das Ich-Gefühl auf. Das ist nicht so. Falls sich das Ich-Gefühl auflöst, so handelt es sich um einen temporären Zustand, welcher niemals andauern wird. (Falls doch, so handelt es sich um eine schwerwiegende Dissoziation, die therapiert werden müsste.)

    Das Gefühl von Glück und Friede wiederum kann sich aus vielen Quellen speisen. Das Durchschauen der Ich-Illusion löst temporär in der Regel einen Zustand von Ekstase, Freude und Leichtigkeit aus - dem folgt jedoch bald das Umgekehrte, also ein Zustand von Depression, Schwermut und Aussichtslosigkeit. Das ist eine Art von Gesetzmässigkeit, die nicht umgangen werden kann. Insofern du also den Zustand von "ohne Ich" mit "Glückseligkeit" gleichsetzt, täuschst du dich in zweierlei Hinsicht.

    Überhaupt habe ich einigen Zweifel aufgrund deiner Beschreibungen, ob die Einsicht, die du bezüglich Ich-Illusion hast, wirklich aus dir selbst stammt, oder ob sie bloss intellektueller Natur ist. Die Regel dürfte sein, dass wenn du selbst keine Meditationserfahrung hast (und damit meine ich formale Meditationspraxis über mindestens zwei Jahre, also konkret auf einem Kissern sitzen, Atem beobachten usw. wie beispielsweise im Zazen praktiziert oder im Vipassana), dann besteht eine beträchtliche Chance, dass deine Einsicht rein intellektueller Natur ist. Letztlich musst du das selbst wissen, und es ist natürlich nie ganz ausgeschlossen, dass diese Einsicht tatsächlich ohne jegliche Meditationspraxis entstanden ist.

    Falls du die Ich-Illusion tatsächlich durchschaut hast, so solltest du jetzt in der Lage sein zu verstehen, was diverse - aber nicht alle - esoterischen Aussagen wie "Ich und der Vater sind eins" wirklich meinen. Und zwar aus direkter Erfahrung - nicht aus intellektuellem nachvollziehen.

    Des weiteren gilt: "Heimtückisches Monster" - oh je, da liegt eine ganze Menge Arbeit vor dir. Das Ich bist du selbst. Würdest du dich als "heimtückisches Monster" bezeichnen? Diese Begrifflichkeiten zeugen von einer inneren Spaltung dir selbst gegenüber. Diese Spaltung ist verbreitet, auch unter Menschen, die sich schon seit Jahren mit Advaita Vedanta beschäftigen. Weil sie nicht in der Lage sind, ihr Ich zu integrieren, also wirklich im Frieden damit zu sein, glauben sie, es sei nützlich/wünschenswert ihr Ich zu dissoziieren. Aber natürlich führt das nirgendwohin, nur in einen Zustand noch tieferer Unzufriedenheit.

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  2. Herzlichen Dank für Deinen Kommentar. :-) Magst Du mir ein wenig helfen? Ich wäre unglaublich dankbar dafür.

    Das Ich-Gefühl ist nicht vollständig verschwunden, es scheint nur manchmal in den Hintergrund zu treten. Normalerweise sitzt das Ich-Gefühl im Kopf, das ist der seit Jahrzehnten gewohnte Zustand. Und seit etwa einer Woche erlebe ich – mit Unterbrechungen – einen anderen Zustand, da ist dieses „Ich im Kopf“ zwar nicht ganz verschwunden, aber irgendwie nicht mehr so präsent, und stattdessen gibt es ein intensives und sehr glückliches Lebensgefühl aus der Körpermitte.

    Und mein Körper erscheint seit Mitte Dezember fremd, weniger das Körpergefühl, aber immer, wenn ich in den Spiegel sehe, und manchmal auch, wenn ich meine Stimme höre.

    „Das Durchschauen der Ich-Illusion löst temporär in der Regel einen Zustand von Ekstase, Freude und Leichtigkeit aus - dem folgt jedoch bald das Umgekehrte, also ein Zustand von Depression, Schwermut und Aussichtslosigkeit. Das ist eine Art von Gesetzmässigkeit, die nicht umgangen werden kann.“

    Genau so habe ich es Mitte Dezember erlebt. Ich hatte eine Einsicht, daß das Ich nur eine mentale Konstruktion des Gehirns und nicht selbständig handlungsfähig ist. Diese Einsicht erfolgte, nachdem ich intensiv in „Reines Sein“ sowie in „Pointers“ gelesen hatte. Vermutlich war die Einsicht überwiegend intellektueller Natur, aber ich glaube, sie ging zumindest teilweise darüber hinaus (ich habe zumindest an der Oberfläche der echten Erfahrung gekratzt), denn die davon ausgelösten Gefühle waren sehr, sehr intensiv.

    Zunächst hatte ich stark euphorische und tief religiöse Gefühle. Meine Empfindung war: „ich bin ein Werkzeug Gottes, ich bin sowas wie Gottes Sinnesorgan“. „Meine Aufgabe ist, den Willen Gottes möglichst unverfälscht und ohne inneren Widerstand auszuführen.“ Bitte sieh ab von dieser christlichen Symbolik ab, die stammt natürlich aus meinem Gehirn, das sich etwas zurechtphantasiert, aber die Gefühle waren sehr intensiv und verbunden mit heftigen Tränenausbrüchen und einem tiefen Gefühl von Sinnhaftigkeit. Ich habe mich da aber als von „Gott“ getrennt wahrgenommen.

    Einige Tage später folgte eine tiefe Depression, tiefe Sinnlosigkeit und Aussichtslosigkeit. Da empfand ich mich als ein in einem Körper eingesperrter Bewußtseinsteil. Es war so, als wäre ich wie im Wachkoma in einem Körper eingesperrt, völlig handlungsunfähig. Es war grauenhaft, sowas wünscht man seinem schlimmsten Feind nicht. Ich fühlte mich vernichtet und zerschmettert. Ich wußte nicht, warum ich überhaupt noch weiterleben sollte. Aber wenn ich vollkommen handlungsunfähig bin, könnte ich ja noch nicht einmal Selbstmord begehen, selbst wenn ich wollte. Auch hier habe ich mich also als abgetrennt wahrgenommen.

    Ich kann nicht mehr genau sagen, wie ich mich da herausgerettet habe. Geholfen hat, daß ich etwas über die Erfahrungen von Suzanne Segal und Esther Veltheim gelesen habe, das hat mir viel von der vorhandenen starken Angst genommen. Ich habe mir dann einfach vorgestellt, daß das „göttliche“ Bewußtsein auch in mir ist, daß ich dazugehöre, und daß ich es selber bin. Das ist ganz gewiß noch keine echte Erfahrung, das ist eine intellektuelle Vorstellung.

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  3. Aber irgendetwas in mir hat sich dennoch beruhigt. Ich bin davon überzeugt, daß der „Ich-Vernichtungs-Prozeß“ (der Prozeß, in dem das Selbst das Ich zur Vernichtung führt) bei mir schon seit etwa 2 Jahren läuft, das sehe ich jetzt im Rückblick, und das bilde ich mir nicht bloß ein. Erst seit einem halben Jahr bin ich bei Reschke auf die ersten Hintergrundinformationen gestoßen, und seitdem lese ich viel zu diesem Thema, das mir zuvor vollständig unbekannt war. Ich war wirklich total ahnungslos, hatte noch nie etwas näheres über Erleuchtung gehört usw. Ich habe auch keinerlei Meditationspraxis, erst im Herbst habe ich einige Versuche gemacht.

    Ich hatte aber einen ganz unglaublich starken inneren Drang und eine tiefe innere Sehnsucht, die mich vorangetrieben haben, dabei tauchte im Herbst auch aus meinem Inneren der starke Wunsch auf, mich vollständig hinzugeben (zu einem Zeitpunkt, als ich von Hingabe des „Ich“ an die Wahrheit noch nichts gehört hatte). Dieser innere Drang ist jetzt zur Ruhe gekommen (zumindest seit 1-2 Wochen, das kann sich natürlich auch wieder ändern).

    „Des weiteren gilt: "Heimtückisches Monster" - oh je, da liegt eine ganze Menge Arbeit vor dir. Das Ich bist du selbst. Würdest du dich als "heimtückisches Monster" bezeichnen? Diese Begrifflichkeiten zeugen von einer inneren Spaltung dir selbst gegenüber.“

    Das hört sich nicht gut an. Mir ist aber durchaus klar, daß ich meine Schattenanteile integrieren muß, ich muß sie umarmen, nicht abstoßen (ich habe viel Therapie-Erfahrung). Wenn ich so harte Begriffe verwende, dann kämpft da wohl mein Ego gegen das Ego. Ja, ich sollte davon ablassen, und liebevoller mit mir umgehen.

    Ich brauche Hilfe. Ich kann nicht völlig allein mit diesen Zuständen umgehen. Kurz vor Weihnachten schrieb Reschke mir eine Abschieds-Mail, er hielt mich wohl für einen hoffnungslosen Fall. Das war für mich eine sehr harte und demütigende Erfahrung. Es war ein Doppelschlag nach dem „Tod der Ich-Illusion“. Ich habe diese Erfahrung aber angenommen, ich hatte den Eindruck, daß ich genau das gebraucht habe zur Desillusionierung. Ich werde mich dennoch erneut an ihn wenden, aber aktuell sehe ich da wenig Chancen, ich traue mich noch nicht.

    Ich hatte in den letzten Monaten ausgelöst durch seine (wenigen) Rückmeldungen an mich und auch durch Rückmeldungen von anderer Seite sehr, sehr viel Ernüchterung und Katharsis. Die sehr harten Strukturen meines Egos sehe ich völlig klar vor mir, die sind nicht verschwunden, aber so zerrüttet, daß ich diese Erfahrung von Frieden und Stille, die ich aktuell mache, „verdient“ habe. Wie ich die aktuelle Erfahrung bewerten soll, weiß ich ja selber nicht. Es ist aber ungewöhnlich, daß diese stille Glück schon mehrere Tage anhält. Es ist ein tiefes Gefühl von: „es ist alles gut, alles ist richtig“.

    Ich habe immer noch nicht kapiert, wer denn nun handelt, wenn das kleine Menschen-Ich nicht handelt. Es handelt die „unpersönliche Lebenskraft“ oder die „unendliche Weite“ – das habe ich mir aber nur angelesen. Ich glaube, ich bin in irgendeinem Zwischenzustand.

    Bitte, kannst Du mir ein wenig weiterhelfen?

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  4. Zuerst einmal: Nein, ich kann und will dir nicht helfen. Dazu bin ich nicht ausgebildet, nicht befähigt und nicht gewillt. Und ausserdem fehlt mir hier die Erfahrung.

    Du hast für dich - offenbar vor zwei Jahren - die Spiritualität entdeckt. Das ist schön und gut, es ist wohl sehr, sehr bereichernd, sinnstiftend und hoffnungsspendend. Spiritualität ist übrigens konfessionsfrei. Was heisst, sie kann sowohl christlich, wie auch buddhistisch, hinduistisch, jüdisch usw. daherkommen. Oder auch atheistisch. Es ist mir somit einerlei, ob du christliches Vokabular benutzt oder nicht.

    Die Auseinandersetzung mit dem Schatten hat strenggenommen nichts mit Selbsterkenntnis zu tun. Umgekehrt gilt jedoch, dass Selbsterkenntnis erschwert oder unmöglich sein kann ohne Schattenarbeit. Ausserdem wird der Schatten in der Lage sein, jede gewonnene Erkenntnis für die eigenen Zwecke zu missbrauchen.

    Du hängst an dieser Glücksvorstellung, nicht zuletzt, weil du ja selbst Glückszustände erfahren hast. Diese Glückszustände sind, ich wiederhole mich, temporärer Natur. Ihr Auftreten impliziert, dass zu anderen Zeitpunkten Tiefpunkte auftreten werden.
    Weiter gilt, dass, vorausgesetzt es gibt einen beschreibbaren Prozess der "Auflösung der Ich-Illusion", das Auftreten der Glückszustände NICHT der Endpunkt des Prozesses darstellt, genausowenig wie die Zustände der Verwirrung, Depression usw.

    Dabei wird kein Ich vernichtet. Erneut: Das Ich kann nicht vernichtet werden. (Sonst stirbst du.) Es wird lediglich verstanden, dass dieses Ich als Entität nicht existiert (sehr wohl aber als Prozess).

    Du schreibst:

    > Ich bin einerseits eine totale Anfängerin in der Selbsterkenntnis, völlig blind und ahnungslos. Auf der anderen Seite ist der Prozeß in mir aber schon sehr weit fortgeschritten. Letzteres glaubt mir bisher anscheinend niemand. Das ist vermutlich ungewöhnlich.

    Anscheinend will dir das niemand glauben. Das ist dann wohl dein Los.

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  5. Vielen Dank für Deine Rückmeldung. Sie löst bei mir gemischte Gefühle aus. Ja, es ist mein Los, daß mir niemand glaubt. Ursache ist natürlich, daß ich mir selber mißtraue. Das Drehbuch für meine Erfahrungen schreibe ich mir selber, soviel glaube ich verstanden zu haben. Ich habe heute den ganzen Tag nachgespürt und bin jetzt sicher, daß es eine echte Erfahrung war, als ich wahrnahm, daß wir nur als Projektion in einer Traumwelt leben, ohne eigenständige Existenz als Menschen.

    Du hast für dich - offenbar vor zwei Jahren - die Spiritualität entdeckt.

    Ich habe mich mißverständlich ausgedrückt. Die Spiritualität entdeckte ich schon als Kind, allerdings ohne mich jemals mit östlichen Traditionen zu befassen. Seit zwei Jahren habe ich einen starken inneren Drang, mich selbst zu befreien. Es fing an mit dem Thema finanzielle Freiheit (seitdem weiß ich, daß das Weltfinanzsystem auf eine Katharsis zusteuert), dann ging es um einen eher psychologischen Ansatz und seit dem Sommer ist es im strengen Sinne Selbsterkenntnis. Ich tue Tag und Nacht quasi nichts anderes mehr – außer den allernötigsten Arbeiten.

    Ausserdem wird der Schatten in der Lage sein, jede gewonnene Erkenntnis für die eigenen Zwecke zu missbrauchen.

    Ja, damit hatte ich zuletzt viel zu tun. Ich neige zu Hochmut, und deshalb waren die vielen demütigenden Erfahrungen für mich auch offenbar notwendig. Aber jetzt reicht es, finde ich. Ich bin total platt (bis hin zu hexenschußartigen Rückenschmerzen), da muß nichts mehr weiter gedemütigt werden.

    Du hängst an dieser Glücksvorstellung, nicht zuletzt, weil du ja selbst Glückszustände erfahren hast. Diese Glückszustände sind, ich wiederhole mich, temporärer Natur. Ihr Auftreten impliziert, dass zu anderen Zeitpunkten Tiefpunkte auftreten werden.

    Gut, das akzeptiere ich (mit Bedauern).

    Dabei wird kein Ich vernichtet. Erneut: Das Ich kann nicht vernichtet werden. (Sonst stirbst du.) Es wird lediglich verstanden, dass dieses Ich als Entität nicht existiert (sehr wohl aber als Prozess).

    Ich versuche nochmals eine Beschreibung dieses Zustands, der einige Tage bei mir anhielt (in unterschiedlicher Intensität und mit Unterbrechungen):

    Bisher hatte ich nicht eine Wahrnehmung von innerer Leere oder Weite. Vielleicht habe ich es einfach nur anders wahrgenommen. In diesem Zustand, den ich jetzt nur noch aus der Erinnerung beschreiben kann, gab es pulsierendes Leben aus der Körpermitte, dann gab es ein Verstandes-Ich im Hintergrund und es schien auch noch ein Beobachter-Ich zu geben, das war ebenfalls im Hintergrund. Die Wahrnehmung umfaßte aber alles gleichzeitig. Ein "Ich-Gefühl" hatte ich irgendwie nicht. Aber irgendwas muß ja wohl dagewesen sein, was diese Wahrnehmung hatte. Das war dann wohl "ich" (das ist jetzt ein logischer Schluß im nachhinein). Ich war außerhalb vom Verstand, außerhalb vom Beobachter, innerhalb vom Körper aber ohne Identifikation mit diesem und habe aus sich selbst heraus lebendes Leben wahrgenommen. Vielleicht hätte ich mich mit letzterem identifizieren müssen?

    Vielleicht magst Du mir ja doch noch einen Kommentar dazu schreiben.

    Ist es richtig, daß ich am Ende des Prozesses, während dem das Ego stark gedemütigt wurde, dieses doch wieder in die Arme schließen darf, mich mit mir selbst wiedervereinigen darf? Ich wachte heute frühmorgens unvermittelt auf und hatte einige Einsichten, darunter war auch ein inneres Bild, in dem ich mich selbst in die Arme genommen habe (wobei ich gleichzeitig innerhalb und außerhalb von mir war).

    Wenn ich es jetzt richtig verstanden habe, ist der Endzustand dieses Prozesses einer, bei dem ich mich endlich wieder wie ein normaler Mensch fühlen darf – wenn auch mit dem Wissen, daß ich eigentlich was ganz anderes bin, weil es den Menschen als getrennte Person nicht gibt.

    Ich würde mich freuen, wenn Du weiter bei mir mitlesen würdest. Ich bin für jegliche Hinweise dankbar.

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  6. Louise, du hörst gar nicht hin. Du liest einfach über das hinweg, was ich tatsächlich schreibe und interpretierst das in meine Aussagen hinein, was du hineininterpretieren möchtest.

    So geht das nicht.

    Um dir das zu demonstrieren nenne ich nur ein einziges Beispiel, dann bin ich hier raus. Ich schrieb:

    > Du hängst an dieser Glücksvorstellung, nicht zuletzt, weil du ja selbst Glückszustände erfahren hast. Diese Glückszustände sind, ich wiederhole mich, temporärer Natur.

    Du antwortetest, du würdest das akzeptieren. Gleich als nächstes schriebst du:

    > Ich versuche nochmals eine Beschreibung dieses Zustands, der einige Tage bei mir anhielt.

    Glückszustände, Ich-lose Zustände, was auch immer für Zustände: sie sind temporär. Vergänglich.

    Du schreibst gerade an einer Geschichte, Louise. Lass es sein.

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  7. Entschuldigung, mir war nicht klar, daß dieser ganze Zustand temporär ist, ich hatte Deinen Kommentar nur auf die damit verbundenen Glücksgefühle bezogen.

    Jegliche Erfahrung auf dem Weg, ob mit positiven oder negativen Gefühlen verbunden, ist temporär, so meinst Du es gewiß. Ich erinnere mich jetzt, daß ich so etwas auch in einem Buch über Meditation gelesen habe: daß man alle Erfahrungen einfach vorüberziehen lassen soll, weil sie unerheblich sind.

    Dann hat dieser ganze Zustand also überhaupt nichts zu bedeuten und war vielleicht nur ein Ausgleich dafür, daß ich zuvor auch viel gelitten hatte.

    Das ernüchtert mich jetzt. Ich neige wohl zu Fehlinterpretationen. Es ist aber auch schwierig, weil ich außer dem Lesen von Büchern und anderen Texten quasi ohne Hilfe bin.

    Ich will Dich nicht verärgern, ich bin sehr froh über Deine Kommentare.

    Wie komme ich jetzt der Frage, wer ich wirklich bin, näher auf die Spur, wenn meine Erfahrung wertlos ist?

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  8. Die Erfahrungen sind nicht unerheblich, aber sie sind vergänglich. Wie dein Leben auch.

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  9. Daß von der individuellen Person spätestens mit dem physischen Tod nichts übrig bleibt, war ein Teil meiner Einsicht, die mich schwer getroffen hat (erstmals habe ich mich so hart mit dem Tod konfrontiert). Vorher glaubte ich ja an eine unsterbliche individuelle Seele, das ist jetzt weg.

    Dein Hinweis, daß ich an einer Geschichte schreibe, traf voll ins Schwarze und war für mich sehr wichtig. Danke! Ich glaube, diese Verstrickung in meine Verstandesprodukte ist einer der Hauptgründe, warum ich für "nicht schultauglich" befunden wurde. Das möchte ich alles loslassen, damit werde ich wohl länger zu tun haben.

    Das Ich wird nicht vernichtet, wie Du schreibst. Aber das Ego wird schon vernichtet, oder habe ich das auch falsch verstanden? Es gelingt sicher nur bei sehr wenigen Menschen vollständig. Der Schatten bezieht sich nach meinem Verständnis auf die individuelle Person, auf das Ego. Ich verstehe Schattenarbeit jetzt als eine Art begleitende oder vorbereitende Übung für die echte Selbsterkenntnis, obwohl letztere über die individuelle Person hinausführt. Ist das soweit richtig?

    Nicht ganz klar ist mir, was Du mit "Integration des Ich" meinst. Meinst Du damit, daß die Ego-Anteile, die nicht vollständig verschwinden, integriert werden müssen? Oder meinst Du mit "Ich" die genetische und sonstige Veranlagung des menschlichen Wesens (das ist vielleicht sogar dasselbe wie das Ego)? Ich merke selber, daß ich noch ziemlich verwirrt bin darüber, was dieses ICH in Wahrheit ist, da fehlt mir noch viel an Erkenntnis.

    Mich beschäftigt stark die Frage, wie ich eine echte Erkenntnis von einer falschen Interpretation unterscheide. Bisher ging ich davon aus, daß Einsichten, die plötzlich, unvermittelt und unvorbereitet in mir auftauchen, echt sind. Seit der Ernüchterung gestern bin ich aber verunsichert. Denn eine Einsicht war, daß ich in diesem Zustand nahe an der Selbst-Erinnerung war. Das hast Du wohl vom Tisch gefegt.

    Mich tröstet etwas, daß Du meine vergänglichen Erfahrungen als "nicht unerheblich" bezeichnest. Magst Du mir jetzt eine Erklärung dazu anbieten? Ich habe mich als nicht identifiziert mit dem Verstand und dem Körper wahrgenommen. Sollte ich nicht versuchen, diese Erfahrung zu wiederholen und zu vertiefen? Letztlich geht es darum, aus der Vergänglichkeit in gewisser Weise herauszukommen.

    Du schreibst von formaler Meditationspraxis. Diese fehlt mir. Ich lese aber doch verschiedentlich, daß spirituelle Übungen nutzlos sind, weil diese sich auf die individuelle Person beziehen. Ist das trotzdem sinnvoll als sozusagen vorbereitende Übung, bevor es um die echte Selbsterkenntnis geht?

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