Sonntag, 27. Dezember 2009

Umgang mit fremden Texten

Ich möchte noch ein weiteres Ego-Thema beleuchten, das jetzt klarer geworden ist: meine Art, einzelne Sätze oder Abschnitte aus Büchern, die ich lese, durch einen Fleischwolf zu drehen und durchmischt mit eigenen Gedanken und Erfahrungen wieder auszuspucken, ist total unangemessen. Das ist ein Mißbrauch. Nicht zum ersten Mal in meinem Leben verärgere ich damit einen Autor.

Also, so geht es nicht. Ich bin jetzt allerdings verunsichert, wie ich es anders machen sollte, und inwieweit ich überhaupt noch hier Bezug auf meine Lektüre nehmen sollte. Denn natürlich beeinflußt mich das, was ich lese, sehr stark.

Sobald ich herausgefunden habe, wie sich das Layout hier verändern läßt (ich habe es schon wiederholt erfolglos versucht), werde ich mal eine Bücherliste anlegen. Dann muß ich nicht so oft in den Beitragstexten darauf Bezug nehmen.

Ich müßte zudem wohl etwas an meiner inneren Auseinandersetzung mit fremden Texten ändern. Ich beziehe immer alles auf mich und sehe es durch meine Brille. Das läßt sich auch kaum vermeiden, denn mein Ego behindert ja meine klare Sicht. Ich weiß nicht, inwieweit es alternativ möglich ist, einen Perspektivenwechsel vorzunehmen und einen Text aus der Sicht des Autors zu lesen. Es erforderte jedenfalls mehr Einfühlung, als ich normalerweise aufzubringen bereit bin. Theoretisch habe ich viel Einfühlungsvermögen (zumindest bilde ich mir das ein), aber praktisch wende ich es selten an – aus Egozentrik, natürlich.

Ich brauche mehr Offenheit und Unvoreingenommenheit, um wirklich etwas Neues aufnehmen zu können. Weniger selber reden und denken, sondern mehr zuhören. Wenn ich alles mit meinem Verstand interpretiere und in meine Denkstruktur eingliedere, dann zerstöre ich möglicherweise gerade die Wirkung von Texten, die eben nicht auf den Verstand zielen. Dann dient das, was ich lese, nur dem Aufbau einer neuen esoterischen Struktur und bringt mich in der Selbsterkenntnis kein Stück weiter.

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Heute bin ich melancholisch und in mich gekehrt. Leicht depressiv ist sowieso meine überwiegende Grundstimmung seit Jahren. Als Kind war ich aber anders: fröhlich und voller Energie. Also scheint die Depression doch nicht meinem Wesenskern zu entsprechen, sondern ist eine krankhafte Abirrung davon. Das in mir als Mensch angelegte Wesen kann sich nicht frei entfalten, weil die harte Ego-Struktur es blockiert.

Zu viel Beschäftigung mit der Selbsterkenntnis führt bei mir dazu, daß ich ein "spirituelles Ego" züchte, d.h. ich verfalle dann erst recht dem Ego-Wahn. Das hatte ich vor einigen Wochen schonmal erkannt, es ist jetzt umso deutlicher. Da wieder rauszukommen ist schwer. Um gegenzusteuern ist für mich wichtig, mich nicht völlig von anderen Menschen zu isolieren. Denn Menschen, die mir nahestehen, spiegeln mir meinen Egoismus. Und das brauche ich, um auf den Teppich zurückzukommen, wenn ich mich in Ich-Überschätzung hineingesteigert habe. Eine bessere Balance zwischen Selbsterkenntnis und den Anforderungen des Alltags würde mir vielleicht helfen.

Aber kann ich mir das vornehmen? Kann ich mir überhaupt irgendetwas vornehmen? Schließlich habe ich ja unterdessen erkannt, daß es gar kein handelndes Ich gibt. Ganz klar ist es noch nicht. Wozu ist der verirrte Verstand fähig? Er kann beliebige Gefühlsreaktionen erzeugen durch seine ausgesponnene Phantasiewelt. Kann der Verstand in geringem Umfang auf Handlungen des Körpers Einfluß nehmen oder nicht? Je tiefer ich ins Thema eindringe, desto verwirrender wird es. Es geht immer mehr Halt verloren.

Wenn ich bis an den Punkt gelangen würde, an dem das Ich vollständig verschwindet, zumindest mal für einen Augenblick, würde vielleicht noch mehr Bewegung in meine verhärtete Ego-Struktur kommen. Wenn Rückbesinnung auf den Ursprung die einzig wirksame Heilungsmethode ist, dann sollte ich da wohl weitermachen – sofern "ich" da überhaupt was "machen" kann.

Immerhin hatte ich wenige Tage vor dem von außen gesetzten "Aus" selber erkannt, daß ich meine an die Schulteilnahme geknüpften Ambitionen und Hoffnungen opfern muß. Das tat ich auch, wenn auch mit Hintergedanken / einer inneren Hintertür. Meine Hingabe war nicht vollständig, und somit bin ich auch nicht bis an den Punkt gelangt, an dem das Ich ganz verschwindet. Es muß alles aufgegeben und geopfert werden, was an diese Scheinwelt bindet.

Nach der Erschütterung hat sich mein Ego aber wieder schnell stabilisiert, und deshalb ist dieser Blog für mich jetzt das wichtigste Hilfsmittel. Hier habe ich eine Chance, das ICH zu überführen und bloßzustellen.

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