Mittwoch, 16. Dezember 2009

Depression

Nun kenne ich die Wahrheit. Ich bin froh, daß ich nicht früher mit diesem Wissen in Kontakt gekommen bin. Ich hätte es nicht ertragen. Auch jetzt ertrage ich es nur schwer. Wenn einen sowas unvorbereitet trifft, kann man darüber wahnsinnig werden.

Seit gestern abend geht es mir sehr schlecht. Ich wünschte, ich könnte wieder in seliges Nichtwissen zurücksinken. Man sollte niemandem dieses Wissen aufzwingen, der es nicht haben will. Aber ich wollte es ja haben, und ich habe es mir selber beschafft. Jetzt muß ich sehen, wie ich damit klarkomme.

Ich habe derzeit zwei alternative Bewußtseinszustände (habe ich wirklich eine Alternative?): einmal die Identifikation mit dem normalen Denk-Ich, zum anderen die Identifikation mit dem Beobachter, das ist das abgekapselte Bewußtsein in meinem Körper. Beides ist unbefriedigend und leidvoll. Die Lösung kann für mich jetzt nur noch im vollständigen Erwachen liegen. Aber dafür müßte ich körperlich und geistig vorbereitet sein – was ich nicht bin.

Es hat schon Sinn, daß der Yoga-Weg erst in jahrelangen Übungen Körper und Geist vorbereitet. Der Verstand muß auf die innere Leere vorbereitet sein, sonst dreht er durch. In "Pointers" wird ein Beispiel eines Menschen beschrieben, der nach einem Meditations-Intensiv-Kurs das Universum als Traum wahrnahm, aber sich selbst als davon getrennt. In diesem Zustand war er nicht mehr arbeitsfähig. Das liegt nahe an meinem aktuellen Problem. Ich bin auch nicht mehr normal funktionsfähig, allerdings war ich dies auch vor dem jetzt erhaltenen Wissen nicht.

Was mir zunächst noch wunderbar und schön vorkam, finde ich jetzt doch schrecklich. Es gibt mich gar nicht wirklich, ich bin nur eine Illusion. Das ist eine vollständige Ernüchterung.

Wie kann man weiterleben mit dem Wissen, daß man gar nicht existiert? Offenkundig nur, indem man entweder das Wissen verdrängt oder indem man das Ich vollständig losläßt und in einen anderen Bewußtseinszustand wechselt.

Wer handelt denn nun? Steuert das Bewußtsein den Körper? Wenn ich das richtig verstanden habe, ist das nicht der Fall. Es gibt nichts zu steuern, weil es den Körper ja in Wirklichkeit gar nicht gibt. Und einen freien Willen gibt es auch nicht. Das im Körper abgekapselte Bewußtsein ist nur dafür da, die Körperempfindungen wahrzunehmen, denn ohne Bewußtsein keine Wahrnehmung.

Ich bin heute tieftraurig. Und ich wünschte mir, ich könnte einfach so vor mich hinleben wie die Mehrheit der Menschen, ohne Sehnsucht nach Sinn und Wahrheit. Man darf Kindern den Glauben an den Weihnachtsmann und den Osterhasen nicht zu früh nehmen. Genauso darf man Menschen den Glauben an ihr Ich nicht zu früh nehmen.

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