Freitag, 4. Dezember 2009

Auftrag ausgeführt



Ich habe einen Spaziergang gemacht. Es geschah nichts Besonderes. Was hätte auch passieren sollen? Ich bin in Dunkelheit und Kälte einen Weg gegangen, von dem ich nicht genau wußte, wo er hinführt. Es war dunkel und es war kalt, was auch sonst? Abseits lag ein Hof mit einem Licht, verlockend, aber für mich nicht bestimmt, genau wie in meinem Lieblingssong zum Thema WEG.

Ich ging immer weiter, auch durch etwas Angst, aber die war nicht wichtig. Ich kam zu einer Lichtung, die ich wiedererkannte: da war ich bei Tageslicht schon einmal mit dem Fahrrad. Ich ging noch ein paar Schritte vom Waldweg ab in die offene Heide, um mich noch stärker an meine Visionssuche im Sommer erinnert zu fühlen.



Ich bin da.
Ich bin ich.
Ich bin die, die ich immer schon war.
Ich bin die, die ich bin.

Es hat keinen Sinn, nach etwas zu suchen, das sowieso immer da ist.



Die Sache mit der Hingabe an das Ganze war anscheinend noch nicht dran, oder vielleicht habe ich es nicht gemerkt. Mein Gehirn versteht sowieso nicht, was das alles soll. Ich habe mich aber mit der mich umgebenden Natur sehr verbunden gefühlt, ich fühlte mich weder getrennt noch einsam.

Nach der Rückkehr ins Haus nahm ich den Spirituskocher, der aus "irgendeinem Grund" noch seit Monaten ungespült in der Küche stand, und ich fand eine abgefüllte Portionspackung Tortellini, die aus "irgendeinem Grund" noch im Schrank lag, und dann setzte ich mich im Schneidersitz auf meine Terrasse und wartete geduldig, bis das Wasser kochte und die Tortellini gar waren. Es war etwa genau so kalt wie während meiner Reise nachts.

Das alles erinnerte mich stark an meine Visionssuche, es war wie eine Fortsetzung. Es hat jedenfalls irgendeine Bedeutung, aber ich muß ja nicht alles verstehen. Ich saß neben dem Steinkreis, der mich ebenfalls seit dieser Reise unberührt daran erinnert, und schaute in den Sternenhimmel (ich hatte Glück, kein Regen).

Ein warmes Essen und danach ein warmes Getränk sind ein Geschenk. Ich hatte ja seit einem kleinen Imbiß mittags nichts gegessen, wenigstens ein bißchen Hunger ist bei so einem Vorhaben natürlich Ehrensache. ;-)

Und danach wieder die vollen zivilisatorischen Annehmlichkeiten. Fließend kaltes und sogar warmes Wasser, was für ein Luxus! Ein WC mit Wasserspülung, unglaublicher Luxus! Ein warmes Haus, wunderbar!

Dieses Kontrastprogramm ist für mich irgendwie wichtig. Es befriedigt sehr tief in mir etwas. Wie gut, jetzt zu sehen, daß ich dafür nicht weit ins Ausland fahren muß. Ich kann das in vereinfachter und stark verkürzter Form auch zu Hause haben.

Vor dem Spaziergang war ich noch spontan zu einer buddhistischen Meditation gefahren, um eine größere Chance zu haben, aus dem Verstand rauszukommen (was den ganzen Tag zunächst überhaupt nicht gelingen wollte, die Gedanken liefen Amok). Ich habe dort eine Veränderung meiner optischen Wahrnehmung festgestellt, die ich nicht beschreiben kann, ich warte erstmal ab, ob das mal wiederkommt.

Außerdem habe ich viel Schmerz empfunden. Es war wie ein blockiertes Seelenleid, das sich so gerne schon seit sehr langer Zeit ausdrücken möchte, aber immer noch nicht kann. Es fühlte sich so an, als müsse ich tagelang weinen, wenn der Damm endlich mal bricht. Genau so empfand ich auch, als ich die Berufung zu meiner Visionssuche spürte, aber vor Ort gab es dann die erwarteten Tränen nicht. Auch jetzt brach der Damm (noch) nicht, auch wenn lange Zeit während und nach der Meditation die Tränen rannen. Es fühlte sich so an, als ginge es dabei nicht nur um mein eigenes Leid, sondern um das Leid an sich, und in gewisser Weise um das Leid der gesamten Welt (da bin ich von dem beeinflußt, was ich zuletzt über den Buddhismus gelesen habe, aber meine Wahrnehmung war tatsächlich so). Als ich nach der Meditation laut sang, hörte sich die Stimme nicht so an, als käme sie von mir. Ich war mir stark entfremdet.

Auf dem nachfolgenden Spaziergang änderte sich das. Ich bin jetzt wieder in mir drin. Ich habe meinen inneren Auftrag ausgeführt. Wenn es drauf ankommt, kneife ich nicht. Das war wichtig. Den Sinn des Ganzen werde ich vielleicht später verstehen, wenn ich Glück habe.

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