Samstag, 26. Dezember 2009

Ego-Struktur

Ich möchte mich nochmal näher mit der inneren Struktur befassen, die jetzt schmerzhaft und sehr peinigend offenliegt.

Es ist eine Konditionierung aus meiner Kindheit. Zur Kompensation meiner starken Minderwertigkeitsgefühle habe ich immer nach etwas gesucht, was mich von anderen abhebt, was mich zu etwas Besserem und Besonderen macht. Gute schulische Leistungen waren ein Mittel ebenso wie eine gewisse Exotik in Folge von Umzügen ins Ausland. Zum Schutz meiner empfindsamen Seele habe ich mir einen dicken Gefühlspanzer zugelegt, der starr und unbeweglich macht. Nach außen wirke ich dann abweisend, schroff, unzugänglich. Lange Zeit hatte ich ein "Streber"-Image. Ich verbaue mir Kontakte zu anderen Menschen auf Augenhöhe, weil ich mich entweder unterlegen oder überlegen fühle. Letzteres steht häufig in Verbindung mit Verachtung und Abwertung.

Diese Struktur wendet sich natürlich genauso gegen mich selbst wie gegen andere, es ist gleichzeitig auch das, was ich mir selber antue. Es blockiert tiefere Schichten in mir, es ist eine sehr harte, einengende Schale. Ich glaube, es ist genau diese Struktur, die mich auch in meiner beruflichen Situation festnagelt. Erst wenn sie restlos zertrümmert ist, wird vermutlich echte Bewegung in meine Arbeitsplatzproblematik hineinkommen. Und da es bei Arbeitsplatzproblemen um meine Existenz geht (auch nach Ansicht des Verstands), habe ich gar keine andere Wahl, als jetzt entschlossen weiterzugehen. "Man muß Geld verdienen, um zu überleben." Das ist ein Motto, das ich ungeprüft aus dem Elternhaus übernommen habe. Ich habe niemals mit wenig Geld auskommen müssen, nicht einmal während meiner Ausbildung. Da bezog ich schon ein geradezu fürstliches Gehalt, und studiert habe ich nicht.

Ich hatte vor einiger Zeit schonmal die Idee, mal probeweise einen Monat oder länger auf Hartz IV – Niveau zu leben, als kleinen Test, um ein wenig mehr Erfahrungen zu sammeln. Denn meine Angst, mit weniger Geld als heute nicht auszukommen, ist sehr groß. Und vermutlich gebe ich zu viel Geld für Unwichtiges aus. Mal sehen, vielleicht verfolge ich das im nächsten Jahr.

Vor wenigen Tagen hatte ich einen anregenden Austausch mit einem Phönix-Schüler zu meinem beruflichen Problem. Mir ist dadurch bewußtgeworden, und diesmal bin ich recht sicher, daß ich eine berufliche Veränderung brauche. Die Lebenskraft will mich woanders hinspülen, nur das Ego wehrt sich verzweifelt dagegen und klammert sich am bestehenden fest. Das Ego befürchtet einen Dammbruch und totale Vernichtung alles bisherigen. Vermutlich ist es bei weitem nicht so dramatisch.

Es ist zwar richtig, die Ist-Situation erstmal vorbehaltlos anzunehmen, aber das scheint nicht der Platz zu sein, wo ich letztlich hinsoll. Ich habe seit mindestens 15 Jahren wiederkehrende Depressionen, und dies hier scheint mir deren Ursache zu sein: ich folge nicht meiner inneren Berufung.

Wo es mich hintreibt und hindrängt, sehe ich immer noch nicht, leider. Vielleicht werde ich das erst erkennen können, wenn die genannte harte Schale noch weiter zerlegt wurde. Und dafür brauche ich vermutlich Hilfe.

Weiteres Nachgrübeln und Nachdenken hilft jedenfalls nicht, im Gegenteil. Eine Idee, auf die mich der genannte Austausch brachte, wäre ein Praktikum in irgendeinem mir völlig fremden Terrain, um festzustellen, ob mir das überhaupt liegt. Ich hatte ja an einen sozialen Bereich gedacht, vielleicht wäre das mal eine heilsame Erfahrung. Aber ein Beruf im sozialen Sektor ist für jemanden, der so stark um sich kreist wie ich wohl kaum sinnvoll. Ich wäre dazu wohl kaum in der Lage.

Was ich am liebsten tue, ist mich selbst darstellen und mich dafür bewundern lassen. ;-) Das ist natürlich wieder das Ego, aber es scheint auch etwas von meiner menschlichen Natur zu sein, die ich nicht völlig werde umpolen können. Künstlerischer oder handwerklicher Ausdruck könnte mir liegen. Aber da fehlen mir jegliche Voraussetzungen, ich kann ja nichts, es gibt auch kein ausbaufähiges Hobby. Ich gehe gerne mit Naturmaterialien um, und als Kind fühlte ich mich in wilder Natur am wohlsten. Wie zimmere ich mir daraus ein neues berufliches Tätigkeitsfeld?

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