Dienstag, 15. Dezember 2009

Gehirn-Drama

Es ist sehr hilfreich, daß ich jetzt vom Vorgang der "Erleuchtung" (der gar kein Vorgang ist, weil Erleuchtung der normale Zustand jedes Menschen ist) verschiedene Beschreibungen lesen kann. Diese unterschiedlichen Perspektiven helfen mir jeweils an verschiedenen Punkten meines eigenen Prozesses. Gestern abend hat mich "Reines Sein" wieder auf den Boden der Realität zurückgebracht.

In meinem Kopf spielt sich ein Drama ab, weil mein Gehirn versucht zu verstehen, daß es nicht die Kontrolle hat. Das Gehirn denkt, das habe etwas mit Sterben zu tun und dann produziert es damit zusammenhängende Vorstellungen.

Solange ich mich mit meinem Gehirn identifiziere, leide ich bzw. bin in diese Vorstellungen verwickelt. Heute identifiziere ich mich mit dem Beobachter, das ist schonmal etwas entspannender, da kann ich das Denken und die Gefühle mit etwas Distanz sehen. Aber es ist immer noch nicht die Wahrheit.

Die Wahrheit hat mich am Wochenende ja schon berührt, und das hat diese heftigen Gedanken- und Gefühlsreaktionen hervorgerufen (Tränenausbrüche, starke religiöse Gefühle, und viele christlich geprägte Vorstellungen). Die gehen aber vorbei, und dann geht es einfach weiter im Prozeß. Ich darf an keiner Erfahrung haften bleiben, auch nicht an den schönen. ;-) Der Zielzustand ist ein ruhiger Geist und das Wissen (und zwar nicht mehr nur theoretisch, sondern auch praktisch so erfahren), daß es keinen Handelnden gibt.

Das beste Bild dafür ist vielleicht tatsächlich das des Kindes, das gedankenverloren spielt und erst durch den Ruf der Mutter aufschreckt und sich in diesem Moment mit dem Rufnamen und dem Denk-Ich identifiziert. Während des Spiels ist das Kind einfach das, was es ist. Es lebt einfach, ohne sich Gedanken über das Leben oder sich selbst zu machen.

Ich muß mir einfach immer wieder klarmachen, daß alles, was sich in meinem Kopf abspielt, nicht real ist. Es ist rein fiktiv, so wie ein Traum.

Der Körper ist auch nicht real, d.h. er ist nicht getrennt. Er ist nur ein Wahrnehmungsorgan, mit dem Gott sich selbst erfährt – zumindest habe ich das jetzt so verstanden. Dazu fällt mir ein, was in der Einführungsveranstaltung zur Buddhistischen Meditation etwas scherzhaft über Erleuchtung ausgesagt wurde: Erleuchtung ist, wenn ich weiß, was die Nachbarin im Kochtopf hat.

Ich kapiere jetzt den Zusammenhang. Wenn die Nachbarin Gottes rechte Hand und ich Gottes linke Hand bin, dann sieht Gott logischerweise beide gleichzeitig. Und wenn ich Gott bin (in diesem anderen unvorstellbaren Bewußtseinszustand), dann sehe ich beides gleichzeitig.

Aber jetzt höre ich auf dazu zu schreiben, denn das ist ja wieder nur Hirngespinst. Alles, was das Gehirn sich zurechtspinnt, kann nur falsch sein und ist nur insofern notwendig, als das Gehirn seine eigene Kapitulation akzeptieren muß.

Da kommt doch noch ein Gedanke: zum Gehirn gehört die Persönlichkeit. Die Persönlichkeit ist das, was den klaren Spiegel verzerrt, der eigentlich mit dem Menschen gemeint ist. Und zum Gehirn gehören die Erinnerungen an die vermeintlich getrennte Existenz. Jetzt ahne ich, was mit dem Wissen der Ahnen gemeint ist, das für Menschen, die dazu begabt sind, erreichbar ist. Der Preis für diese Begabung ist natürlich, das eigene Ich zu opfern. Und damit sollte dann genug Demut verbunden sein, um mit dieser Begabung kein Schindluder zu treiben. Gott weiß alles. Wer in einem Bewußseinzustand ist, in dem er mit Gott identisch ist, kann auf die Erinnerungen in allen Gehirnen zugreifen. Hmhm, auch auf die Erinnerungen der Toten?

Menschen sind keine Individuen. Somit sind auch die Toten keine Individuen. Es gibt keine toten Verwandten, die im Himmel auf mich warten. Wenn ich so etwas schreibe, dann denke ich, daß das Menschen verletzen könnte, die dies lesen und nicht verstehen. Vielleicht sollte ich nicht mehr alles öffentlich aufschreiben, was mir so durch den Kopf geht.

Ich habe gelesen, daß der Mitteilungsdrang von alleine versiegt, wenn das Selbst und das Ich nicht mehr im inneren Dialog verstrickt sind. Der Geist sollte von alleine ruhiger werden, wenn das Ich schwächer wird. ICH habe gestern kapituliert, ich habe akzeptiert, daß ich nichts tun kann. Also brauche ich auch nicht mehr so viel denken, planen, vorstellen, anstreben. Und dann hat das Selbst eine Chance, einfach zu SEIN. Ich bin in Wahrheit nicht Objekt meiner selbst, sondern ich bin in Wahrheit Subjekt (aber das muß ich erst noch begreifen).

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