Montag, 7. Dezember 2009

Kapitulation auf Raten

Düster und schwer war meine Stimmung heute morgen. Ich glaube, ich habe verstanden, warum ich derzeit alleine sein MUSS. Wenn es ans Sterben geht, ist man immer allein. Das ist ein Naturgesetz. Vor dem Tod steht man immer ganz allein, da gibt es keinen Halt mehr. Kein Ding und kein Mensch, an dem man sich festhalten kann. Ich muß loslassen, um einen Zwischen-Tod zu sterben (und dann weiterzuleben). Darum dreht es sich bei mir seit Monaten. Es gelingt bisher nicht, weil ich immer wieder an irgendetwas anhafte.

Am Wochenende traf mich wie ein Schock die Erkenntnis, daß ich mich anderen Menschen nicht mehr mitteilen kann. Da ist eine Kluft, die ich nicht mehr überbrücken kann. Ich kann natürlich weiterhin so tun als ob und eine Rolle spielen. Das werde ich wohl auch tun, denn es ist zu grausam.

Es gibt verschiedene Ebenen, auf denen ich von meiner Reise im Sommer berichten kann. Es gibt eine oberflächliche Abenteuer-Ebene. Es gibt Landschaftsaufnahmen. Und es gibt ein inneres Erleben. Letzteres kann ich kaum jemandem begreiflich machen.

Woran ich jetzt noch anhafte: Rücksichtnahme auf andere. Ich möchte anderen meine Veränderungen nicht zumuten, es belastet sie zu sehr. Also spiele ich aus Rücksicht eine Rolle. Die mich aber unglücklich macht.

Man kann das Sterben endlos hinziehen, oder man bringt es hinter sich. Vielleicht habe ich es ja auch schon hinter mir und will es nur nicht wahrhaben. Vielleicht spiele ich hier ja Verstecken mit mir selber. ;-)

Sehr schön, die Düsterheit habe ich wieder vertrieben, ich bin wieder bei der Selbstironie angelangt. Damit fühle ich mich besser. Vielleicht reicht es ja sogar, um heute meine Rolle im Arbeitsleben zu spielen.

Freiheit fühlt sich gut an. Ich kenne das Gefühl bereits. Es muß doch möglich sein, diese letzten Verstrickungen zu lösen. Das rabenschwarze Einsamkeitsgefühl habe ich jedenfalls schon wieder vertrieben. Das ist nur der Verstand, der sich davor fürchtet. Mein SEIN fürchtet sich nicht davor. Im Gegenteil!

Ich mache eine Kapitulation auf Raten. Wo gilt es noch zu kapitulieren?

Heute morgen habe ich "Der Weg und das Ziel" in "Reines Sein" gelesen. Ich freunde mich langsam an mit diesem sperrigen Buch. Ich muß endlich ganz loslassen. Es wird eine Erlösung sein.

"Wenn du nirgendwohin mehr gehen kannst, bist du angekommen." (Gerd-Lothar Reschke, Reines Sein, S. 500)

Gibt es noch irgendeinen Weg, den ich nicht gegangen bin? Und den ich unbedingt noch ausprobieren wollte? Ah, sobald ich wieder zu grübeln anfange, ist die Düsterkeit wieder da, die Schwere, die Unerträglichkeit.

Nur wer alles aufgibt, kommt ans Ziel. Als erstes alle Hoffnungen und Erwartungen.

Der Prozeß ist unumkehrbar, er läuft bei mir schon mindestens seit Jahresbeginn, in gewisser Weise auch schon seit zwei Jahren. Am Tag vor Heilig Abend im Jahr 2007 traf mich eine absolut umstürzende Erkenntnis, die mein gesamtes Weltbild zertrümmerte. Es war die Erkenntnis, daß es möglich ist, sich selbst aus eigener Kraft ein finanzielles Vermögen aufzubauen, von dem man leben kann, einfach durch regelmäßiges Sparen und Investieren des Ersparten über einen langen Zeitraum von beispielsweise 30 Arbeitsjahren. Armut und Reichtum sind nicht schicksalhaft vorgegeben, sondern vom eigenen Verhalten abhängig.

Unterdessen sehe ich das wieder etwas differenzierter, aber mit dieser Erkenntnis fing bei mir alles an. Daß finanzielle Freiheit nur möglich ist, wenn man auch persönliche Freiheit erreicht, merkte ich schnell. Ich ging aber immer weiter. Denn meine Sehnsucht nach Freiheit wurde immer stärker, und immer noch war sie unbefriedigt. Jetzt habe ich verstanden, daß ich auch noch Freiheit vom Ich erreichen muß, um wirklich frei zu sein. Und ich WILL wirklich frei sein, meine Sehnsucht ist so unglaublich groß.

Das Ich ist wie eine Hydra. Schlägt man einen Kopf ab, wachsen drei nach.

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