Freitag, 11. Dezember 2009

Arbeitssituation

Die Hoffnung und die Erwartung müssen auf dem Weg zur Freiheit geopfert werden. In einem Lebensbereich wird das gerade ganz konkret. Meine Arbeitssituation ist eskaliert. Ich bin nicht termingerecht mit meiner aktuellen Programmieraufgabe fertiggeworden. Das Programm muß noch dieses Jahr in Produktion gehen, möglichst innerhalb weniger Arbeitstage. Mein Chef, der wirklich sehr entgegenkommend ist, wird mir einen Kollegen zu meiner Unterstützung zur Seite stellen.

Hier muß ich bezahlen, das ist offensichtlich. Zunächst mal in der inneren Vorbereitung, aber auch äußerlich.

Ich habe heute darüber nachgedacht, was eigentlich meine Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz blockiert, ob es meine wahre Natur ist, die sich gegen diese Art von Arbeit sträubt, oder ob es das Ego ist. Es ist vermutlich von beidem etwas, das macht es so sehr schwierig. Aber der Hauptfaktor scheint mir doch das Ego zu sein.

Also, dann ist ein bißchen Ego-Zertrümmerung angesagt.

Ich bekenne, daß ich mich nicht mit angemessener Kraft für diese Aufgabe eingesetzt habe. Ich bin lieber am Arbeitsplatz meinem privaten Hobby nachgegangen, der Selbsterkenntnis. „Schöne“ Selbsterkenntnis, wenn ich damit meiner aktuellen Aufgabe ausweiche. Selbsterkenntnis zur Unterhaltung und Ablenkung, ein Widerspruch in sich. Ich habe mich pflichtwidrig verhalten.

Der Grund dafür ist nicht nur meine seit längerer Zeit anhaltende Konzentrationsschwäche (als Folge der inneren psychischen Vorgänge im Verlauf meines Prozesses), sondern auch meine fehlende Annahme der Situation. Ich wäre so gerne jemand ganz anderes in der beruflichen Welt. Und das ist Mist. Wünschen und Hoffen führt mich weg von mir.

Ich bin eine mittelmäßige Programmiererin. Ich bin nicht mehr mit Leidenschaft bei der Sache. Aber ich kann diese Arbeit tun, die dafür notwendige Art von logischem Denken war immer meine Stärke. Ich glaube, es liegt in meiner Natur, daß ich diese Art von Arbeit sehr wohl weiter tun kann, auch wenn es nicht die totale Erfüllung ist.

Ich nehme mich jetzt sofort an, als die, die ich bin. Ich finde mich jetzt sofort damit ab, daß ich Software-Entwicklerin bin, ich strebe nichts anderes an. Wenn sich später einmal spontan etwas anderes ergeben sollte, ist das auch gut, aber jetzt aktuell ist es so, wie es ist. Die Tatsache, daß ich eine Schamanin bin, ändert überhaupt rein gar nichts an meiner beruflichen Lage. Alle Erwartungen, daß daraus irgendeine wundersame Wandlung mit mir geschehen könnte, begrabe ich jetzt.

Ich akzeptiere die Rolle, die ich zu spielen habe. Ich kann das, weil ich unterdessen genug gelernt habe, um zu ahnen, daß es auch noch eine andere Realität gibt. Es gibt tief in mir drin eine Instanz, die von dieser Rolle völlig unberührt ist. Und deshalb kann ich die Rolle jetzt spielen, ohne weiter darüber zu murren. Es ist nicht schwer, als Schauspielerin eine ungeliebte Rolle zu spielen, wenn man nach dem Ende des Theaterstücks wieder in sein wahres Selbst zurückschlüpfen kann. Auch wenn ich noch nicht voll zu mir selbst zurückgekehrt bin, ich weiß jetzt, daß ich auf dem Weg dahin bin. Ich bin auf dem Weg in die Freiheit, und irgendwann werde ich dort angelangen.

Es ist nicht schlimm, zwischenzeitlich meine Rolle weiterzuspielen. Es gibt im übrigen auch sehr viel schlimmere Rollen. So schlecht ist meine nicht. Außerdem habe ich sie mir ausgesucht. Ich übernehme die Verantwortung dafür!

Und ich übernehme auch die Verantwortung für Konsequenzen, die sich aus meinem Verhalten am Arbeitsplatz ergeben. Ich werde nicht die volle Wahrheit offenbaren, aber einen Teil davon. Zunächst dem Kollegen, der mir helfen wird, das Programm doch noch fertigzustellen, dann aber auch meinem Vorgesetzten. Ich werde mich dazu bekennen, daß die Verzögerung von mir verschuldet wurde. Was ich sagen werde, wird sich spontan ergeben. Je mehr ich preisgebe, desto stärker wird die Rückwirkung auf mich sein. Und desto geringer weitere Ausweichmöglichkeiten für die Zukunft.

Es wäre eine riesengroße Erleichterung, wenn ich einfach ALLE Karten auf den Tisch legen könnte und z.B. diesen Blog offenbaren würde. Das möchte ich irgendwann auch tun, zumindest theoretisch – möglichst erst dann, wenn die Probleme am Arbeitsplatz Vergangenheit sind. Deshalb arbeite ich ja so hart an meiner Selbsterkenntnis – um die Probleme schnellstmöglich zu überwinden. Aber es ist nicht ok, daß ich dafür so viel Arbeitszeit einsetze, ich muß das in meiner Freizeit tun. Eine gewisse Faulheit scheint mir auch zu eigen zu sein – abwechselnd mit Fleiß, deshalb ist es von Fall zu Fall eine Gewissensentscheidung.

Mir ist das sehr ernst, was ich hier schreibe. Es ist langsam meine letzte Chance, die Probleme in den Griff zu bekommen. Nicht mit Zwang, den ich auf mich ausübe, sondern mit Loslassen des falschen Selbstbilds. Wenn das Ego sich nicht so wichtig machen würde, könnte ich deutlich besser arbeiten, davon bin ich überzeugt. Und ob es ein Ich als Handelnden gibt oder nicht, ist dafür ziemlich unerheblich. Ich bin schon halb überzeugt, daß es das Ich nicht gibt, dann handelt die Schauspielerin eben von ganz alleine.

Kann man eigentlich noch von einer Gewissensentscheidung sprechen, wenn es keinen Handelnden gibt? Kommt mir gerade komisch vor, aber das ist ein anderes Thema. Hier und Jetzt geht es darum, daß ich meine berufliche Rolle akzeptiere. Ohne Wenn und Aber. Und ohne Hoffnungen, Wünsche und Erwartungen!

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